Essen. Ab wann sollte man mit Kindern über Nachrichten sprechen? Wie erklären Eltern Krieg und Katastrophen? Diese Tipps hat eine Kinderpsychologin.

Anschläge, Krieg, Katastrophen, Klimakrise… Schlimme Nachrichten häufen sich in diesen Tagen. Wie erklären wir das alles nur unseren Kindern? Hanna Busch gibt Tipps. Die Kinderpsychologin leitet das Jugendpsychologische Institut (JPI) in Essen. Redakteurin Friederike Bach hat mit ihr darüber gesprochen, wie Eltern ihr Kind in Krisenzeiten am besten begleiten können.

Kinderpsychologin Hanna Busch leitet das Jugendpsychologische Institut (JPI) in Essen.
Kinderpsychologin Hanna Busch leitet das Jugendpsychologische Institut (JPI) in Essen. © Unbekannt | Privat

Jedes Kind ist anders und nicht alle beschäftigt das Weltgeschehen gleich stark. Eltern können ihre Kinder meist am besten einschätzen. Aber manchmal sind auch sie unsicher. Woran merken Eltern, wann sie mit ihrem Kind über Nachrichten sprechen sollten?

Wenn man das Gefühl hat, ein Thema beschäftigt das Kind, sollte man es ansprechen. Wichtig ist aber auch, erstmal zu fragen: Ist das richtig, dass ich gerade wahrnehme, dass du dir Sorgen machst? Manchmal haben wir Erwachsenen die Idee, dass ein Thema dem Kind Angst machen muss – aber vielleicht ist das gar nicht so. Vielleicht ist das Kind gerade auch einfach traurig, weil es mit jemandem in der Pause Streit hatte. Es ist wichtig, nicht sofort von sich selbst auf das Kind zu schließen.

Spätestens mit dem Start in der Kita oder in der Grundschule können Eltern nicht oft mehr steuern, wo und wie ihr Kind das erste Mal etwas über ein Thema erfährt. Was können Mütter und Väter tun, wenn sie merken, dass ihr Kind etwas mitbekommen hat, was es erschreckt hat?

Man kann deutlich machen, dass man gemeinsam noch mal über das Thema sprechen kann, und dass das Kind auch Fragen stellen darf. Wenn man gemeinsam etwas Trauriges oder Schreckliches erfährt, darf man auch ehrlich mit der eigenen Emotion sein und zum Beispiel sagen: „Das erschreckt mich gerade auch.“

Manche Kinder stellen besonders viele und detailreiche Fragen. Gerade bei sehr ernsten Themen wie dem Krieg in der Ukraine fragen sich Eltern manchmal: Sollte man wirklich jede Frage beantworten?

Nein, das würde ich so nicht sagen. Es gibt ja zum Beispiel auch den Fall, dass man selbst über etwas nicht sprechen möchte. Auch das darf sein. In jedem Fall sollte man das Kind fragen: Warum ist es gerade so wichtig für dich, das zu wissen? Oft wird dann zum Beispiel klar, dass eigentlich bestimmte Ängste hinter der Frage stecken, die das Kind klären möchte. Wenn man das Gefühl hat, die Antwort auf eine Frage enthält zu viele schreckliche Details für das Kind, darf man auch sagen: „Du, es gibt Dinge die ich nicht beantworten möchte.“ Auf weitere Rückfragen kann ergänzt werden, dass es für einen selber auch nicht hilfreich gewesen ist, dieses bestimmte Detail zu wissen. Es ist völlig legitim, aus Ihrer elterlichen Einschätzung Antworten nicht zu geben.

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Einige Kinder machen sich große Sorgen über den Klimawandel. Andere hatten gerade zu Beginn des Kriegs in der Ukraine große Angst, dass es auch in Deutschland Krieg geben könnte. Was können Eltern tun, wenn sie den Eindruck haben, dass ihr Kind an nichts anderes mehr denken kann als an beängstigende Nachrichten?

Da gibt es eine tolle Metapher, die auch Kinder gut verstehen können: Wenn ich ein Wasserglas halbvoll mache und es in der Hand halte, dann ist es eigentlich nicht so schwer. Aber je länger ich es festhalte, desto schwerer fühlt es sich an. Und niemand könnte es einen ganzen Tag lang festhalten. Das wäre viel zu anstrengend. Es geht also um die Zeit, die wir damit verbringen, uns Sorgen oder Gedanken zu machen. Je länger wir das tun, desto schwerer wird das. Es wäre also gut, die Ängste und Sorgen zumindest für einige Zeit irgendwo zu parken. Eltern können ihren Kindern dabei helfen, indem sie zum Beispiel feste Zeiten einführen, zu denen man sich gemeinsam mit den Nachrichten beschäftigt – aber auch festlegen, wann man bewusst abschaltet und andere Dinge macht. Wenn das nicht gelingt, können Eltern sich auch Hilfe suchen. Es gibt viele niedrigschwellige Beratungsmöglichkeiten. Auf keinen Fall sollte man aber die Sorgen und Ängste des Kindes klein reden und sagen: „Ist doch nicht so schlimm.“ Denn für das Kind ist es schlimm und es hat die Ängste wirklich.