Berlin. Es ist der Traum jeder Hausfrau: Fenster, die sich selbst reinigen, und Fliesen, die Schmutzwasser einfach abperlen lassen, preisen die Industrie an. Doch so ganz ohne den Griff zum Putzlappen geht es meist dann doch nicht.

Wischen, waschen und schrubben - so grob einmal pro Woche muss das Haus gesäubert werden. Aber mal ehrlich: Keiner putzt gerne. Da klingt das Werbeversprechen von Fenster-, Fliesen- und Glasherstellern wie ein Traum: Deren Produkte mit speziellen Hightech-Beschichtungen reinigen sich in Maßen selbst oder weisen Schmutz ab.

Im Grunde funktionieren alle Beschichtungen so: Wasser perlt oder fließt einfach ab - und damit können sich Kalk und Schmutz im Wasser nicht festsetzen. Hier spricht man vom Lotuseffekt. Denn obwohl die Lotuspflanze in schlammigen Gewässern wächst, kann sie ihre Blüten makellos sauberhalten. Manche Oberflächen mit einer eingebrannten Beschichtung zerstören außerdem Schmutz, Keime und Bakterien.

High-Tech-Produkte - Keime werden zerstört, Gerüche lösen sich auf

Unter den keramischen Fliesen gibt es solche High-Tech-Produkte. Sie haben eine eingebrannte unzerstörbare Veredelung, die sie selbstreinigend macht und ihnen eine antibakterielle Funktion gibt, erklärt Nina Ehli vom Industrieverband Keramische Fliesen + Platten in Berlin. An den Fliesen mit der "HT"-Veredelung finden Kalk, Fett und Schmutz keinen Halt. Außerdem werden Keime zerstört, und Gerüche lösen sich auf.

Das gelingt durch das Verfahren der Photokatalyse, bei der gesundheitlich unbedenkliches Titandioxid mit der Oberfläche der Fliese fest verbunden wird. Dieses löst eine Reaktion im Zusammenspiel mit Licht, Sauerstoff und Luftfeuchtigkeit aus. Ein anderes Verfahren zur Veredelung von Fliesen bedient sich Silverzanit, was den Platten antimikrobielle Eigenschaften gibt. Silber-Moleküle in der Oberfläche zersetzen Bakterien, Pilze und Keime, erläutert Ehli. Sie verhindern auch Schimmelbildung. Ursprünglich wurde dieser Baustoff für Kliniken und Schwimmbäder entwickelt, wo Hygiene äußerst wichtig ist. Verbraucher können davon aber auch profitieren - und damit zu Hause auf aggressive Reinigungs- oder Desinfektionsmittel verzichten.

Ganz ohne Putzen geht es dann doch nicht

Auch schmutzabweisende Sanitärkeramik und Wannen aus Stahl-Email machen das Putzen im Badezimmer leichter. Sie haben oft eine extrem glatte Oberfläche, erläutert die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) in Bonn. Schmutzpartikel und Kalk finden daran kaum Halt. Wie auch bei den speziellen Beschichtungen perlt hier das Wasser mit den gelösten Rückständen ab. Ganz ohne Putzen geht es allerdings nicht - aber hier dürfen Verbraucher keine aggressiven Scheuermittel und Kalkreiniger nutzen. Diese beschädigen die Beschichtung. Laut VDS reichen milde Reiniger wie ein flüssiges Spülmittel aus.

"Im Bad sind Duschabtrennungen aus Glas mit einer wasserabweisenden Beschichtung bereits seit Jahren Standard", sagt Jens Wischmann vom VDS. Die Schicht kann bei der Herstellung der Duschwand oder auch nachträglich vom Verbraucher selbst aufgebracht werden. Die Flüssigkeiten gibt es im Sanitärfachhandel.

Aggressive Reinigungsmittel zerstören den Schutz

Die Mittel erhöhen die Oberflächenspannung des Glases - was zum Lotuseffekt führt. Die Wassertropfen finden auf diesen hydrophoben Oberflächen keinen Halt. Aber auch hier gilt: Aggressive Reinigungsmittel zerstören diesen Schutz. Der VDS empfiehlt zur regelmäßigen Reinigung einen Glasabzieher und ein weiches Tuch.

Bei sich selbstreinigenden Fensterscheiben putzen Regen und Sonne die Fenster. Sie haben eine Oberflächenbeschichtung aus Titandioxid, erklärt Ulrich Tschorn vom Verband Fenster + Fassade (VFF) in Frankfurt am Main. Diese bewirke, dass organischer Schmutz wie Vogelkot unter UV-Einwirkung abgebaut werde. Dank Titandioxid ist hier die Oberflächenspannung geringer als bei herkömmlichen Produkten, so dass sich keine Tröpfchen bilden und das Wasser wie ein Film abläuft. Fachleute sprechen hier von einer hydrophilen Oberfläche.

Reinigungszyklen reduzieren und vereinfachen sich

Beschichtungen selbstreinigender Gläser sind dauerhaft. Aber sie können beschädigt werden - laut VFF, wenn sie mit Silikon wie als Füllmaterial für Fugen in Kontakt kommen. "Wie gut der Selbstreinigungseffekt funktioniert, hängt aber auch entscheidend von den baulichen Rahmenbedingungen ab", erklärt Tschorn. Der Experte nennt ein Beispiel: Dachfenster mit größerem Neigungswinkel bleiben besser sauber als unter einem Dachüberstand eingebaute Fenster. Auf ersteren fließt das Wasser gut ab, auf letztere regnet es seltener.

"Völlig reinigungsfrei wird die so behandelte Glasscheibe zwar nicht, aber die Reinigungszyklen reduzieren und vereinfachen sich erheblich", sagt Jochen Grönegräs, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Flachglas in Troisdorf (Nordrhein-Westfalen). Dieser Effekt kann gerade für Hausbesitzer interessant sein, die große Glasflächen wie bei einem Wintergarten haben. Und bekommen die Scheiben nicht genug Regen ab, reiche es, Wasser mit dem Gartenschlauch darauf zu spritzen. (dpa)