Hilchenbach. (mku) Was bewegt einen Schauspieler, ein 30 Jahre altes Stück wieder auf die Bühne zu bringen? Er habe damals Curd Jürgens auf der Bühne gesehen und nie vergessen, sagt Christian Kohlund.

0013752605-0050220529.JPG
© WP

Vor allem dürfte es die Zeitlosigkeit und Aktualität des Stückes sein, die den Schauspieler an David W. Rintels "Clarence Darrow" interessiert haben. Kohlund hat das Ein-Personen-Stück über das Leben des legendären amerikanischen Juristen neu übersetzt, inszeniert, bringt es seit Oktober quer durch Deutschland auf die Bühne und fährt allerortens großen Beifall und herausragende Kritiken ein. Auch in Dahlbruch am Dienstag. Zu Recht.

Billie Holiday singt und legt die Zeit fest. Wir sind in den 30-ern, und Clarence Darrow (1857 - 1938) erinnert sich an sein Leben. Groß, beleibt und mit breiten Schultern wird er beschrieben, mit eher leiser und zurückhaltender Stimme. Bis auf letzteres stimmt alles bei Kohlund, bei der Stimme kommt eher Henry Fonda in den Sinn, der 1974 bei der Uraufführung auf der Bühne stand. Aber vielleicht ist 2007 eine Zeit, in der lauter gerufen werden muss, um die Botschaft des Stückes zu Gehör zu bringen. Rintels Darrow ist ein Idealist wie Abraham Lincoln, hat Gelassenheit und Humor eines Mark Twain oder Will Rogers, alles Männer, mit denen er den gleichen Hintergrund des ländlichen Amerika im 19. Jahrhundert teilt. Die Mutter trat für Frauenrechte ein, der Vater schmuggelte Sklaven in die Freiheit. Der spätere Einsatz des Sohnes für Schwarze, für Gewerkschaften und Arbeiter, gegen gefräßigen Kapitalismus und religiösen Fundamentalismus, kommt nicht von ungefähr. "Ich praktiziere als Anwalt auf der Seite der Schwachen, manchmal auf der Seite der Starken, aber niemals auf der Seite der Starken gegen die Schwachen", sagt Clarence Darrow im Stück. Und damit ist eigentlich alles klar.

Als Junge sei er von seinem Vater auf die Felder geschickt worden, um Kartoffeln zu ernten. Nach einigen Stunden lief er weg, wurde Jurist und habe seither nie wieder gearbeitet, erzählt er dem Publikum zu Beginn. Der Rest führt diese Aussage erwartungsgemäß ad absurdum. Unterstützt von Einblendungen der berühmt gewordenen Gegner und Mandanten wird das Leben Darrows lebendig, sein vehementes Eintreten gegen die Todesstrafe, staatlicher Mord für ihn, oder der legendäre "Affenprozess" in Tennessee, in dem es um den Konflikt zwischen Bibel und Charles Darwins Theorien ging. Er sei immer Freidenker und Zweifler geblieben, sagt Darrow. Eine Idee sei für ihn ein größeres Monument als jedes Denkmal. Seine Ideen und Auseinandersetzungen sind zeitlos. Was Wunder, dass sich Kohlund wünscht, einmal im Parlament spielen zu dürfen.