In einem stillgelegten Bergwerk ist es unter Tage nie ganz still: Denn wohin mit dem Grubenwasser, das in die Schächte fließt? Im Ruhrgebiet arbeitet deshalb ein großes Pumpensystem – auch um das Grundwasser nicht zu gefährden.

Von der montanindustriellen ­Geschichte des Ruhrgebiets zeugen meist nur noch seine Industriedenkmäler, die Touristen­attraktionen sind und sogar Weltkulturerbe. Doch das sind nur die offensicht­lichen Überbleibsel. Unsichtbar und ­hunderte Meter unter der Erde der Region ist ein unglaublich großes Netz von ­Pumpen das Erbe des Steinkohlenbergbaus an der Ruhr. Sie regulieren den Stand und die Abführung des Grubenwassers.

Was ist die Wasserhaltung?

Dass sich in der Erde Grundwasser befindet, das weiß jeder. Je nach Region wird ­daraus hochwertiges Trinkwasser gewonnen. Als die Streckennetze und die Strebe aus dem Berg geschlagen wurden, drang somit auch Wasser in die neuen Hohlräume ein. Es aufzufangen und kontrolliert abzuführen, war die Grundvoraussetzung für den Bergbau. Dies geschah über Pump­systeme, unterirdische Rohrleitungen und Sammelbecken an der tiefsten Stelle eines Bergwerkes, der untersten Sohle. Der Oberbegriff für dieses Verfahren ist Wasserhaltung. Und die blieb und bleibt auch notwendig, nachdem eine Zeche ­geschlossen wurde. Zum einen schützt sie bis heute die noch existierenden Berg­werke. Denn das Grubenwasser fließt in nordnordwestlicher Richtung, wo die Abbaugebiete noch tiefer liegen. Würde das Wasser nicht in der Tiefe aufgefangen und an die Erdoberfläche gepumpt, würden diese Abbaugebiete schlichtweg absaufen. Doch auch die Menschen im Revier würden es merken, wenn die Wasserhaltung eingestellt würde.

So funktioniert die Wasserhaltung im Bergwerk.
So funktioniert die Wasserhaltung im Bergwerk. © WNM

Warum ist Wasserhaltung wichtig?

Würde der Stand des Grubenwassers nicht kontrolliert, so würde es langsam aber stetig steigen. Das riesige unterirdische Tunnelsystem würde geflutet. Dies könnte einerseits Bewegungen der Oberfläche bewirken. Andererseits wäre eine Vermischung mit dem Grundwasser nicht auszuschließen. Mit negativen Folgen, denn je nach Beschaffenheit des Gesteins ist das Grubenwasser stark mineralisch. So genannte saure Grubenwässer sind mit Eisensulfidmineralen wie Pyrit in Berührung gekommen und haben dadurch ihre chemische Zusammensetzung verändert. Grubenwässer können auch einen extrem höheren Gehalt an Kalzium, Eisen, Magnesium oder verschiedenen Salzen aufweisen, als es im Grundwasser gibt. Würden solche Grubenwässer überirdisch in großer Menge in die Umwelt gelangen, dann würde diese geschädigt.

Wir funktioniert die Wasserhaltung?

Mit der Aufgabe der meisten Zechen im Ruhrgebiet wurde ein Plan entwickelt für die Wasserhaltung in der ganzen Region, die so genannte Zentrale Wasserhaltung. Gebildet wurde dafür eine „Wasserprovinz“, um das Grubenwasser an zentralen Punkten zu heben. Einer dieser Punkte ist die Zeche Zollverein im Essener Norden.

Nach ihrer Stilllegung im Jahr 1996 blieben die Schächte 2 und 12 offen. Das Grubenwasser anderer Zechen im Umkreis ließ man gezielt und überwacht ansteigen, bis es auf einer Höhe nach Zollverein fließen konnte; dies dauerte ein paar Jahre. Doch seit 2008 läuft die Zentralwasserhaltung Zollverein erfolgreich. Sechs Horizontalkreiselpumpen stehen hier auf der 14. Sohle, zwei davon sind immer in Betrieb. Über zwei Steigleitungen im Schacht 2 wird das Wasser zu Tage gefördert. Die RAG Deutsche Steinkohle betreibt neun Zentrale Wasserhaltungen im Ruhrgebiet. Alle Daten laufen in der Leitwarte auf der ehemaligen Zeche Pluto in Herne zusammen. Hier wird die Wasserhaltung für das Ruhrgebiet gesteuert und kontrolliert – an 365 Tagen im Jahr. Und das für alle Zeiten. Daher kommt der Begriff der „Ewigkeitskosten“ des Steinkohlenbergbaus – die Wasserhaltung wird im Revier wohl immer nötig sein, sonst versinken große Teile der Region in einem See.

Birgt die Wasserhaltung Chancen?

Wo solch aufwendige Maßnahmen dauerhaft anstehen, da erforschen Menschen, welche wirtschaftlichen Vorteile darin liegen könnten. So wäre es möglich, die Grubenwässer zu neutralisieren und so nutzbar zu machen. Eine andere Möglichkeit wäre, seine Eigenschaften für Prozesse zu nutzen: Grubenwasser ist wärmer als oberirdische Gewässer, je nach Tiefe kann es rund 30 Grad Celsius haben. Damit ist es grundsätzlich zur Wärmegewinnung geeignet. Erfolgreiche Tests damit gab es bereits an mehreren Stellen. Irgendwann einmal könnte also die Wärmeversorgung im Ruhrgebiet wieder durch die Ressourcen unter unseren Füßen geschehen.