Völlig losgelöst? Der Verlust der Schwerkraft und die Isolation im Weltraum haben für Astronauten oft gravierende Folgen: Ein ganz normaler Tag auf der Internationalen Raumstation ISS ist für die Menschen dort alles andere als ein ganz normaler Tag für uns.
Das Leben in einer Wohngemeinschaft ist zuweilen hart. Viel anstrengender aber ist es, wenn man noch nicht einmal vor die Tür kann, eingesperrt ist mit den Mitbewohnern. Zu allem Übel werden alltägliche Szenen gefilmt und via Internet in die ganze Welt gestreamt. Die Rede ist hier nicht von einem Fernseh-Container – obwohl der Vergleich nicht schlecht ist. Vielmehr schildert all dies den Alltag der Astronauten auf der ISS, der einzigen Weltraum-WG, die es gibt.
Was ist die ISS?
Die Internationale Raumstation ist das größte Objekt, das je durch Menschen in den Weltraum gebracht wurde. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 27 700 Kilometern pro Stunde umkreist sie 16 Mal am Tag die Erde. Das tut sie rund 320 Kilometer vom Erdboden entfernt. Seit dem Jahr 2000 wird die Station permanent bewohnt. Ein Leben, das nicht einfach ist.
Wie beginnt der Tag der Astronauten?
Wenn am Morgen der Tag der Weltraum-Bewohner beginnt, müssen sie erst einmal die Augenbinden und Ohrenstöpsel entfernen. Da die ISS 16 Mal am Tag die Erde umrundet, geht hier ebenso oft die Sonne auf und unter. Würden die Menschen keine Augenbinde tragen, würden sie also mehrfach in der Nacht wach werden. Ihre Ohren müssen sie schützen, da die Ventilatoren stets Geräusche machen. Sie sind jedoch lebenswichtig. Die ausgeatmete, verbrauchte Luft würde sich von allein nämlich nicht bewegen. Sie würde eine Blase bilden um den Kopf des Astronauten, der irgendwann nach Luft schnappend wach werden würde.
Wie funktioniert die Morgentoilette?
Nachdem die Astronauten aus ihren angebundenen Schlafsäcken gekrabbelt sind, beginnt auch für sie die Morgentoilette. Duschen kann man im All nicht, da das Wasser sich als Tropfen im Raum verteilen würde. Also weichen All-Bewohner auf feuchte Tücher aus. Die Zahnpasta, die sie benutzen, ist essbar. Am spannendsten aber ist die Funktionsweise der Toilette. Sie zu benutzen müssen die Astronauten lange zuvor auf der Erde lernen. Zunächst muss man sich auch hier anschnallen, sonst flöge man fort. Ein Luftdruck simuliert dann quasi die Schwerkraft. Urin wird in die Anlage gesaugt und in Behältern gesammelt. Steht das „große Geschäft“ an, wird vorher in die Toilette ein Plastikbeutel gelegt, der sich danach selbst verschließt. Der Astronaut nimmt den Beutel und wirft ihn in einen Behälter. Mit allem anfallenden Müll werden die Hinterlassenschaften gen Erde geschickt, wo alles in der Atmosphäre verglüht.
Was essen die Astronauten?
Appetit auf eine saftige Pizza? Wer im All spontan Hunger auf sein Lieblingsgericht verspürt, muss sich bis zur Landung gedulden. Astronauten können natürlich nur essen, was zuvor von der Erde geschickt wurde. Dabei können sie immerhin zwischen rund 250 Gerichten wählen. Die Hälfte der Gerichte kommt aus Russland, die andere aus den USA. So ist sichergestellt, dass für jeden Astronauten etwas dabei ist. Und schlecht klingt die Speisekarte gar nicht: Von „Barbecued Beef“ über „Shrimps Cocktail“ bis hin zu russischem süßen Quark mit Nüssen ist alles dabei. Aber es sieht ganz anders aus als auf der Erde. Mit Ausnahme von Nüssen und Schokolade ist die gesamte Nahrung konserviert und vielfach dehydriert. Wie bei einer Tütensuppe wurde ihr das Wasser entzogen. Das hat auch logistische Gründe. Anders nämlich könnte die benötigte Nahrung gar nicht ins All transportiert werden. So kommen auch die Getränke an, die die Astronauten dann mit Wasser versetzen müssen – so, wie wenn wir auf der Erde Instant-Kaffee nutzen. Und es gibt weitere Besonderheiten: Weil auch die Gerüche nicht aufsteigen sondern wegdriften, fehlt die Nase als Geschmacksverstärker. Daher werden die Mahlzeiten für die Weltall-WG stärker gewürzt. Und damit die Speisen nicht vom Löffel schweben, ist etwas Gelatine beigefügt, die sie am Besteck kleben lässt.
Warum müssen Astronauten ordentlich und sportlich sein?
Wer im All leben will, muss im Geist Buch führen, wo er etwas abgelegt hat. Dort muss er es mit Klettstreifen befestigt haben. Andernfalls schwebt es davon. Der einzige Hoffnungsschimmer bei verloren gegangenen Sachen ist, dass sie irgendwann vor einem Abzugsgitter wieder auftauchen. Achten müssen Astronauten auch auf ihren Körper. In der Schwerelosigkeit braucht man die Muskeln kaum. Würden die Bewohner der ISS nicht täglich zwei Stunden Sport treiben, fiele ihnen die Rückkehr in die Schwerkraft schwer. Dennoch sind sich alle Astronauten einig: Die Mühe lohnt. Sie schwärmen von der Aussicht auf den blauen Planeten. Und seitdem die ISS mit dem Modul „Cupola“ so etwas wie einen Wintergarten hat, können die Bewohner den Blick auf die Erde in vollen Zügen genießen.