Düsseldorf/Dortmund. Vier Männer sollen die verbotene rechtsextreme Gruppe weitergeführt haben – wenn auch mit mäßigem Erfolg. Unter ihnen: ein Dortmunder.

Das Verbot war „kompliziert“ und liegt schon viereinhalb Jahre zurück. 2020 untersagte der damalige Bundesinnenminister Seehofer (CSU) das „rechtsterroristische Neonazi-Netzwerk Combat 18“. Im April dieses Jahres erhob die Generalbundesanwaltschaft vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf Anklage gegen vier mutmaßliche Rädelsführer, die „C18 Deutschland“ weiter am Leben gehalten haben sollen. Diese ist nun zugelassen, die Hauptverhandlung führt das Landgericht Dortmund. Unter denen, die sich dort verantworten müssen, ist mit Robin S. (39) ein alter Bekannter.

Trotz des unanfechtbaren „Vereinigungverbots“, so steht es in der Anklage aus Karlsruhe, hätten „die Angeschuldigten die Vereinigung ... bis Frühjahr 2022 weiter betrieben“. Der 7. Strafsenat aus Düsseldorf spricht von „Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts“. Im April vor zwei Jahren hatte es eine erneute Razzia in elf Bundesländern und bei 50 mutmaßlichen Mitgliedern rechtsextremistischer Gruppen gegeben, im Fokus stand dabei erneut unter anderem „Combat 18“.

Der Ableger einer britischen Vereinigung gleichen Namens war nach den Worten des Bundesanwalts wegen seiner Ausrichtung „gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland sowie gegen den Gedanken der Völkerverständigung“ verboten worden. Die Ziffern im Namen stehen für die Nummer der Buchstaben im Alphabet (A wie Adolf, H wie Hitler). NRWs Innenminister Herbert Reul (CDU) bezeichnete die Ideologie des Vereins vor vier Jahren als „nationalsozialistisch, rassistisch, fremdenfeindlich und antisemitisch“, seine Anhänger als „bewaffnet und gewaltbereit“.

Erfurt in Thüringen: Hier soll ein Schwerpunkt der Gruppe „Combat 18“ gelegen haben. Die anderen Angeklagten stammen aus NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen.
Erfurt in Thüringen: Hier soll ein Schwerpunkt der Gruppe „Combat 18“ gelegen haben. Die anderen Angeklagten stammen aus NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen. © dpa | Jens-Ulrich Koch

Vorwurf: Aufnahmeverfahren mit Fragen zum Nationalsozialismus

Angeführt von Stanley R. (48) aus Eisenach soll die Gruppe laut Anklage schon wenige Monate nach der Entscheidung aus Berlin wieder begonnen haben, Treffen abzuhalten; gezählt werden mindestens 14. Offenbar absolvierten Teilnehmer während solcher Zusammenkünfte „Leistungsmärsche“, zudem soll es Aufnahmeverfahren für „Supporter“ gegeben haben, also Unterstützer oder Anwärter auf eine Mitgliedschaft. Dazu soll neben einer praktischen Prüfung auch ein Theorieteil mit Fragen zum Nationalsozialismus gehört haben.

Ein weiterer Beschuldigter, Gregor M. (44) soll für die Gruppe Rechtsrockkonzerte vertrieben und gemeinsam mit Stanley R. Tonträger und Kleidungsstücke mit Bezug zu „Combat 18 Deutschland“ vertrieben haben. R. wird zudem vorgeworfen, für die Vernetzung mit anderen rechtsgerichteten Vereinigungen zuständig gewesen zu sein, darunter etwa die in Eisenach angesiedelte Kampfsportgruppierung „Knockout 51“. Die Aufnahmeverfahren sollen vor allem Keven L. (43) und Robin S. betreut haben.

Beschuldigter soll Brieffreund von Beate Zschäpe gewesen sein

Robin S. ist in der Szene seit langem bekannt. Der vorbestrafte Rechtsextremist aus Dortmund beziehungsweise Castrop-Rauxel machte aus seiner Mitgliedschaft bei „C18“ nie ein Geheimnis, soll 2019 in einem Video sogar als eine Art Sprecher aufgetreten sein. 2016 sagte der Familienvater im Prozess gegen das überlebende NSU-Mitglied Beate Zschäpe aus: Die inzwischen unter anderem wegen zehnfachen Mordes verurteilte Zschäpe soll S. Liebesbriefe geschrieben haben, angeblich verband die beiden eine Brieffreundschaft.

Sichergestellte Waffen und ein Schild der Neonazi-Gruppe „Combat 18“: 2020 wurde die Vereinigung verboten.
Sichergestellte Waffen und ein Schild der Neonazi-Gruppe „Combat 18“: 2020 wurde die Vereinigung verboten. © dpa | Horst Pfeiffer

Vorbestraft: Robin S. wurde nach einem Raubüberfall verurteilt

Der Mann, dessen damalige Wohnung in Castrop-Rauxel 2020 Teil einer Razzia gegen „Combat 18“ war, wurde 2007 vom Dortmunder Landgericht zu acht Jahren Haft verurteilt. Dabei ging es letztlich nur am Rande um seine politische Gesinnung. Er hatte eine Supermarktfiliale überfallen und einen tunesischen Kunden niedergeschossen.

Die Bundesanwaltschaft hatte die Ermittlungen gegen die Fortführung von „C18“ „wegen der besonderen Bedeutung des Falles“ übernommen und zeitweilig gegen insgesamt 21 Beschuldigte geführt. Die Verfahren gegen 17 mutmaßliche Mitglieder wurden im Sommer 2023 an die zuständigen Staatsanwaltschaften der Länder abgegeben. Gegen die vier, die nun bald vor der Staatsschutzkammer des Dortmunder Landgerichts stehen, ermittelte Karlsruhe wegen ihrer „zentralen Rolle“ selbst weiter. Sie seien „hinreichend verdächtig“, weshalb die Anklage nun zugelassen wurde.

Oberlandesgericht: Verein konnte nur zwei neue Mitglieder werben

Dass in Dortmund verhandelt wird und nicht vor dem OLG in Düsseldorf, begründet der Senat damit, dass der angeklagte Sachverhalt weder durch das Ausmaß noch durch die Auswirkungen der Taten „aus der Masse der durchschnittlichen Fälle“ hervorsteche. Zwar liege es grundsätzlich „im zentralen Interesse Deutschlands“, zunehmend verfestigte rechtsradikale Strukturen aufzuklären. Aber „Combat 18“ habe nur 20 Mitglieder gehabt, die sich nur in privaten Wohnungen getroffen hätten. Auch der Versuch, eine einflussreiche rechtsextreme Bewegung zu werden, habe „keine erkennbaren Früchte getragen“, es fehle dem Verein an „Anziehungs- und Strahlkraft“. Die Richter rechnen etwa vor, dass „C18“ nach dem Verbot nur zwei neue Mitglieder habe werben können.

Termine für die in Dortmund stattfindende Verhandlung stehen nach Auskunft eines Landgerichts-Sprechers bislang noch nicht fest. Die Angeschuldigten befinden sich weiter auf freiem Fuß.