Hagen. Theater Hagen: Wir verraten, warum die schlanke Aufstellung der Bühne zu weniger Landesförderung aus Düsseldorf führt
In der Diskussion um die Zukunft der Sparte Ballett am Theater Hagen nimmt jetzt die Direktion des Hauses Stellung. Intendant Francis Hüsers, GMD Joseph Trafton und Geschäftsführer Michael Fuchs betonen, dass die Theaterleitung nicht plant, das Ballett als eigenständige Sparte abzuwickeln. Im Interview mit der Westfalenpost stellen sie ihre Pläne zu einer neuartigen Fusion von Oper und Tanztheater vor und reden offen über den Spardruck.
Warum gibt es in dieser Spielzeit kein Handlungsballett, etwa den „Nussknacker“? Der Wegfall dieses beliebten Formats nährt die Spekulationen um die Zukunft des Hagener Balletts?
Francis Hüsers: Es wird im Mai einen vollständigen Ballettabend geben. Wir vertanzen Händels „Wassermusik“. Das ist das Handlungsballett. Dazu gibt es die Barockoper „Dido und Aeneas“ von Henry Purcell. Alleine die Wassermusik ist bereits 55 Minuten lang, und wir machen noch die Oper im zweiten Teil. Das ist als dramaturgischer Handlungsbogen gedacht. Es ist also nicht so, dass das Ballett in einer Barockoper tanzt, sondern wir fügen einem vollständigen Ballettabend mit der Wassermusik noch eine barocke Kurzoper als zweiten Teil hinzu - oder andersherum.
Wie kommt es zu dieser Kombination von Barockoper und zeitgenössischem Tanz?
Hüsers: Diese Fusion ist die Möglichkeit, ein neues Profil für das Ballett und das Theater Hagen darzustellen. In Düsseldorf im Ministerium waren sie ganz begeistert von dem Projekt. Das ist alles andere als eine Abwertung der Tanz-Sparte, im Gegenteil: Ich suche nach Möglichkeiten, das Ballett-Genre zu öffnen und gleichzeitig zu profilieren.
Joseph Trafton: Crossover-Projekte sind oft auch bei Tänzern, Sängern und Choreographen beliebt, denken Sie an die berühmten tanztheatralischen Darstellungen der Bach-Passionen oder des Mozart-Requiems oder hier in Hagen an das Ballett Amadé mit der Sängerin Marilyn Bennett unter Ricardo Fernando. Für die Tänzer kann das eine große Bereicherung sein, dieser Austausch ist sehr motivierend. Michael Fuchs: Wir können mit diesem Projekt auch weitere Landesförderung erhalten. Das Land zahlt eine Grundförderung und eine Profilförderung. Eine Bedingung für die Profilförderung ist spartenübergreifendes Arbeiten. Da haben wir gesagt: Warum sollen wir nicht eine Fusion von Oper und Ballett in den Spielplan aufnehmen. Das ist ein zusätzliches Angebot und wir versuchen, das nach Außen zu vertreten als Möglichkeit, ein neues Profil darzustellen.
Das Theater Hagen hat derzeit ohnehin einen unruhigen Lauf, weil Sie, Herr Fuchs, Ihre Position als Geschäftsführer aufgeben und zur Stadt zurückkehren, weil Ihnen die Zulagen zu Ihrer A-15-Besoldung seitens der Stadt gestrichen wurden. Wie wirkt sich das aus?
Hüsers: Dass ich meinen Geschäftsführer verliere, ist für mich die größte Katastrophe, seit ich Intendant in Hagen bin. Ich verstehe die Haltung der Stadt nicht. Man kriegt doch keinen neuen Bühnen-Geschäftsführer mit dieser Verantwortung für ein Gehalt unter A-16.
Wie funktioniert die Suche nach einem neuen Geschäftsführer?
Fuchs: Der Gesellschafter, also die Stadt Hagen, ist erst einmal in der Pflicht, zu sagen, in welcher Form er weitermachen möchte, dann muss sich auch der Aufsichtsrat der Theater gGmbh mit dem Thema beschäftigen. Es gibt ja bereits die Idee, die Struktur der Geschäftsführung zu verändern, so dass der Intendant auch 2. Geschäftsführer wird. Diese neue Struktur ist erklärte Absicht, aber wir haben diese neue Struktur noch nicht. Der Gesellschafter muss nun einen Fahrplan vorlegen, aus dem hervorgeht: So stellen wir uns diese Gesellschaft vor.
Wie sehen Sie das als Intendant?
Hüsers: Es ist uns gelungen, wunderbare Schnittstellen zwischen der Stadt Hagen und dem Theater Hagen bei den Zuschusserhöhungen zusammen mit Düsseldorf zu finden. Es ist wohltuend, dass es eine so einmütige Vorgehensweise gab. Diese Personalie konterkariert das natürlich. An dieser Stelle weiß ich wirklich nicht, wie es weiter geht. Ich hoffe immer noch, dass ein Wunder geschieht und es eine Einigung gibt und dass ich Michael Fuchs als Geschäftsführer behalte.
Das höhere Gehalt, das ein neuer Geschäftsführer bezieht, müsste dann bei den Künstlern eingespart werden?
Fuchs: Jede Einsparung geht auf Kosten des Personals, sei es durch Arbeitsverdichtung oder Personalabbau. In diesem Punkt darf man sich nichts vormachen. Wir haben im laufenden Sparprozess vier Stellen im Orchester, zwei Stellen im Chor, zwei Stellen im Ballett und zwei Stellen bei der Technik gestrichen. Der wichtigste Grundgedanke des aktuellen Sparprogramms ist, das Sparziel wieder einmal mit der Unterstützung aller Beschäftigten zu erreichen. Es wird überschätzt, was sich am Theater Hagen noch einsparen lässt. Wir können zum Beispiel keine zehn Prozent an der Miete einsparen, weil die Stadt unsere Miete festlegt. Der größte Teil unseres Etats ist festgelegt. Das führt zu Verdichtungen in allen Bereichen, bei den Solisten und bei der Technik.
Wie gehen Sie damit um?
Hüsers: Das Paradoxe daran ist, dass die Fördermittel des Landes nach einem Schlüssel gezahlt werden, der sich nach den Personalkosten berechnet. Wir erhalten also im Vergleich zu den Nachbarbühnen relativ wenig Fördermittel, weil wir so wenig Personal haben und Vielen nur die Mindestgage von 2000 Euro Brutto pro Monat zahlen. Das ist ein Teufelskreis: Ich kann keine vernünftigen Gagen zahlen, deshalb bekomme ich auch weniger Landesmittel.
Fuchs: Wenn Sie personalmäßig so eingeschränkt sind, können Sie auch nicht mehr versuchen, Fördermittel für zusätzliche Projekte zu gewinnen, weil es die Kapazität für diese Projekte einfach nicht mehr gibt.
Hüsers: Trotz aller Schwierigkeiten machen wir hier eine hochwertige Theaterarbeit - und das soll auch in Zukunft so bleiben.