Berlin. . Bevor man in sein neues Eigenheim zieht, sollte man die Chance nutzen, bei der Bauabnahme Mängel zu reklamieren. Tut man das während der Abnahme, liegt die Schuld beim Bauunternehmen. Werden Mängel erst nach Abnahme gefunden, liegt die Beweislast beim Bauherren.
Endlich ist es soweit. Das eigene Haus ist fertig, alle Innenarbeiten sind erledigt. Nach dem monatelangen Baustress freuen sich nun alle auf die neue Wohnung. Doch der Umzug darf nicht überstürzt werden. "Ohne offizielle Bauabnahme sollte niemand einziehen", warnt Rainer Huhle, Geschäftsführer des Bauherren-Schutzbundes. "Denn damit nimmt er das Bauwerk gleichzeitig mängelfrei ab."
Es kommt in der Baupraxis öfter vor, dass Häuser rechtlich als abgenommen gelten, obwohl der Auftraggeber sich dessen nicht bewusst ist, so die Erfahrung des Verbraucherschutzvereins "wohnen im eigentum". Das ist beispielsweise schon der Fall, wenn der Unternehmer bei einem normalen Bauvertrag eine Frist für die Abnahme setzt und der Kunde sie einfach verstreichen lässt. Zahlt der Kunde den restlichen Werklohn ohne Vorbehalt, gibt er ebenfalls zu erkennen, dass er den Bau übernimmt.
Schritt mit weitreichenden Folgen
Die Bauabnahme darf aber nicht unterschätzt werden, denn sie ist der wichtigste Rechtsakt nach der Unterzeichnung des Bauvertrages. Fehler bei der Abnahme können die Bauherren teuer zu stehen kommen. "Manche Bauunternehmer behaupten, das sei bloß eine Formalie, aber tatsächlich hat dieser Schritt weitreichende rechtliche Folgen", erklärt Gabriele Heinrich, Geschäftsführerin von "wohnen im eigentum".
Mit der Abnahme erfolgt die Übergabe des Bauwerks an den Bauherren. Dieser erkennt es damit als im Wesentlichen vertragsgerecht an. Es erlischt der Erfüllungsanspruch gegenüber dem Bauunternehmer und es entstehen Gewährleistungsansprüche. Das bedeutet, dass sich die Beweislast umkehrt. Ab diesem Zeitpunkt muss der Bauherr dem Unternehmer alle Mängel nachweisen. "Wenn sich zum Beispiel das Parkett verzieht, muss bis zur Abnahme der Parkettleger beweisen, dass der Grund nicht sein schlechtes Holz oder Fehler bei der Versiegelung sind", erklärt Heinrich. Nach der Abnahme ist es dann Sache des Bauherren, nachzuweisen, dass der Handwerker für den Mangel verantwortlich ist und nicht etwa seine falsch eingestellte Fußbodenheizung.
Abnahme muss förmlich sein
Bauherren sollten also immer auf einer förmlichen Bauabnahme bestehen und diese schon im Bauvertrag fest vereinbaren. Dabei ist es sinnvoll, einen eigenen Sachverständigen mitzubringen, rät der Verband Privater Bauherren. Der findet auch versteckte Mängel, weil er aus Erfahrung weiß, wo er sie suchen muss.
In Abnahmeprotokoll müssen alle Mängel aufgelistet werden, auch solche, die bereits früher festgestellt, aber noch nicht beseitigt wurden. Es ist sinnvoll, bereits vor dem Tag der offiziellen Abnahme mit einem Experten das ganze Haus genau unter die Lupe zu nehmen, damit unter Zeitdruck keine Mängel übersehen werden. "Wichtig ist, dass der Bauherr für Mängel, die bei der Abnahme bekannt sind, einen Vorbehalt anmeldet", sagt Heinrich. "Sonst verliert er den Anspruch auf ihre Beseitigung."
Bauabnahme legt Mängel bloß
Nach der Bauabnahme muss das Haus komplett bezahlt werden. Bis alle im Abnahmeprotokoll aufgelisteten Mängel fristgemäß beseitigt sind, hat der Kunde aber ein Zurückbehaltungsrecht. "Er kann das Doppelte der voraussichtlich dafür nötigen Kosten von seiner Schlusszahlung einbehalten", erklärt Heinrich. "Diese Möglichkeit sollte er auch nutzen."
Erfahrungsgemäß kommen bei der Bauabnahme viele Mängel ans Tageslicht. Trotzdem darf der Bauherr die Abnahme nicht einfach verweigern. Dazu ist er nur bei schweren Mängeln berechtigt. Das sollte er dann aber auch tun, denn sonst treten die Wirkungen der Abnahme ein. Im Protokoll sollte dann gleich ein weiterer Abnahmetermin festgelegt werden, bis zu dem alle Mängel beseitigt sein müssen. (dapd)