Hagen/Düsseldorf. . Hagener Buchhandelsfilialist Thalia steht wirtschaftlich wieder gut da und startet eine Initiative für das Buch und den Wert von Geschichten
Der Sprung ins Digitale war erfolgreich, die Zahlen sind nach Jahren wieder gut. Nun startet Thalia eine Kampagne für das Lesen und strukturiert um dieses Ziel herum seinen Markenauftritt neu. Michael Busch, geschäftsführender Gesellschafter des Filialisten mit Sitz in Hagen, stellte die Strategie gestern in Düsseldorf vor.
„Wir müssen alle miteinander aufpassen, dass das Lesen nicht zum Luxushobby von Bildungsbürgern wird“, beschreibt Busch die Sorgen der Branche. „Wie kann Thalia ein wenig dazu beitragen, das Lesen wieder in den Alltag der Menschen zu bringen? Bei diesem Thema wollen wir Vorreiter sein.“
6,4 Millionen Käufer verloren
Der Buchhandel hat in den vergangenen fünf Jahren rund 6,4 Millionen Käufer verloren. Eine GfK-Studie im Auftrag des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels ermittelte jüngst, dass die Deutschen wegen des wuchernden Angebots an Medien und Freizeitaktivitäten schlechthin keine Zeit mehr zum Lesen haben. Diese Entwicklung kann auch die stabile Zahl der Vielleser und -käufer nicht auffangen. „Es gab zwar noch nie so viele verfügbare Informationen wie heute, aber es gibt wahnsinnig viele Menschen, die sich nicht gut informiert fühlen“, konstatiert Busch.
Dagegen möchte Thalia unter dem Slogan „Welt, bleib wach“ mit einem digital-stationär vernetzen Bündel an Service-Aktivitäten antreten. Im Mittelpunkt steht die Beratung, durch den Lieblingsbuchhändler, aber auch durch neu installierte Redaktionen aus Buchliebhabern, darunter Prominente wie Hape Kerkeling. Diese neuen Formate sollen in der Flut des Angebotes Geschichten entdecken und Themen setzen - Thalia will sich dabei die Strategie digitaler Dienste wie Netflix und Spotify zu Nutze machen.
Aufgewertet werden die stationären Buchhandlungen, die zum Treffpunkt in der Nähe avancieren und in denen sich die Kunden niederschwellig wohl fühlen sollen. Der Filialist hat festgestellt, dass stationäre Präsenz sich vorteilhaft auf das digitale Geschäft auswirkt. Daher gibt es künftig bei Thalia weniger Büchertische, dafür aber mehr Raum für Sitzecken und für Kinder. Die Hagener Filiale wird derzeit mit weiteren Läden in Düsseldorf und Leipzig nach diesem Konzept umgebaut. Sie soll zum Weihnachtsgeschäft im November wieder eröffnet werden. Dann testet Thalia, ob das Konzept bei den Kunden ankommt. Damit verbunden ist ein komplett neues Corporate Design, auch das Logo ist verändert worden.
„Donald Trump liest nicht gerne“
„Donald Trump liest nicht gerne. Welt, bleib wach”, so lautet einer der neuen Werbeslogans, mit denen Thalia großflächig abgewanderte Zielgruppen zurückerobern will. „Wir sind offen für Partner“, unterstreicht Busch. Die Initiative könne der gesamten Branche helfen, das Thema Lesen voranzubringen. „Unsere Konkurrenz sind nicht andere Buchhändler, sondern andere Medien wie Netflix.“
Bereits mit der Einführung des Tolino-Lesegerätes als Antwort auf Amazons Kindle hat Thalia eine breite Allianz von Buchhändlern geschmiedet, ein Vorgang, der bis dato undenkbar schien, standen sich doch Filialisten und inhabergeführte Buchhandlungen unter dem Stichwort Konzentration bis dato misstrauisch gegenüber. Nun ist Thalia Vorreiter von Bündnissen, in der festen Überzeugung, dass es sich bei den Umwälzungen im Leseverhalten nicht um eine vorübergehende Talsohle handelt, sondern um einen gesellschaftlichen Umbruch, der besorgniserregende Konsequenzen haben kann, falls man nicht gegensteuert. „Eine Welt, in der Inhalte zählen, das werden wir niemals alleine bewirken können. Jetzt gilt es, möglichst viele Verbündete zu gewinnen“, so Busch.
Die aktuellen Geschäftszahlen liegen noch nicht vor. Michael Busch betont jedoch, dass „Umsatz und Ergebnis gegenüber dem Vorjahr verbessert sind. Es handelt sich um das beste Ergebnis seit sieben, acht Jahren. Wir sind wirtschaftlich gesund. Thalia wird zum Ende des Geschäftsjahres schuldenfrei sein.“
Der Trend zur immer größeren Filiale ist endgültig vorbei. Aber statt Schließungen gibt es wieder Wachstum. Thalia wird nach dem Stand von gestern im kommenden Jahr etwa zehn neue Filialen eröffnen. Das Unternehmen kauft lokale Buchhandlungen im Zuge der Nachfolgeregelungen. „Im Moment haben wir mehr Anfragen von Buchhändlern, als wir managen können.“ Der Blick auf die Kleinstädte und in die Fläche hat im stationär-digital-vernetzten Geschäft positive Konsequenzen. Busch: „Wenn wir lokale Buchhandlungen übernehmen, macht das die Marke Thalia präsent und bringt einen Push auf der Online-Plattform.