Ruhrgebiet. Noch heute sterben jährlich 1500 Patientinnen an Zervixkarzinomen. Das sind die Symptome von Gebärmutterhalskrebs und so können Sie vorbeugen.
- Gebärmutterhalskrebs war die häufigste Krebserkrankung bei Frauen.
- Jährlich erkranken 4500 Frauen in Deutschland neu an Gebärmutterhalskrebs
- So können Sie der Krankheit vorbeugen.
Gebärmutterhalskrebs - was ist das genau?
Bei Gebärmutterhalskrebs bildet sich am unteren Ausgang der Gebärmutter ein bösartiger Tumor – da, wo sich die Gebärmutter zu einem Kanal verengt, der in der Scheide mündet. Diesen Bereich nennen Mediziner Zervix, die entsprechende Krebsform deshalb Zervixkarzinom. Die beiden häufigsten Unterformen sind Plattenepithelkarzinome (sie betreffen laut Deutschem Krebsforschungszentrum 70 bis 80 Prozent der Patientinnen mit Gebärmutterhalskrebs) und Adenokarzinome.
Ist Gebärmutterhalskrebs diesselbe Erkrankung wie Gebärmutterkrebs?
Nein. „Beide Arten betreffen das gleiche Organ, sind aber nicht miteinander zu verwechseln. Es handelt sich um ganz unterschiedliche Erkrankungen mit unterschiedlichen Entstehungsmechanismen und Behandlungsansätzen“, erklärt Dr. Mareike Bommert, Oberärztin am Gynäkologischen Krebszentrum der Evangelischen Kliniken Essen-Mitte (KEM), einem der größten in Deutschland. Zur besseren Unterscheidung sprechen Mediziner darum auch von Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) und Gebärmutterkörperkrebs (Corpus- oder Endometriumkarzinom). Bei letzterem bildet sich der Tumor in der Schleimhaut im oberen Teil der Gebärmutter.
Diagnose Gebärmutterhalskrebs: Wie viele Frauen sind jährlich betroffen?
Jährlich erkranken rund 4.500 Frauen in Deutschland neu an Gebärmutterhalskrebs. „Diese Zahl ist seit zehn Jahren relativ stabil – und war früher sehr viel größer“, weiß Gynäkologin Bommert. Tatsächlich war Gebärmutterhalskrebs in den 60er-Jahren die häufigste Krebsart bei Frauen. Noch 1980 zählte das Deutsche Krebsforschungszentrum 9.410 Neuerkrankungen, also mehr als doppelt so viele wie heute. Der deutliche Rückgang habe, so Bommert, mit der Einführung der regelmäßigen gynäkologischen Vorsorge-Untersuchungen zu tun. Seit 1971 zahlen die gesetzlichen Krankenkassen allen Frauen (ab 20 Jahren) einmal im Jahr einen sogenannten „PAP-Abstrich“, seit 2020 ab 35 Jahren alle drei Jahre einen HPV-Test und den PAP-Abstrich, zusätzlich zur jährlichen klinischen Untersuchung.
11.000 Frauen erhalten Jahr für Jahr erstmals eine Gebärmutterkörperkrebs-Diagnose. „Tendenz steigend“, so Bommert, „das liegt an unserem Lebensstil, vor allem am zunehmenden Übergewicht. Das führt zu mehr Östrogen im Körper und dies unterstützt die Entstehung von Krebsvorstufen und in der Folge auch die Entstehung eines Endometriumkarzinoms.“
In welchem Alter tritt die Krankheit häufiger auf?
Gebärmutterhalskrebs trifft vor allem Frauen im mittleren Lebensalter (40 bis 59 Jahre). Gebärmutterkörperkrebs wird zumeist in den Wechseljahren (Menopause) festgestellt.
Gebärmutterhalskrebs: Was sind die Risikofaktoren?
Hauptursache von Gebärmutterhalskrebs ist eine Infektion mit humanen Papillomviren (HPV). 99 Prozent der Zervixkarzinome gehen darauf zurück. „Was im Umkehrschluss nicht heißt, dass jede HPV-Infektion Krebs-auslösend ist“, stellt Mareike Bommert klar, die Essener Spezialistin für gynäkologische Onkologie; eine solche Infektion (über Haut- und Schleimkontakte beim Geschlechtsverkehr) sei häufig, 85 bis 90 Prozent der sexuell aktiven Menschen sind im Laufe des Lebens betroffen. „Das ist auch erstmal nichts Schlimmes“, beruhigt die Ärztin, „nach ein bis zwei Jahren heilen diese Infektionen meist folgenlos ab.“ Tun sie das aber nicht, können sich daraus sogenannte Dysplasien und dann Tumoren entwickeln. Mit Dysplasie werden bestimmte Gewebeveränderungen bezeichnet, die als Krebsvorstufen eingeordnet werden.
