Berlin (dpa/tmn). „Haben Sie eine private Zahnzusatzversicherung?“ Auch immer überfordert mit dieser Frage auf dem Behandlungsstuhl des Zahnarztes? Wir klären, was die Police kann und ob sie empfehlenswert ist.
Aufklärung und Eigeninitiative - darauf wird in Deutschland für die Zahngesundheit schon seit 30 Jahren gesetzt. Und es wirkt: Der Anteil der Zahn-Gesundheitskosten sei bei Krankenkassen schon seit Jahren rückläufig, sagt Angelika Brandl-Riedel vom Deutschen Zahnärzte Verband (DZV). Die Frage ist: Wenn doch die Kassen bei Zahnproblemen für die Kosten aufkommen, wozu braucht es dann noch eine Zusatzversicherung?
Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt grundsätzlich die Kosten, die für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Zahnbehandlung notwendig sind. „Dieser Festzuschuss beträgt ohne Bonusheft 60 Prozent der je nach Befund definierten Regelleistungen“, sagt Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Mit einem lückenlos geführten Bonusheft in den vergangenen fünf Jahren gibt es 70 Prozent Zuschuss, wer sogar zehn Jahre lückenlose Vorsorge nachweisen kann, bekommt 75 Prozent. Alles weitere muss der Versicherte selbst zahlen.
Anders sieht es mit einer Zahnzusatzversicherung aus: Hier übernehmen die Versicherer weitere Teile der Behandlungskosten. Je mehr Kostenerstattung, desto höher seien in der Regel auch die Beiträge, so Grieble.
Abschlüsse priorisieren
Doch ab wann ist der Abschluss sinnvoll? „Wenn bereits alle anderen Lebensrisiken mit einem höheren Schadenspotenzial versichert sind“, so Grieble. Eine Zahnzusatzversicherung sichere ein Risiko ab, das höchstens im Bereich von niedrigen fünfstelligen Beträgen liegen kann. „Es gibt deswegen wichtigere Versicherungsarten wie die private Haftpflicht, die Berufsunfähigkeits-, die Kinderinvaliditäts-, die Gebäude- und Hausratversicherung.“
Grieble empfiehlt, die Abschlüsse zu priorisieren. „Sonst hat man Versicherungen für geringere Risiken, aber für die wichtigeren bleibt kein Geld mehr.“ Das zeige die jahrelange Beratungserfahrung.
Die DZV-Vorsitzende Brandl-Riedel betont, dass die grundsätzliche Versorgung in Deutschland vorbildlich geleistet wird. Darum müsste in Deutschland auch kein gesetzlich Krankenversicherter ohne Zähne auskommen. Aber manchmal gebe es eben Sonderwünsche. Beispiel: Zahnverblendungen. „Manche Patienten wollen alle Zähne weiß“, so Brandl-Riedel. Die Krankenkasse aber zahle nur weiße Verblendungen an Zahnkronen im sichtbaren Bereich.
„Ich sage meinen Berufsschülern immer: Sie können mit einem Fiat von A nach B fahren, Sie können das aber auch mit einem Ferrari tun“, so die Verbandsvorsitzende. „Es bleibt Ihnen überlassen, aber die über den Fiat hinausgehenden Kosten müssen Sie selber tragen.“ Und genau so sei es auch mit den Sonderwünschen beim Zahnersatz.
Für junge Menschen nicht notwendig
Wer sich also für den Ferrari im Mund, beziehungsweise den hochwertigen Zahnersatz - insbesondere bei Implantaten, Brücken oder Kronen - interessiert, der kann laut Verbraucherzentrale mit einer Zahnzusatzversicherung gut beraten sein. Wem die normale Versorgung genügt, für den lohne sich die Police in der Regel nicht. Auch jungen Menschen rät die Verbraucherzentrale von solchen Versicherungen ab: „Statistisch gesehen wird erst ab einem Alter von Mitte 30 bis Anfang 40 Zahnersatz nötig.“
Gut zu wissen: Zahnprobleme, die zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses bereits bestehen, werden in der Police oft ausgeklammert - wenn es dann überhaupt noch ein Angebot gebe, so die Verbraucherzentrale. Dinge wie diese fragen Versicherer vor Vertragsschluss im Rahmen von Gesundheitsfragen ab. Erst danach entscheidet der Versicherer, ob und zu welchen Konditionen er einen Vertag anbietet. „Schlechte Zähne und das Alter können so zu höheren Beiträgen führen“, sagt Grieble.
Generell müsse man bei Abschluss der Zahnzusatzversicherung laut Grieble darauf achten, dass die Tarife zu dem passen, was man selbst möchte. „Da gibt es oft kein besser oder schlechter - sondern Klauseln, die zum Bedarf passen oder eben nicht.“ In den Klauseln geht es zum Beispiel um den Umfang der Leistungen inklusive über Zahnersatz hinausgehende Leistungen. Auch würden oft mögliche kieferorthopädische Behandlungen, die Länge der Wartezeiten oder das Bestehen einer jährlichen Leistungsobergrenze festgesetzt.
Grieble empfiehlt, wegen der großen Marktvielfalt vor Abschluss unbedingt einen Makler oder Honorarberater hinzuzuziehen. Sie befragten den Verbraucher zu seinen Wünschen und Bedürfnissen. „Auf dieser Basis entsteht ein passendes Angebot.“
Auch Brandl-Riedel empfiehlt, sich an einen unabhängigen Versicherungsberater zu wenden. „Es geht um die Inhalte einer solchen Zusatzversicherung.“ Bei einer immer älter werdenden Bevölkerungsstruktur stiegen etwa die Parodontitis-Fälle: Die Zähne wackeln und das Zahnfleisch blutet. Eine Versicherung müsse darauf zugeschnitten sein.
Kostenvoranschlag absegnen lassen
Wer tatsächlich mit dem Gedanken spielt, eine Versicherung abzuschließen, könne mögliche anstehende Behandlungen verschieben oder gar aussetzen bis der Schutz greift, sagt Brandl-Riedel. „Das gilt, solange der Zahn nicht akut erkrankt und gut versorgt ist.“
Doch Obacht: Manch eine Zahnzusatzversicherung greift zwar sofort nach Abschluss, wenn keine Wartezeit vereinbart wurde. „Aber es gibt in den Tarifen eine Menge Einschränkungen und Ausnahmen“, sagt Grieble. Eine davon sei häufig, wenn der Zahnarzt bereits vor Versicherungsbeginn eine Behandlung angeraten hatte.
Wer bereits eine Zahnzusatzversicherung hat und eine Behandlung benötigt, tut laut Brandl-Riedel gut daran, einen vorhandenen Kostenvoranschlag beim Versicherer einzureichen und sich den Eingriff genehmigen zu lassen. So könne man als Patient sichergehen, dass man später nicht auf Teilen der Kosten sitzen bleibt.