Essen. . Wolfgang Herles, der die ZDF-Literatursendung „Das blaue Sofa“ moderiert, hat ein Buch über die Oper geschrieben. Das Ergebnis ist ernüchternd.

Wolfgang Herles’ Wortspiel ist leicht verständlich. Sein Buch heißt „Opernverführer“. Die kleine Silbe „ver“ machte uns Lust auf Sinnlichkeit – im Gegensatz zur 38. Auflage ehrenwerter Standardwerke, die die Handlung im Telegrammstil abhandeln und außerdem die Verwendung des Englischhorns in der Orchestrierung verzeichnen.

Dann aber stießen wir auf Sätze dieser Art: „Und Tosca ist wie alter Rotwein“. Oder: „Das Wunder dieser Musik besteht darin, dass im Tragischen immer auch das Komische und im Komischen das Tragische zu hören ist.“

Man könnte diese Binsen für fernsehtauglich halten, sich vorstellen, wie Elmar Gunsch an einem Rotwein – also der „Tosca“ unter den Getränken – nippt und mit Wetterberichts-Bass von der Komik in der Tragik bei „Don Giovanni“ erzählt.

Für Wolfgang Herles, der ein Jahrzehnt lang die ZDF Kultursendung „Aspekte“ leitete, ist das allerdings ziemlich wenig. So vollmundig sein Buch ein „mitreißendes Plädoyer“ zu sein verspricht, so ernüchternd farblos wirken weite Strecken der Lektüre.

Anfängern wird das Buch kaum helfen

Vor allem (und danach erst!) fragt man sich: Für wen soll dieses Buch sein? Anfängern wird es kaum helfen, auch wenn Herles den Inhalt nacherzählt und ein bisschen Werkgeschichte darüberträufelt. Spätestens beim Referieren der von Herles zur Kenntnis genommenen Inszenierungen werden Einsteiger Unsicherheit verspüren. Die scheint aber auch der Autor nicht völlig abgelegt zu haben. Fast unfreiwillig komisch nennt er „vorschriftsmäßig“, was die Partitur fürs Szenische vermerkt. Leuchtet ihm der Zugriff des Regisseurs nicht ein, fragt Herles fahl: „Was hat sich Peter Konwitschny (...) dabei nur gedacht?“

Opernkenner wird manches wundern

Opernkenner wird manches an diesem Buch wundern – Herles’ Eitelkeit nicht zuletzt. „Salzburg ist, seit ich mich Ende der achtziger Jahre mit dem damaligen Bundeskanzler am nahen Wolfgangssee zu Sommerinterviews . . .“ ist so eine alberne Einleitung, die seine subtile Kenntnis der Festspiele einleiten soll. Dann lobt Herles an Salzburg im schönsten Reiseleiterdeutsch die „herrliche Kulisse der barocken Stadt vor den Bergen“.

Zehn Opern wählt Herles für sein Projekt exemplarisch aus. Von Monteverdis „Poppea“ bis Wagners „Rheingold“. Alle entblättert er im etwa selben Mix aus einer Handvoll betrachteter Inszenierungen und den oben genannten Zutaten. Von Verführung keine Spur, ein überflüssiges Buch.

  • Wolfgang Herles: Opernverführer. Henschel, 144 Seiten, 19,90 Euro