Zu den Defiziten unserer Kulturregion zählt, dass die Umgebung Mängel aufweist. Um gewisse kulturelle Magneten herum muss man jene Orte, an denen man die Kunst noch ein bisschen verdauen kann, mit der Lupe suchen. Ums schöne Dortmunder Konzerthaus herum etwa, ist allenfalls der Kartoffel-Lord (eine Imbissbude), ums Eck gibt’s Fritten, gegenüber Pizza im Stehen . . .
Aber im Bauch der westfälischen Philharmonie ist ja zum Glück das Stravinski. Warum es ausgerechnet nach dem Russen heißt, ich weiß es nicht. Im Reich der Komponisten fielen mir solche ein, die für ihr Leben gern aßen (wie Rossini) oder andere, nach denen delikate Kugeln benannt wurden. Von Strawinsky kenne ich nur die Anekdote, dass er in Nobellokalen wie der letzte Parvenu laut mit dem Messer aufs Trinkglas geschlagen hat, wenn er sich wichtig tun wollte. Andere Lösungen gerne an diese Redaktion.
Sei’s drum. Das gleichnamige Speiselokal in Dortmunds Stadtmitte ist eine ordentliche Adresse. Anzeichen für ein besonders ehrgeiziges Streben nach oben lassen sich zwar nicht ausmachen, aber für eine frisch bereitete Speise nach Sinfonie und Sonate taugt der Ort. Es gibt Leichtigkeiten vom Lamm, solide bereitete Nudel-Vegataria und Kaltes mit schönem Rohmilchkäse oder einem knackigen Salat.
Statt Grauburgunder von 2008 gab’s Weißburgunder von 2009
Der Service freilich scheint optimierbar. Die eingedeckten Wassergläser haben beide deutliche Lippenstiftspuren. Natürlich ist das aufgedonnerte philharmonische Publikum schuld. Aber jeder Hausmann weiß, dass die Spülmaschine das nicht schafft – sollten das nicht auch die Profis? Wir ordern Grauburgunder aus 2008. Es kommt Weißburgunder aus 2009. Ja, als wir sanft reklamieren, wird man regelrecht rechthaberisch, den anderen gäbe es gar nicht. Wir bleiben ruhig, lesen aus der Weinkarte vor – und dann gibt es ihn doch.
Die Rechnung kommt viel zu früh, nämlich ehe wir nach ihr fragen. Das fällt dann plötzlich auch dem Service auf. Keck lächelt die Dame, aber der Bon bleibt da. So saßen wir beim Finale mit kleinen Fehlern. Kunstfehler waren es nicht.
Preise: Angesichts der Qualität eher etwas zu hoch. Aber die Umgebung bedingt es
Ambiente: Sehr schöner, etwas kühler Lounge-Stil. Negativ fällt die Zufuhr der Bratdüfte auf, wenn man im mittleren Teil sitzt
Service: Durchaus freundlich, aber am Schnürchen läuft’s nicht
Stravinski im Konzerthaus Dortmund, Brückstr. 21, 44135 Dortmund, 0231-58449850, www.restaurantstravinski.de