Berlin. Es ist eine Steuerreform, die jeden betrifft: Eigentümer genauso wie Mieter. Olaf Scholz stößt mit seinen Vorschlägen zur Grundsteuer auf Kritik.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz will mithilfe der geplanten Reform der Grundsteuer einen Anstieg von Mieten in Ballungsräumen verhindern und sie damit bezahlbar halten. "Ich möchte, dass diejenigen Grundeigentümer belohnt werden, die eine geringe Miete nehmen", sagte der SPD-Politiker am Donnerstag in Berlin. Zudem zeigte er sich offen dafür, die Regeln für das Umlegen der Grundsteuer auf die Mieter zu ändern. Das sei allerdings eine Frage des Mietrechts. Scholz sagte, er rechne mit einer Einigung zwischen Bund und Ländern auf Grundsätze der Reform im Januar.
Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aufgetragen, die Grundsteuer zu reformieren, da sie auf veralteten Berechnungen beruht. Diese Steuer zahlen alle Haus- und Grundbesitzer, sie gehört zu den wichtigsten Einnahmequellen für Kommunen. Scholz pocht darauf, dass das Aufkommen von insgesamt rund 14 Milliarden Euro im Jahr weder steigen noch sinken soll.
Er will ein Modell, das sich am Wert des Grundstücks und der Gebäude orientiert. In Konkurrenz dazu steht ein Modell, das allein die Grundstücksfläche als Berechnungsgrundlage nimmt. Da Scholz die Netto-Kaltmiete in die Berechnung einbeziehen will, warnen Kritiker vor steigenden Belastungen in Regionen mit Wohnungsmangel.
Ungerechtigkeiten durch Kappungen in Ordnung bringen
Am Mittwochabend hatte Scholz seine Länderkollegen getroffen, von denen einige seinen Vorschlag massiv kritisierten. Im Frühjahr soll ein Gesetzentwurf vorliegen und im Herbst verabschiedet werden, gelten sollen die neuen Regeln dann ab 2025. Es werde eine «harte und toughe Gesetzgebungsarbeit», sagte Scholz.
Für sein Modell brauche es keine Verfassungsänderung, man könne sich auf vorhandene Daten stützen und vereinzelte Ungerechtigkeiten ließen sich durch Kappungen "in Ordnung bringen". Das flächenbezogene Modell dagegen, das etwa Bayern bevorzugt, führe zu Problemen in landwirtschaftlichen Gemeinden, löse "nicht alle Gerechtigkeitsfragen" und brauche wohl eine Verfassungsänderung. Es berücksichtige nicht, ob auf einem Grundstück eine Villa stehe oder Sozialwohnungen.
Damit bei Scholz' Modell nicht insgesamt mehr Steuern fällig werden, müssen unter anderem die Kommunen den sogenannten Hebesatz senken, den sie selbst festlegen dürfen und der die Höhe der Steuer mitbestimmt. "Ich gehe davon aus, dass niemand gewissermaßen die Gelegenheit nutzen wird, höhere Steuersätze erzielen zu wollen", sagte der Finanzminister. Die Hebesätze würden überall in Deutschland gesenkt - "da bin ich ganz, ganz sicher".
Kritik von vielen Seiten
Am Donnerstag gab es erneut Kritik von vielen Seiten. "Das Scholz-Modell zur Grundsteuer ist die komplizierteste aller Lösungen und dürfte in vielen Fällen zu Mehrbelastungen führen", kritisierte der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel. Dass für Hausbesitzer, die ihr Eigentum selbst nutzen, eine "fiktive Miete" ermittelt werden solle, werde zu Rechtsstreitigkeiten führen. Der Mieterbund lehnte es ab, den Wert von Gebäuden und Mieten in die Berechnung einzubeziehen. Linke und Grüne sprachen sich dafür aus, die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieter zu streichen.
Aus den Ländern gab es nach dem Gespräch mit Scholz unterschiedliche Reaktionen. Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) aus Nordrhein-Westfalen sagte, es stünden noch "grundlegende Fragen im Raum", etwa zur Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und zum Verwaltungsaufwand. Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) unterstützte im Sender NRD Info eine am Wert einer Immobilie orientierte Berechnung, sieht aber auch noch offene Fragen.
Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) gab klar Contra: "Wir lehnen das vom Bund bevorzugte wertabhängige Modell für eine Grundsteuerreform ab", sagte er. "Dieses Modell bedeutet Steuererhöhungen, Mieterhöhungen und vor allem mehr Bürokratie." Einfach, fair, praxisgerecht und vollziehbar sei "nur unser bayerisches wertunabhängiges Einfach-Grundsteuermodell".