Essen.. Es gibt Menschen, die sich während des Träumens bewusst sind, dass sie träumen – und so Einfluss nehmen können auf ihre nächtlichen Abenteuer. Dieses Phänomen bezeichnen Psychologen als Klartraum oder luziden Traum. Ein Experte erklärt, wie man sein eigener Regisseur wird.

Träume sind etwas Schönes – eigentlich. Wir tauchen ein in eine Welt voller Möglichkeiten, voller Wunder. Wir können fliegen, unter Wasser atmen und die Grenzen der physischen Gesetze überschreiten. Doch manchmal stehen wir auch ohne Hose da oder werden von Monstern gejagt. Wie schön wäre es, den Verlauf den Traums zu ändern.

Es gibt Menschen, die das können. Der Psychologe Reinhard Pietrowsky, Professor an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität, ist Experte für luzide Träume.

Was versteht man unter luziden Träumen?

 Die allgemeine und geläufige Definition beschreibt den luziden Traum als den Zustand, in dem der Schlafende sich bewusst ist, dass er träumt. Diese Klarheit kann die gesamte Dauer des Traumes anhalten oder wieder vorbeigehen.

Die engere Definition des Klartraums beinhaltet außerdem die Fähigkeit des Träumenden, auf seinen Traum Einfluss zu nehmen. Diese Handlungsfreiheit ermöglicht es ihm, selbst zu entscheiden, welche Richtung sein Traum einschlagen soll. Wenn er will, kann er auf rosa Elefanten durch die Wüste reiten, übers Wasser gehen, Sterne vom Himmel sammeln – oder auch einfach aufwachen, wenn ihm danach ist.

Was passiert im Gehirn während eines luziden Traums?

Die Gehirnaktivitäten während eines normalen und eines Klartraums unterscheiden sich nicht wesentlich. „Vor allem der Okzipitallappen und das Frontalhirn sind dabei aktiv“, erklärt Professor Pietrowsky. Diese sind für die visuelle Verarbeitung, die Handlungsausführung und die Planung verantwortlich.

Wann wir schlafen, wann wir träumen.
Wann wir schlafen, wann wir träumen. © WNM | WNM

Wir sehen, handeln und planen also während jedes Traums. Die Hirnaktivität im visuellen Zentrum unterscheidet dabei nicht zwischen Realität und Vorstellung: Ein weiterer Bereich im Gehirn teilt unserem Bewusstsein mit, was real ist und was nicht. Bleibt dieser während des Schlafens inaktiv, glauben wir, unser Traum sei Realität. Sobald er aber aktiviert wird, werden wir uns bewusst, dass wir träumen. Auf diese Weise entsteht ein luzider Traum.

Kann man luzides Träumen lernen?

Etwa ein Viertel aller Menschen besitzt die Fähigkeit zum luziden Träumen von Natur aus. „Im Schnitt erlebt ein natürlicher Klarträumer alle drei Monate einen luziden Traum“, so Pietrowsky. Für alle anderen ist die Fähigkeit erlernbar – unter gewissen Voraussetzungen und mit Hilfe bestimmter Übungen. Ein Weg zum luziden Traum ist die unmittelbare Vorbereitung darauf vor dem Schlafengehen: Der Träumer beginnt damit, sich möglichst intensiv und plastisch vorzustellen, was er träumen möchte. Er begibt sich aus dem Wachzustand in einen Tagtraum, der nach und nach zum Traum wird – oder zu einer sehr intensiven Form der Trance. Dabei behält er sein Bewusstsein und kann das Geschehen vor seinem inneren Auge aktiv lenken.

Ein anderer Weg führt über Hypnose. Für beide Möglichkeiten braucht der Träumer ein gewisses Maß an Suggestibilität: „Das ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das beschreibt, wie sehr wir uns von äußeren Impulsen beeinflussen lassen“, erklärt Pietrowsky.

Was bringt mir das luzide Träumen?

Klarträume ermöglichen nicht nur nächtliche Fantasiereisen ganz nach dem Geschmack des Träumers, sondern haben auch praktischen Nutzen. Sie eignen sich zum Beispiel sehr gut für die Bewältigung von Alpträumen. Der Träumer lernt, die Angstsituation im Schlaf zu entkräften und so auf sie einzuwirken, dass sich daraus ein positives Erlebnis ergibt.

„Luzide Träume sind das beste, gleichzeitig das schwierigste Mittel gegen Alpträume“, so Pietrowsky. Auch für Sportler kann der luzide Traum nützlich sein: Sie spielen komplexe Handlungsabläufe nochmals durch und steigern so ihre Leistung. Damit machen sie sich zudem die gesteigerte Gedächtniskonsolidierung während des Schlafes zu Nutze: Was wir kurz vor dem Schlafen lernen, behalten wir besser. Das gilt ebenso für luzide Träume – das Gehirn trainiert im Schlaf.