Gersheim/Stuttgart. Wer beim Rasenschneiden ein intensives Naturerlebnis will, kann vom motorisierten Rasenmäher auf die Sense umsteigen. Volker Weiß vom Naturschutzbund Deutschland ist Experte für diese traditionelle Beschäftigung. Er erklärt, wann man am besten mit dem Sensen beginnt und was eine Mahde ist.
Statt mit einem motorisierten Rasenmäher können Hobbygärtner ihre Grünflächen auch mit der Sense schneiden. Das ist vielleicht ein wenig anstrengender, ermöglicht dafür aber ein gänzlich anderes Naturerlebnis: Wer eine Wiese mit der Sense mäht, ist an der frischen Luft in Bewegung und kann den Vögeln beim Zwitschern zuhören. Der voll automatisierten und auf effizient getrimmten Arbeit mit dem Rasenmäher setzt die Sense traditionelle Handarbeit entgegen - und am Ende ist der Rasen trotzdem kurz.
Unsere Vorfahren haben sich mit ihnen die Möglichkeit eröffnet, Getreideanbau zu gestalten", sagt Volker Weiß vom Naturschutzbund Deutschland (NABU), Landesverband Baden-Württemberg in Stuttgart. Weiß ist leidenschaftlicher Sensen-Mäher - gerade, weil das Gerät so simpel ist. "Wenn man einen Rasenmäher benutzt, muss man ständig hinter dem Gerät herlaufen. Bei einer Sense bestimmt nur die eigene Körperbewegung den Rhythmus. Es ist selbstbestimmtes Mähen", sagt er. "Außerdem hat man Luft und riecht richtiggehend, was man gerade macht."
Das dauere zwar etwas länger als das gewöhnliche Rasenmähen, sei dafür aber viel intensiver. Der richtige Umgang mit der Sense ist Volker Weiß durchaus vergleichbar mit dem Fahrradfahren: Eigentlich ganz einfach - aber gelernt sein will beides trotzdem. Man mäht dem Experten nach in einer leicht gebückten Haltung und lässt als Rechtshänder die Sense in einem Halbkreis von rechts nach links wenige Zentimeter über dem Boden schwingen - als Linkshänder natürlich in umgekehrter Richtung.
Sensen kann man lernen
"Ist das Gras zur Seite gefallen, auf die sogenannte 'Mahde', macht man einen kleinen Schritt nach vorne und macht die nächste Bewegung." Das alles sei kein Hexenwerk, betont Volker Weiß - es könne aber durchaus etwas dauern, bis die Technik richtig sitzt. "Ich empfehle daher, einen Sensenkurs zu belegen." Der NABU selbst biete diese an, aber auch viele Volkshochschulen. Wie lange es dauert, bis ein Anfänger gut mit der Sense umgehen kann, dazu will Volker Weiß keine Prognose abgeben. "Das hängt auch von der Wiese ab, die man bearbeitet und natürlich vom Werkzeug. Man muss sich einfach Zeit geben, das zu lernen - und beherzigen, dass das früher alle konnten."
Allerdings sollte, wer einen Kurs absolviert hat, nicht damit rechnen, sofort einen perfekten englischen Rasen mähen zu können. "Das ist nur etwas für absolute Könner. Besonders gut eignet sich die Sense für Wiesen, die man etwas höher wachsen lässt", sagt Volker Weiß - Blumenwiesen etwa, die man zwei- bis dreimal im Jahr mäht oder auch Obstbaumgrundstücke. "Am besten schneidet es sich übrigens in den frühen Morgenstunden, wenn es noch ein klein wenig feucht ist. Die Sense gleitet dann besser durchs Gras." Zudem müsse man gerade im Sommer bedenken, dass es sich um körperliche Arbeit handele. "Man joggt ja auch nicht nachmittags um 14 Uhr."
"Eine gute Sense hält oft Jahrzehnte"
Wichtig für eine gelungene Sensenmahd ist auch das passende Gerät. "Eine gute Sense hält oft Jahrzehnte. Ich kenne sogar Geräte, die über 100 Jahre alt sind", sagt Bernhard Lehnert im saarländischen Gersheim, Autor des Buches "Einfach mähen mit der Sense" (Ökobuch). Erhältlich sind Sensen teilweise in Baumärkten und im landwirtschaftlichen Fachhandel, auch über eine Such-Maschine im Internet lassen sich einige Anbieter finden. Lehnert rät dazu, wenn möglich, eine Sense vor dem Kauf selbst in die Hand zu nehmen. "Eine gute Sense wiegt zwischen 500 und 600 Gramm. Das merkt man sofort, wenn sie gut in der Hand liegt. Eine Billigsense ist dagegen 200 Gramm leichter.
Außerdem sollte sie eine Länge von einer Körpergröße minus 25 Zentimeter haben", sagt er. Die Angaben gälten für den Sensenbaum - hinzu käme noch die Klinge, die man bei einem guten Gerät separat kaufe. "Da sollte man einfach vorsichtig mit dem Finger drüberfahren und darauf achten, ob sie scharf ist", empfiehlt Lehnert. Eine gute Sense bekomme man schon für 40 Euro. Damit eine Sense dauerhaft scharf bleibt, muss sie nach zehn bis zwölf Mähstunden regelmäßig gedengelt werden.
"Das ist der Unterschied zu einem Küchenmesser: Eine Sense schleift man nicht einfach, sondern man klopft sie gewissermaßen dünn" sagt Volker Weiß vom NABU Baden-Württemberg. Traditionell hätten Landwirte früher schlicht mit Amboss und Hammer gedengelt, sagt Weiß - dies setzte aber ein großes Maß an Treffsicherheit und Erfahrung voraus, wolle man die Sense nicht kaputt schlagen. "Statt dessen kann man aber auch Hilfsmittel wie einen Schlagdengler verwenden." Die Konstruktion wirke wie eine Schablone, so dass man mit dem Hammer nur noch eine Hülse treffen müsse. "So können auch Anfänger dengeln." Hinzu komme noch ein kleiner Wetzstein zum Nachschärfen, mehr brauche man nicht - über Jahre.