Mehr Verständnis für merkwürdiges Verhalten – das eigene und das der Kollegen. Ein kleiner Ratgeber
Eine Kollegin kommt stets zu spät, hat aber noch nie ihren Flug in den Urlaub verpasst. Ein Kollege macht aus jeder Diskussion einen Machtkampf. Und ein Chef duldet neben sich nur schleimende Ja-Sager. Hinter solch widersinnigem Verhalten steckt immer ein handfester Nutzen, meint Roland Kopp-Wichmann. Doch fragen bräuchte man den Betreffenden nicht danach. Denn er würde gar nicht wissen, „warum er sich so bescheuert verhält“.
Das ist das große Problem an den vielen kleinen Problemen im Arbeitsalltag: Oft läuft das Verhalten unbewusst ab, so der Psychologe, Coach und Paartherapeut. Denn wer als Kind gelernt habe, wie er zum Beispiel auf Kritik reagieren sollte, werde sich als Erwachsener automatisch so verhalten, meint der Autor von „Ich kann auch anders – Psychofallen im Beruf erkennen“. Und verrät durch diesen Titel schon – wie es sich für einen anständigen Ratgeber gehört –, dass die Lösung in dem Buch gleich mitgeliefert wird: intensive Selbstreflexion.
Mithilfe von vielen Beispielen, einer schwungvollen Schreibe und eindringlicher Rhetorik, zeigt der ehemalige Werbetexter, warum wir uns selbst – ja, wiederholen wir es – „so bescheuert verhalten“. Das hat viel mit den „Inneren Antreibern“ zu tun: Während bei dem einen der Anspruch „Sei perfekt“ überwiegt, ist es beim anderen „Sei stark!“ oder „Mach es allen recht“. Ein kleiner Test zeigt einem schnell, welchen Inneren Antreibern man selbst gehorcht.
Wer jedem alles recht machen möchte, wird eine der häufigsten Psychofallen kennen: „Ich kann schlecht ,Nein’ sagen“. Kopp-Wichmann beschreibt, wie überfordert sich solche Menschen fühlen und gleichzeitig andere als egoistisch einstufen, die das „Nein“ nicht verbannen. Er erklärt, wie man seine eigenen Wünsche berücksichtigt anstatt sie zu verraten.
Danach analysiert er weitere Fallen, die Angst vor Konflikten etwa, oder die unstillbare Suche nach Anerkennung. Dadurch lernt man über sich und die Kollegen eine Menge. Alle Probleme wird man so natürlich nicht lösen können, aber mehr Gelassenheit im Arbeitsalltag ist ja bereits ein Gewinn. Auch Kopp-Wichmann vertritt den Grundsatz jeder Therapie: Nicht die Menschen kann man ändern, aber die „eigene Art, Geschehnisse zu bewerten“.