Der verstorbene James Brown hatte einen ungeheuren Einfluss auf den Pop, der nach ihm kam, von Mick Jagger bis hin zu Prince. Ein Gespräch mit dem Brown-Kenner Fred Kogel, der eigentlich eher als Produzent von Harald Schmidt bekannt ist.

Fred Kogel ist die graue Eminenz des Show-Geschäfts. Er gilt als so clever, dass selbst ein erfolgreicher Film-Mann wie Til Schweiger auf seinen Rat zurückgreift. Dabei wird oft vergessen, dass Kogels wahre Leidenschaft die Musik ist. Kein Wunder, dass der ehemalige DJ kundige Kommentare zur James-Brown-Kompilation „Time For Payback“ (Universal) schrieb. Jürgen Overkott erklärte er, was ihn am Godfather Of Soul fasziniert.

Man sagt, dass der Musik ihre große Liebe gehört . . .

Fred Kogel: Ja, sicherlich. Ich bin seit 35 Jahren begeisterter Musikfan. Ich sammle Musik, habe eine riesige Platten- und CD-Sammlung. Das hat auch mit meiner früheren Hörfunktätigkeit zu tun.

Aber seit 20 Jahren haben Sie mehr mit Film und Fernsehen zu tun.

Kogel: Musik bleibt mein größtes Hobby. Ich arbeite Musikstile akribisch auf, wenn Sie mal an mir vorbeigegangen sind.

Spielen Sie selbst?

Kogel: Ich spiele Klavier und habe mir, zum Ausstieg aus der Constantin Film AG vor anderthalb Jahren, eine Gitarre schenken lassen. Ich versuche seither, Gitarren-Unterricht zu nehmen, aber das ist mir noch nicht gelungen.

Welche Gitarre haben Sie sich gegönnt?

Kogel: Eine Gretsch, eine halbakustische, dieses Brian-Setzer-Modell.

Das klingt nach Rock’n’Roll, Ihr Herz schlägt aber für James Brown.

Kogel: James Brown ist ein ganz wichtiger Künstler, wenn man sich mit seiner Biografie beschäftigt. Er ist aber kein Künstler, zu dem man leicht Zugang findet. In Deutschland sind nur drei Stücke von ihm wirklich bekannt: „I Feel Good“, „Sex Machine“ und dann, vielleicht, noch „It’s A Man’s, Man’s World“. Wenn man nicht mit James Brown groß geworden ist, muss man sich einhören oder Fan von Prince sein, um Browns Qualitäten zu entdecken.

Haben Sie den Zugang zu James Brown über Prince gefunden?

Kogel: Nein, nein, ich habe den Zugang zu ihm in der Teenagerzeit gefunden – und zwar zunächst, Anfang der 70er, über „Sex Machine“. Ich war damals 12, 13 Jahre alt. Ich habe James Brown über seine Platzierungen in der Hitparade wahrgenommen – und über AFN. Den Sender konnten wir in München gut empfangen.

Aus heutiger Sicht ist die Botschaft „It’s A Man’s, Man’s World“ veraltet.

Kogel: Sicher. Heute ist dieser Song aus einer Macho-Welt nicht mehr richtig, aber in den 60er-, 70er-Jahren hat er den Zeitgeist gespiegelt. Trotzdem habe ich Sympathie: Der Song ist eine Liebeserklärung an die Frauen – ohne die Frauen wären die Männer nichts.

Sie betrachten Brown aus der Distanz. Was bleibt?

Kogel: Er ist Erfinder des Funk und auch der Disco-Musik . . .

. . . heftige Synkopierung, fette Bässe . . .

Kogel: . . . das ist seine musikalische Leistung. Außerdem hat er gesellschaftspolitisch in den 60er-Jahren für Amerika eine große Rolle gespielt. Zu Zeiten von Martin Luther King hat er seine größten Erfolge gefeiert. Er hat auch politische Songs geschrieben wie „Say It Loud I’m Black And Proud“. Nach der Ermordung von Martin Luther King gab es in Ghettos amerikanischer Städte Aufstände, und James Brown hat durch Frei-Konzerte dafür gesorgt, dass soziale Spannungen abgebaut wurden.

Brown auf der Bühne – das war immer etwas Besonderes. Warum?

Kogel: James Brown war als Performer derart dynamisch, dass Prince und Michael Jackson ihm Teile seiner Moves und seiner Bühnen-Show abgeschaut haben, übrigens auch Mick Jagger. 1964 gab es eine amerikanische Fernsehshow namens „T.A.M.I. Show“. An einem Abend waren James Brown und die Stones dabei, die zum Schluss auftraten. Bei dieser Show machte Brown zum ersten Mal diese Splits und Breaks und Spagate, die man heute mit ihm verbindet. Es heißt, dass Jagger den Auftritt hinter der Bühne verfolgte und die Bewegungen von James Brown sofort kopierte.

  • James Brown, „Time For Payback“ (Universal)