Berlin. Die Pflege wird für Millionen Menschen teurer und teurer. Nach langem Streit kommt nun aber eine Reform, die gegensteuern soll. Greifen soll das Gesetz schon in gut zwei Wochen.
Die Pflegereform mit höheren Beiträgen zum 1. Juli und Entlastungen für Pflegebedürftige hat die letzte Hürde genommen. Der Bundesrat ließ das vom Bundestag beschlossene Gesetz nun passieren.
Es soll die Pflegeversicherung angesichts steigender Kosten vorerst bis 2025 finanziell absichern. Der Pflegebeitrag soll dafür um 0,35 Prozentpunkte erhöht werden, für Menschen ohne Kinder noch etwas stärker. Anfang 2024 sollen Pflegebedürftige zu Hause und im Heim mehr Geld bekommen. Opposition und Sozialverbänden reicht das nicht.
Die Reform der Ampel-Koalition soll 6,6 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich für die Pflege mobilisieren - nachdem die Jahresausgaben zuletzt auf knapp 60 Milliarden Euro gewachsen waren. Die Billigung in der Länderkammer gilt als sicher. Der Gesundheitsausschuss des Bundesrats empfiehlt, das Gesetz passieren zu lassen und nicht den Vermittlungsausschuss anzurufen. Ein Überblick über Kernpunkte:
- Pflege zu Hause: Das zuletzt 2017 erhöhte Pflegegeld soll zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent steigen, genauso wie die Beträge für Sachleistungen. Pflegegeld soll Pflegebedürftige unterstützen, die nicht in Einrichtungen leben. Sie können es frei nutzen, etwa für Betreuung. Je nach Pflegegrad sind es derzeit zwischen 316 und 901 Euro im Monat. Zu Hause gepflegt werden rund vier Millionen Menschen.
- Pflege im Heim: Anfang 2022 eingeführte Entlastungszuschläge für Bewohnerinnen und Bewohner sollen zum 1. Januar 2024 erhöht werden. Den Eigenanteil für die reine Pflege soll das im ersten Jahr im Heim um 15 statt bisher 5 Prozent drücken, im zweiten Jahr um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent. Hintergrund ist, dass die Pflegeversicherung - anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten für die reine Pflege trägt. Im Heim kommen dann auch noch Zahlungen für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen in den Einrichtungen dazu.
- Beiträge I: Der Pflegebeitrag liegt aktuell bei 3,05 Prozent des Bruttolohns, für Menschen ohne Kinder bei 3,4 Prozent. Zum 1. Juli soll er erhöht werden, und zwar in Kombination mit Änderungen wegen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Demnach muss mehr danach unterschieden werden, ob man Kinder hat oder nicht. Alles in allem soll der Beitrag für Kinderlose damit auf 4 Prozent steigen und für Beitragszahler mit einem Kind auf 3,4 Prozent. Der darin enthaltene Arbeitgeberanteil soll von nun 1,525 Prozent auf 1,7 Prozent herauf.
- Beiträge II: Konkret soll der Pflegebeitrag für größere Familien für die Dauer der Erziehungsphase bis zum 25. Geburtstag des jeweiligen Kindes deutlicher gesenkt werden - und zwar schrittweise je Kind. Ab zwei Kindern müsste damit - bezogen auf den Arbeitnehmeranteil von derzeit 1,525 Prozent - weniger gezahlt werden als heute. Bei zwei Kindern soll der Arbeitnehmeranteil künftig 1,45 Prozent betragen, bei drei Kindern 1,2 Prozent, bei vier Kindern 0,95 Prozent und bei fünf und mehr Kindern 0,7 Prozent. Ist ein Kind älter als 25 Jahre, entfällt „sein“ Abschlag. Sind alle Kinder aus der Erziehungszeit, gilt dauerhaft der Ein-Kind-Beitrag, auch wenn man in Rente ist.
- Jahresbudget: Als Entlastung für die Pflege zu Hause soll ein neues Budget Leistungen der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege bündeln - also, dass die Pflege gesichert ist, wenn Angehörige es nicht machen können. Ab 1. Juli 2025 sollen bis zu 3539 Euro pro Jahr flexibel verwendbar sein, und das ohne einen bisherigen Vorlauf von sechs Monaten bei erstmaliger Inanspruchnahme. Für Eltern pflegebedürftiger Kinder bis zum Alter von 25 Jahren mit Pflegegrad 4 oder 5 soll das Budget bereits ab 1. Januar 2024 mit 3386 Euro zur Verfügung stehen und bis Juli 2025 dann auch auf bis zu 3539 Euro anwachsen.
- Dynamisierung: Vorgesehen sind auch zwei Stufen, um alle Geld- und Sachleistungen weiter zu erhöhen. Zum 1. Januar 2025 soll nun ein Plus von 4,5 Prozent statt zunächst gedachter 5 Prozent kommen - im Gegenzug zum noch aufgenommenen Budget. Zum 1. Januar 2028 sollen die Leistungen angelehnt an die Inflationsrate der drei Vorjahre steigen.