Deutlich nachrangigere Risikofaktoren für Gebärmutterhalskrebs sind: frühe sexuelle Aktivität, Rauchen oder Immunsuppression (etwa bei HIV oder Rheuma, nach Transplantationen) und häufige Schwangerschaften/Geburten.
Eine genetische Vorbelastung und vor allem Übergewicht sind Hauptrisikofaktoren für Gebärmutterkörperkrebs.
Gebärmutterhalskrebs: Was sind erste Symptome oder Warnsignale?
„Tatsächlich schwierig zu benennen“, sagt die Fachfrau. „Den Patientinnen fällt meist zuerst ein ungewöhnlicher, oft übel riechender Ausfluss auf, oder Blutungen außerhalb der regulären Periode, stärker als sonst, nach dem Geschlechtsverkehr.“ Wiederum gelte: „Nicht jede Blutung nach Sex bedeutet Krebs!“
Bei fortgeschritteneren Zervixkarzinomen käme es oft zu ziehenden Schmerzen „im Bereich der Flanken“. Der Tumor hat sich dann so weit ausgedehnt, dass er den Abfluss des Urins aus der Niere in die Harnblase behindert, was zu Stauungen im Nierenbecken führen könne.
Sämtliche genannten Symptome sollten Betroffene unbedingt von einem Gynäkologen abklären lassen, das gelte zudem vor allem für Blutungen in den Wechseljahren – dem ersten möglichen Anzeichen von Gebärmutterkörperkrebs.
Wie gefährlich ist die Diagnose Gebärmutterhalskrebs?
Früh erkannt, sind die Heilungschancen „glücklicherweise gut“, betont Bommert. Sie appelliert darum an alle Frauen, die regelmäßigen, kostenlosen Vorsorge-Untersuchungen bei ihrer Frauenärztin oder ihrem Frauenarzt zu nutzen. „Wenn dabei etwas Auffallendes gefunden wird oder der HPV-Test positiv ausfällt, haben die Frauen Anspruch auf zusätzliche Untersuchungen, sie werden dann anders, intensiver beobachtet.“ Im fortgeschrittenen Stadium ist Gebärmutterhalskrebs nicht mehr heilbar, dann gehe es darum, das Tumorwachstum zu verlangsamen, den Tumor „einzudämmen“. Tatsächlich, so Bommert, werden heute aber nur die Hälfte der Zervixkarzinome schon in Stadium I entdeckt.
1.500 Frauen sterben jährlich an Gebärmutterhalskrebs. Damit sei er „relativ gefährdender“ als Gebärmutterkörperkrebs (2.500 Tote bei 11.000 Neuerkrankungen jährlich).
Gebärmutterhalskrebs: Wie ist der typische Verlauf?
Ein Zervixkarzinom wächst zunächst lokal, breitet sich dann aber auf Scheide und andere umliegende Strukturen aus. Er kann auch in Harnblase oder Enddarm eindringen, sich über Lymph- und Blutbahnen ausbreiten, so in Leber, Lunge oder Hirn Metastasen bilden. Unbehandelt führt die Erkrankung zum Tod.
Gebärmutterhalskrebs: Wie wird behandelt?
In frühen Stadien wird meist operiert. Die Gebärmutter werde dabei im Ganzen entfernt, erläutert Bommert, deren fachlicher Schwerpunkt die Karzinomchirurgie ist. Patientinnen mit sehr großen Tumoren oder fortgeschrittenem Krebs erhielten eine Radio-Chemotherapie, also eine Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie. „Die Dreier-Kombination OP/Chemo/Bestrahlung wollen wir möglichst vermeiden, die schafft für unsere Patientinnen mehr Nebenwirkungen und birgt das Risiko für mehr Komplikationen ohne prognostischen Benefit.“
„ „Ich habe schon Patientinnen begleitet, die nach Diagnose und Operation Mutter gesunder Kinder geworden sind.““
Können Frauen nach der Krebs-OP noch schwanger werden?
