Frankfurt/Main. Die Bundesligisten geben in diesem Sommer so viel Geld für Wechsel aus wie lange nicht. Der Transfer-Poker um Eintracht Frankfurts Kolo Muani sorgte für Verwirrung.
Harry-Hype in München, ein Nationalstürmer für den BVB und Aufregung bis zum Schluss um den streikenden Randal Kolo Muani in Frankfurt: Die Transferperiode hat auch diesen Sommer für viel Gesprächsstoff gesorgt und der Bundesliga einen Rekord beschert.
Mit dem Kauf von Superangreifer Harry Kane knackte der FC Bayern als erster deutscher Club die Ablösemarke von 100 Millionen Euro für einen Spieler. Auch bei der Konkurrenz der Münchner wechselte reichlich Geld den Besitzer. Über 700 Millionen Euro investierten die 18 Erstligisten in neue Profis. Mehr war es zuletzt im Rekordsommer 2019 und damit vor der Corona-Krise.
Borussia Dortmund machte die Verpflichtung von Torschützenkönig Niclas Füllkrug von Werder Bremen am vorletzten Tag der Transferphase perfekt. Manager bei anderen Clubs arbeiteten bis zuletzt intensiv an zentralen Kaderbaustellen. Die Verhandlungen von Eintracht Frankfurt mit Paris Saint-Germain um einen Wechsel von Kolo Muani sorgten für viel Verwirrung. Nachdem es zunächst hieß, der 24-Jährige, der zuletzt das Frankfurter Training geschwänzt hatte, werde bei der Eintracht bleiben, gab es am späten Abend übereinstimmende Medienberichte über einen fixen Wechsel.
Union landet Coup, prominenter Abgang beim BVB
Einen Coup landete dagegen der 1. FC Union Berlin. Der Champions-League-Neuling aus Köpenick sicherte sich am sogenannten Deadline Day die Dienste des italienischen Europameisters Leonardo Bonucci.
Den prominentesten und schmerzhaftesten Abgang musste der BVB verkraften. In Jude Bellingham, der für den Sockelbetrag von 103 Millionen Euro zu Real Madrid wechselte, kehrte eine echte Attraktion der Bundesliga den Rücken. Die Neuverpflichtungen Felix Nmecha und Marcel Sabitzer sollen helfen, den Verlust aufzufangen.
Am meisten Geld gaben die Bayern aus - nicht nur wegen Kane, der mit drei Toren in den ersten beiden Ligaspielen gleich zu Saisonbeginn seine Klasse zeigte. Innenverteidiger Minjae Kim war dem Branchenprimus 50 Millionen Euro wert. DFB-Pokalsieger RB Leipzig investierte nicht viel weniger als die Münchner. Unter anderem durch die Verkäufe von Josko Gvardiol zu Manchester City (90 Millionen), Dominik Szoboszlai zum FC Liverpool (70) sowie Christopher Nkunku zum FC Chelsea (60) hatten die Sachsen allerdings auch die größten Erlöse aller Erstligisten.
Transfererlöse so hoch wie nie
Insgesamt nahmen die Bundesliga-Vereine vor dem möglichen Kolo-Muani-Transfer nach Paris mehr als 800 Millionen Euro ein und verzeichneten damit wie schon in den drei Jahren zuvor ein Plus. So hohe Transfererlöse wie in diesem Sommer hatten die deutschen Vereine in einer Wechselphase zuvor noch nie erzielt.
International waren die Premier-League-Clubs auf dem Transfermarkt erneut die größten Player. Die Wechsel von Declan Rice zum FC Arsenal und von Moisés Caicedo zum FC Chelsea waren den Londoner Vereinen jeweils mehr als 100 Millionen Euro wert. Insgesamt gaben die Clubs der englischen Eliteliga über zweieinhalb Milliarden Euro für neue Spieler aus.
Wechsel nach Saudi-Arabien sorgen für Aufsehen
Für Aufsehen sorgten zudem spektakuläre Promi-Wechsel nach Saudi-Arabien, das für seinen Umgang mit Menschenrechten kritisiert wird. Neymar, Karim Benzema und der bisherige Bayern-Profi Sadio Mané verdienen nun in der Saudi Pro League ihr Geld. Cristiano Ronaldo spielt schon seit dem Winter dort.
Bayern-Trainer Thomas Tuchel verurteilt die hochdotierten Angebote aus dem Wüstenstaat nicht. „Ich möchte nicht zum Moralapostel werden. Wenn erstmal diese Angebote aus Saudi-Arabien auf dem Tisch liegen, dann würden auch viele Leute, die jetzt den Zeigefinger heben und das verurteilen, vielleicht selber schwach werden, weil es dann doch Gründe gibt, für sich selbst oder für eine große Familie finanziell auszusorgen“, sagte der 50-Jährige zuletzt.
Die Fan-Interessen-Vertretung „Unsere Kurve“ sieht die Entwicklung sehr kritisch. „Wir Fußballfans beklagen ja schon seit vielen Jahren, dass unser geliebter Sport in hemmungsloser Weise dem schnellen Geld hinterherhechelt, und am Beispiel Saudi-Arabien zeigt sich besonders erschreckend, wie skrupellos das geschieht“, sagte Markus Sotirianos von „Unsere Kurve“ der Deutschen Presse-Agentur.
Es ist durchaus denkbar, dass die Superstars in den kommenden Tagen noch weitere neue Teamkollegen bekommen. Schließlich hat das Transferfenster in Saudi-Arabien noch bis zum 20. September geöffnet. Für europäische Topclubs könnte das zum Problem werden: Bei weiteren Wechseln dorthin könnten sie nicht mehr reagieren.