Essen. . „Meuchelpuffer“ statt „Pistole“ war nur einer von vielen Vorschlägen, mit denen deutsche Sprachreiniger versuchten, die Einflüsse aus anderen Ländern zu schmälern. Andere Begriffe waren da viel erfolgreicher, wie etwa die „Leidenschaft“.
Von den bis zu 500 000 Wörtern, die – je nach Zählweise – die deutsche Sprache umfasst, ist gut jedes fünfte ein Fremdwort (übrigens eines der Wörter im Deutschen, für die es kein Fremdwort gibt). Doch die meisten dieser Fremdwörter stammen nicht etwa aus dem Englischen, sondern – aus dem Lateinischen, zu 5,6 Prozent. Der Duden hat es gezählt. Dahinter folgen Wörter aus dem Griechischen mit 4,2 Prozent. Und erst dann kommen die Wörter aus dem Englischen, das als Leihgebersprache übrigens immer noch gleichauf liegt mit dem Französischen, auch wenn heute leider niemand mehr „Plümmo“, „Schäselong“ oder „Trottewah“ sagt, es sei denn im Düsseldorfer Französisch . . .
Die ersten deutschen Sprachreiniger traten im Barock auf, ein Jahr vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges wurde in Weimar die „Fruchtbringende Gesellschaft“ gegründet, ausgerechnet von Fürsten, Herzögen und Adeligen. Denn eigentlich war es diese Gesellschaftsschicht, die sich bemühte, im Alltag mit lateinischen, französischen und italienischen Einsprengseln Distanz zu Menschen zu wahren, die nicht so weltläufig waren, dass sie verstanden, wovon da die Rede war.
Distanz ist übrigens eines jener Wörter, für die der Barock-Schriftsteller Philipp von Zesen (1619–1689) ein neues deutsches schuf, das uns heute wie ein uraltes vorkommt: „Abstand“. Von Zesen führte auch die „Bücherei“ ein (die damals nicht etwa Bibliothek genannt wurde, sondern „Liberey“), den „Augenblick“ an Stelle des „Moments“ und die geradezu genial erfundene „Leidenschaft“ für das, was damals „Passion“ hieß.
„Jungfernzwinger“ sollte „Kloster“ ersetzen
Seither gab es immer wieder Versuche, Fremdwörter einzudeutschen. Sie gelangen mal mehr, mal weniger: der legendäre „Meuchelpuffer“ für „Pistole“ hat sich ebensowenig durchgesetzt wie der „Jungfernzwinger“ für „Kloster“. Und auch Heinrich von Stephan, der als deutscher Oberpostmeister im 19. Jahrhundert alle aus dem Französischen stammenden Begriffe wie Adresse („Anschrift“), frankieren („freimachen“) oder Telefon („Fernsprecher“) änderte, bewirkte nur, dass sich die Post bis weit ins 20. Jahrhundert lächerlich machte, weil sie allein auf den eingedeutschten Begriffen beharrte.
Überhaupt wird über die Benutzung von fremden Wörtern ur-demokratisch entschieden – wenn ein Begriff dazu taugt, ein Ding genau zu bezeichnen, und dazu noch bequem im Munde zu führen ist, dann dürfte er auch allgemein akzeptiert werden.
Das gilt sogar für jene Anglizismen im Deutschen, die es im Englischen gar nicht gibt – neben dem bekannten „Handy“, das im Englischen „cell phone“ oder „mobile“ genannt wird, wären da auch noch der Smoking (der „dinner jacket“ heißt), der Whirlpool („jacuzzi“), der Dressman („model“) und der Barkeeper („barman“ oder „bartender“). Und mancher sprachliche Einwanderer gilt längst als Deutscher wie der Keks, der früher mal „Cakes“ hieß und sich wunderbar integriert hat.