Wenn die Gebärmutter dabei entfernt wurde, ist eine Schwangerschaft natürlich nicht mehr möglich. Auch nach einer Radio-Chemotherapie könnten Frauen keine Kinder mehr bekommen, erklärt Bommert. „Dabei geht zu viel gesundes Gewebe kaputt.“ Bei jungen Frauen mit Kinderwunsch (und kleinen Tumoren) könne man aber auch Gebärmutter-erhaltend operieren, dann wird nur ein Teil des Gebärmutterhalses entfernt. „Ich habe schon Patientinnen begleitet, die nach Diagnose und Operation Mutter gesunder Kinder geworden sind“, erzählt die Essener Ärztin. Selbst Frauen, bei denen in der Schwangerschaft ein Gebärmutterhalskrebs entdeckt wurde, könnten gesunde Babys zur Welt bringen.
Gebärmutterhalskrebs: Wo finden Erkrankte Hilfe?
Bommert rät Betroffenen, unbedingt ein von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifiziertes „Gynäkologisches Krebszentrum“ aufzusuchen, „weil diese Erkrankung doch nicht so häufig ist und die Behandler über ausreichend Erfahrung mit dieser Krebserkrankung verfügen sollten“. An den Kliniken Essen-Mitte werden jährlich über 1200 neue Patientinnen mit gynäkologischen Tumorerkrankungen behandelt, es ist damit eines der größten Zentren im Land. In NRW gibt es aber 35 weitere – nicht nur in Essen, auch in Bottrop, Witten, Dortmund, Duisburg, Bochum und Herne. Im Internet finden sich auf der Seite „Onco-Map“ eine Liste mit allen Adressen und Informationen.
Vorsorge: Kann man dem Gebärmutterhalskrebs vorbeugen?
Ja, es gibt eine Impfung: Die „HPV-Impfung“ schützt vor den Viren, die diese Krebsart verursachen. Drei Impfstoffe sind aktuell zugelassen. Die Ständige Impfkommission empfiehlt sie seit 2007 allen Mädchen zwischen neun und 14 Jahren, seit 2018 auch allen Jungen in diesem Alter. Spätere „Catch-up-Impfungen“ würden in der Regel bis zum 18. Lebensjahr „von den Kassen ebenfalls anstandslos übernommen“. Es sind für die Neun- bis 14-Jährigen jeweils zwei Impfungen im Abstand von fünf Monaten erforderlich, danach ist nach heutigem Wissensstand keine Auffrischung mehr nötig. „Die Impfung“, erläutert Bommert, „erfolgt am besten vor dem ersten Sexualkontakt.“ Sie sei „gut verträglich“.
Gebärmutterhalskrebs: Was bringt die Impfung?
Es gibt mehr als 200 verschiedene Papillomviren, der erste zugelassene Impfstoff schützt nur vor zwei von ihnen (HPV Typ 16 und Typ 18), der neueste vor insgesamt neun – deshalb fragen sich viele: Was bringt die Impfung? Tatsächlich sind nur gut ein Dutzend Papillomviren krebserregend und Typ 16 wie Typ 18 die „Hochrisiko-Kandidaten“ – die Impfung schützt also vor denen, von denen die größte Gefahr ausgeht.
„Perspektivisch wünschenswert wäre eine Kohorten-Immunität“, erklärt Bommert, eine Impfquote von 90 Prozent bei den Mädchen sowie „ein deutlicher Anstieg bei den Jungen“. Aktuell sind aber erst 54 Prozent aller 15-jährigen Mädchen vollständig gegen eine HPV-Infektion geimpft und 27 Prozent der Jungen. „Das Ziel ist es, Zervixkarzinome ganz von der Agenda zu streichen“, sagt die Gynäkologin. „Und über die Impfungen besteht die realistische Chance, HPV-Infektionen in der westlichen Welt eliminieren zu können, und damit auch diesen Krebs.“ Zehn bis 30 Jahre nach Erreichen der Zielquote werde man das Ergebnis sehen.
Neben der Impfung diene der Vorbeugung von Gebärmutterhalskrebs: nicht zu rauchen und die Sexualpartner nicht zu häufig zu wechseln.
Darum sollten sich auch Jungen gegen Humane Papillomviren impfen lassen
Jungen haben das gleiche Risiko wie Mädchen, sich mit diesen Viren zu infizieren – aber ein sehr viel geringeres Risiko, dass sich daraus ein (Penis-)Krebs entwickelt. Geimpfte Männer können die Infektion nicht weitergeben, so tragen sie zum Schutz der Frauen bei.
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