Singen, lesen, schnacken: Ein Dreiklang, den Ina Müller perfektioniert hat – und das nicht gerade leise. Ein Gespräch mit der Frau aus dem Norden, über das Liebesleid der Frauen und warum sie nichts mehr hasst als Langeweile.
Jahr für Jahr tönt Ina Müller und sahnt damit neue Auszeichnungen ab, ob nun Goldene Schallplatten, den Deutschen Comedy- und den Fernsehpreis für die Moderation ihrer Sendung „Inas Nacht“ oder in diesem Jahr gleich zwei Echos. Die Bauerstochter aus Niedersachsen, die als pharmazeutisch-technische Assistentin in einer Apotheke gearbeitet hat und als Kabaretthälfte des Duos Queen Bee künstlerisch groß wurde, ist inzwischen zur Entertainerin gereift und besticht einfach allenthalben durch ihre Natürlichkeit und Herzlichkeit. Ein Gespräch.
Frau Müller, wenn man(n) einen Blick auf Ihre Texte wirft, stellt sich manchmal die Frage: Sind Frauen wirklich so schlicht, dass sich alles um Liebesleid und -freud dreht?
Müller: Es geht doch darum, Themen zu finden – ich kann nun mal nicht über die Milchpreise oder den Umweltschutz singen.
Könnten Sie schon . . .
Es gibt einen Menschen in Deutschland – Thomas Pigor – der es wirklich schafft, solche Themen in Reimform in sehr moderne Songs zu heben. Das ist aber überhaupt nicht massenkompatibel – ich aber möchte eine große Band in meinen Konzerten dabei haben, auf großen Bühnen stehen und Themen haben, mit denen die Leute etwas anfangen können. Und was interessiert uns denn?
Nun . . .
. . . die Liebe, das Miteinander, ist man glücklich oder traurig miteinander – und vielleicht ein paar Beobachtungen aus Sicht der Frau. Ich bin diese Frau, die bestimmte Problematiken mit dem Mann anspricht – wäre ich ein Mann, würde ich es wohl umgekehrt machen, dann bekämen die Frauen wahrscheinlich gelegentlich eine verbale Klatsche ab. Es soll Spaß machen – und auf der Bühne erzähle ich dann zwischendurch zudem ein paar Geschichten, die vielleicht noch ein bisschen gemeiner sind (lacht laut).
Nun sind Sie ja auf diversen beruflichen Hochzeiten unterwegs – bleibt da eigentlich noch Zeit für Privates?
Ich versuche irgendwie zu laufen, da ich merke, dass ich das brauche – und zwar nicht, weil der Körper dann high ist, sondern um Stress abzubauen. Doch nicht einmal diese Stunde finde ich regelmäßig . . . und so raste ich halt manchmal aus und keife so ein bisschen rum, was bei Frauen aber auch mal schnell hormonell bedingt ist, haha.
Situationen, in denen Sie sich dann nach einer Rückkehr in das ruhige, alte Leben in der Westerländer Insel-Apotheke sehnen?
Manchmal, wenn ich in Apotheken komme – und ich gehe leidenschaftlich gern in Apotheken – dann denke ich schon: Damals war alles so einfach. Denn um 18 Uhr, wenn ich vorne die Tür abschloss, war wirklich Schluss. Ich bin dann mit den Mädels auf Sylt noch ein Bierchen trinken gegangen und dann war ich zuhause, es war wirklich Feierabend und mich hat nichts belastet. Und das Gefühl ist mit diesem Beruf verschwunden: Wenn ich heute abends heimkomme, denke ich sofort an die nächsten Konzerte, höre noch mal in die alten Aufnahmen rein, arbeite und gehe mit den Gedanken an irgendwelche Lieder auch ins Bett. Den Kopf wirklich einmal ausschalten zu können, das gibt es gar nicht mehr bei mir.
Wünschten Sie sich das denn insgeheim?
Ich fühle mich immer noch nicht so weit in meinem Job gefestigt, dass ich das Gefühl habe, ich könnte mir schon eine längere Auszeit erlauben. Und dann natürlich auch ein bisschen die Angst: Was mache ich denn, wenn ich frei habe?
Nun, Zeit zur Muße zu haben, kann ja auch sehr schön sein . . .
. . . aber wenn ich mal Ruhe habe, was mache ich denn dann? Wegfahren will ich nicht, denn unterwegs bin ich ja ohnehin immer – also würde ich in meiner Wohnung sitzen. Und was mache ich dann da? Ich würde morgens aufstehen, mir meinen Kaffee machen, mich mit der Zeitung ins Bett setzen und im Kaffee rühren. Dann würde ich ans Fenster gehen und denken: Was mache ich denn heute? Wahrscheinlich würde ich entweder Sport treiben oder nutzlose Dinge kaufen – oder zur Plattenfirma fahren, weil ich mich so langweile . . . Ich weiß einfach nicht mehr, wie man freie Tage verbringt.
Das ist eine sehr offene und schonungslose Selbstbetrachtung, Frau Müller – andere Künstler sind da doch sehr viel zurückhaltender, nicht zuletzt da sie fürchten, durch solche privaten Äußerungen auch angreifbar zu werden.
Sich eine Maske aufzusetzen und in Interviews genau zu überlegen, was man sagt: Mich würde das fürchterlich langweilen. Und ich hasse nichts mehr als mich zu langweilen! Dass bei mir hingegen nicht immer alles durchdacht ist und manchmal auch dahingeplappert, liegt daran, dass ich in Interviews nicht immer dasselbe sagen will. Ginge ich da rein beruflich heran wie andere Kollegen, dann hätte ich meine zehn Phrasen, die ich immer wiederholen würde.
Ina Müller & Band live: 3.11. Siegen, Siegerlandhalle, 4.11. Essen, Grugahalle (Karten an der Abendkasse), 17.11. Düren, Arena, 27.11. Koblenz, Sporthalle Oberwerth.
„Inas Nacht“, Termine: 10.11., 23 Uhr und 17.11., 23.45 Uhr, ARD
31.12. „Inas Silvesternacht“, 22 Uhr im NDR
Aktuelle Doppel-CD/DVD: Live (105 Music/Sony) ca. 27 Euro