Kreuztal. (wp) "Liebe" nennt der Essener Pianist und Kabarettist Hagen Rether sein Soloprogramm, das er seit 2003 spielt und dabei stets aktualisiert und immer wieder variiert. ...

Hagen Rethers Statements wirkten bei aller Beiläufigkeit und Kürze wie Paukenschläge.  Foto: Helmut Blecher
Hagen Rethers Statements wirkten bei aller Beiläufigkeit und Kürze wie Paukenschläge. Foto: Helmut Blecher © WP

... Denn der Mann, der seine Texte mit jazzigen Klavierakkorden begleitet, will eigentlich nur kuscheln, aber die Ratzingers, Bushs und der fiese Kapitalismus lassen ihn nicht. Kalauer und Statement Und so echauffierte er sich bei seinem ausverkauften Auftritt in der Stadthalle über das aktuelle politische Geschehen und die dazugehörigen Personen. Und das mit seelenruhiger Noblesse, beißender Satire und unmissverständlicher Klarheit.

"Was reg ich mich auf#1#20?", so lautete Rethers Amen, mit dem er seine treffenden, Anmerkungen, Kalauer und treffend bösartigen Statement beendete und eröffnete.

Und mit der einschmeichelnden Stimme eines netten Therapeuten, traf er bei der "handverlesenen Kulturelite von Kreuztal" ins Schwarze. "Das Volk hat ja sonst nix zu lachen."

Ganz unverbindlich kam Hagen Rether ins Plaudern und man merkte überhaupt nicht, dass man schon mittendrin war im großen Weltgeschehen, die uns auf nonchalante Art und Weise um die Ohren gehauen wurde.

Der virtuos zwischen Albernheit und Tragikomik schwankende Moralist wollte auch in Kreuztal Spuren hinterlassen, und so putzte er das Piano nochmals Blitzblank. Dabei genügte seine "Empörung" über die Gier, die Dummheit und die Ignoranz gesellschaftlicher Schichten und ihrer Repräsentanten aus Politik und Wirtschaft, um beim Publikum für nachhaltig wirkendes Lachen und stummes Entsetzen zu sorgen.

Hagen Rether, seit 2003 mit Preisen überhäuft, brachte mit seinem charmanten Auftreten alles aufs Tablett: Frauenrechte und Männerrollen ("Männer dürfen ausschauen wie Verheugen und bringen es dennoch zu etwas"),Klimawandel und Finanzkrise, die Rückkehr des Neoliberalismus nach kurzer Schockstarre, SPD, Merkel und die Religionen.

Pianoplauderei "Man kommt vor lauter Empörung gar nicht mehr zum Denken", verkündete er, wohl wissend, dass sein Publikum bei seinen hochpolitischen Pianoplaudereien einen wachen Geist erleben konnte, der zweimal neunzig Minuten mit Ironie und zynischer Respektlosigkeit das Weltgefüge auseinander nahm.