Essen.. Den Frühling haben wir schon immer herbeigesehnt, doch selten so sehr wie in diesem Jahr. Es war der dunkelste Winter seit Jahrzehnten. Umso größer ist jetzt unser Hunger nach Licht und Sonne. Doch es ist nicht nur die Kälte, die uns das Frühjahr erwarten lässt.

Der Lenz serviert uns einen grünen Cocktail an schönen Gerüchen und Gefühlen. Und damit sind nicht nur die begehrten süßen Frühlingsgefühle gemeint. Nicht nur, aber auch. . .

Warum lechzen wir nach Licht?

Weil das Licht die Seele streichelt. Ohne Sonnenlicht bleiben wir griesgrämig, müde und nörgelig. Mit Sonnenlicht hingegen kriegen wir die Kurve zur guten Laune und jammern nicht einmal morgens, wenn Fiffi schon wieder Gassi gehen will. Wir sind gar keine Muffel – wer hätte das gedacht? Im Frühjahr können wir freundlich den Nachbarn grüßen, auch wenn er mal wieder den Müll nicht getrennt hat. Wir haben Humor, sind auf der Sonnenseite des Lebens.

Was macht das Licht in unserem Körper?

Sonne macht lustig, Sonne macht vital, weil sie den hormonellen Gegenspieler des frohen Lebens nämlich zügig zum Loser erklärt: Ein paar Strählchen, und schon sieht das Hormon Melatonin, das für den Schlaf-Wach-Rhythmus zuständig ist, ziemlich alt aus. Im Winter gibt uns dieses Melatonin die nötige Kuschelschwere: Es lässt uns gemütlich in die Sofaecke und schon abends um zehn ins Bett plumpsen.

Die innere Uhr hat uns programmiert auf Leerlauf. Doch der Frühling putzt durch und macht Platz für die Gute-Laune-Hormone, die vom Licht einen Schubs nach vorne kriegen: Dopamin und Serotonin, die Glücksdrops aus der hormonellen Zauberkiste, sie sind jetzt die Taktangeber.

Warum halten wir unser Gesicht so gerne in die Sonne?

Das Sonnenlicht findet nicht nur über die Hormone den Weg zu uns, nein – auch über die Haut. Jetzt schreien Sie nicht gleich auf: „Verdammter Sonnenbrand“. Wir lassen uns ja nicht im grellen Scheine braten.

Wer jedoch bald die Haut sanft spazieren führt, ihr auch mal den Halbschatten eines Baumes gönnt, tut sich selbst Gutes: Denn mittels Sonnenlicht wird das Vitamin D gebildet. Ein Muss geradezu für gesunde und starke Knochen.

Warum duftet der Frühling so gut?

Der Frühling duftet schon bevor die erste Kirschblüte blüht. Bild: Ulrich von Born
Der Frühling duftet schon bevor die erste Kirschblüte blüht. Bild: Ulrich von Born © Unbekannt | Unbekannt

Während wir spazieren gehen, durchdringt uns ein Gedanke: Es riecht nach Frühling! Da muss noch nicht einmal ein Veilchen, der Flieder oder ein Kirschbaum blühen. Wenn es warm ist, mögen wir sogar den Regen. Denn der riecht im Frühjahr besser als im November. Das liegt am Stoffwechsel. Nicht an unserem, sondern an dem der Pflanzen.

Auf ihren Blättern liegen in den warmen Monaten geruchsstarke Substanzen, die der Regen aufmischt. Die Luftfeuchtigkeit steigt – zur Freude unserer schnuppernden Nasen.

 Wieso erkennen wir den Duft in der Luft sofort als Frühlingsduft?

Der Winter ist vorbei, wir haben Frühling! Das sagt uns auch der Kopf nach einem kräftigen Atemzug. Die Duftstoffmoleküle von Tulpe und Narzisse gelangen über die Geruchsrezeptoren ins Riechhirn und von dort zur Schaltstelle der Lebenslust, dem limbischen System. Hier, in der Schatzkiste der Erinnerung, werden wir an Maiglöckchen, Küsse und Kichern erinnert.

Warum begehren wir plötzlich Menschen, die uns im Winter kaum interessierten?

Hormone führen uns natürlich auch zu dem, was den Frühling erst wirklich zum Frühling macht: zu den Frühlingsgefühlen. Da das Melatonin unsere Sexualhormone nicht mehr so stark im Zaum hält, finden wir das andere Geschlecht viel attraktiver als im Winter. Die Wärme auf der Haut lässt uns verlockend duften.

Dazu kommen Eindrücke fürs Auge: Hier blitzt ein schönes Frauenbein auf, dort ein kraftvoller Männerbizeps. Kurze Röcke, dralle Muckis – Hormonforschern zufolge sind das starke Reize, die uns im Kleid des Frühlings manche Last des Alltags vergessen lassen.