Essen. .

Die Internationalen Spieltage in Essen beginnen am 20. Oktober. Wie finden wir das Spiel, das zu uns passt? Und wie beschenken wir Kinder richtig? Die Expertin Tina Kraft aus Marl gibt Tipps.

Spielen verbindet! Für Tina Kraft (60) ist das mehr als nur ein Slogan. Die Leiterin der Spieliothek in Marl bringt seit Jahren Spiellustige jeden Alters zusammen. Die Einrichtung hält mehr als 3000 verschiedene Gesellschaftsspiele zum Ausprobieren und Ausleihen bereit. Mit Martina Schürmann sprach sie über die Qual der richtigen Spielewahl und den Umgang mit komplizierten Anleitungen.

Frau Kraft, was ist ein gutes Spiel?

Tina Kraft: Da muss ich erst mal zurückfragen: Für wen soll das Spiel sein? Für Kinder oder Erwachsene? Für die große Runde oder den Abend zu zweit? Schach ist natürlich immer ein gutes Spiel, aber manche wollen nach Feierabend einfach nur ein bisschen Spaß haben. Gerade da haben die Verlage in den vergangenen Jahren enorm nachgeholt und mit Würfeln und Karten den „Glücksfaktor“ eingebaut. Früher hatten Zwei-Personen-Spiele ja rein taktisch zu sein. Aber angeblich haben Frauen darauf ja weniger Lust, die mögen lieber kommunikative Spiele.

Wenn die Ausgangslage geklärt ist: Wie findet man dann das passende Spiel?

Bei 400 bis 500 Neuerscheinungen pro Jahr ist das natürlich nicht leicht. Wenn man nicht gerade in einen Spieleladen mit ausgebildeten Verkäufern geht, würde ich mich vorher am besten im Internet informieren. Die Homepage vom Spiel des Jahres hat beispielsweise alle nominierten und prämierten Spiele eines Jahrgangs aufgelistet. Und in fast jeder Stadt gibt es ja Spieleclubs.

Hasani (10 li.) und Fikret (13) probieren das Spiel Villapaletti aus. Foto: Kai Kitschenberg/ WAZ FotoPool
Hasani (10 li.) und Fikret (13) probieren das Spiel Villapaletti aus. Foto: Kai Kitschenberg/ WAZ FotoPool © WAZ FotoPool

Sie gehören zur Jury, die das Spiel des Jahres für Kinder auswählt. Worauf wird geachtet?

Natürlich auf die Ausstattung, ob die ästhetisch ist, schön und stabil. Wir schauen, ob die Regeln gut zu lesen sind. Und wir ändern notfalls auch die Altersangabe. Viele Verlage schrauben die Angaben schon mal nach unten. Da wird ab vier empfohlen, obwohl das Spiel eher für Kindern ab sechs geeignet scheint.

Ist gutes Kinderspielzeug per se aus Holz?

Nicht unbedingt. 2008 haben wir beispielsweise das Spiel „Wer war’s“ prämiert. Da gab es eine elektronische Truhe. Erst haben wir alle die Augen verdreht: Muss das sein? Aber das Spiel funktioniert bestens. Weil es die Kooperation fördert, weil man ein gutes Gedächtnis braucht. Und jeder Spielverlauf ist anders.


Muss ein gutes Spiel im ersten Anlauf überzeugen?

Ich gebe jedem Spiel eine zweite Chance. Manche Spiele enttäuschen, wenn man sie als Erwachsenenrunde spielt. Und wenn man’s mit Kindern probiert, haben plötzlich alle einen Riesenspaß.

Ricardo (12) probiert das Spiel Suleika aus. Foto: Kai Kitschenberg
Ricardo (12) probiert das Spiel Suleika aus. Foto: Kai Kitschenberg © WAZ FotoPool

Viele scheitern ja schon an den bisweilen verwirrenden Spielanleitungen. Wie geht man am besten vor?

Also, ich packe ein Spiel aus und gucke erst mal ins Inhaltsverzeichnis. Das ist schon mal die halbe Miete, wenn ich das Spielmaterial kenne. Dann kann ich mir die Anleitung komplett durchlesen und versuchen, bestimmte Spielsituationen nachzustellen.

Also auf keinen Fall einfach auspacken und gleich in der großen Runde loslegen?

Besser nicht. Wir von der Spiele-Jury empfehlen sogar, ein Spiel, das man zu Weihnachten verschenkt, vorher ruhig auszupacken und einmal durchzuspielen. Kinder wollen das doch gleich ausprobieren, da muss man als Erwachsener vorbereitet sein.

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Von DerWesten

Immer mehr Spiele basieren auf dem Prinzip von Büchern oder TV- Shows wie „Schlag den Raab“. Ist das gut oder schlecht?

Die meisten Spieler, die ich kenne, brauchen sowas nicht. Aber es ist o.k, weil es Leute zum Spielen bringt, die sonst nicht dazu kommen, die vielleicht vor 50 Jahren zum letzten Mal Mensch-ärgere-dich-nicht gespielt haben.

Was ist das perfekte Spiel für Wiedereinsteiger?

Es darf nicht überfordern, aber auch nicht zu leicht sein. Anlegespiele wie „Carcassonne“ sind perfekt, wenn man schnell loslegen möchte, ohne dass jemand eine langatmige Anleitung vorliest. Was bei diesem Spiel noch besonders ist: Man kann es wirklich genauso gut zu zweit spielen wie zu fünft. Das versprechen zwar viele Spiele, weil es sich gut verkauft. Aber richtig gut funktioniert das Spiel dann meist für drei bis vier Spieler, alles andere braucht wieder Sonderregeln.