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Paul Weller ist selbst zur Stilikone geworden, die nie verharren will, die immer wieder andere Impulse sucht. Das nunmehr zehnte Einzelwerk „Wake Up The Nation” legt davon beredtes Zeugnis ab. Ein Knaller der – grob gesagt – die Hektik und Enge des Großstadtlebens spiegeln soll.

Früher konnte man die Entwicklung von Paul Weller an den Gruppen ablesen, die er ins Leben rief. Seit Anfang der 90er-Jahre aber, nach The Jam und Style Council, ist Paul Weller mit seiner Kunst alleine, nimmt er Soloalben auf, in die man nun genauer hineinlauschen muss, um musikalische Einflüsse und Veränderungen wahrzunehmen. Die Gruppen repräsentierten Stile, nun ist Weller selbst zur Stilikone geworden – die nie verharren will, die immer wieder andere Impulse sucht. Das nunmehr zehnte Einzelwerk „Wake Up The Nation” legt davon beredtes Zeugnis ab.

Den tagträumerischen Exkursionen auf seiner letzten Platte „22 Dreams” lässt er nun einen Knaller folgen, der – grob gesagt – die Hektik und Enge des Großstadtlebens spiegeln soll. Also keine Folk-Anklänge mehr, keine Akustikinstrumente und das Heraufbeschwören ländlicher Idylle. Dafür nun verstärkt Rock-Grooves, an David Bowie gemahnende Gitarrenriffs und gelegentlich auch wagemutig aufschimmernde atonale Klänge.

Für insgesamt 16 Titel benötigt Weller kaum mehr als 40 Minuten, was aus fast allen Nummern knappe, einprägsame Statements macht – voller Wut macht er dabei seinem Ärger über die Deformierung des Gegenwartsmenschen Luft. Vor allem zu Beginn lockt er den Zuhörer mit eingängigen Strukturen, die sich wie eine Hit-Sammlung anhören. Dazu gehört das elektrisierende Titelstück mit all seinem Kulturpessimismus wie auch das gleich darauf folgende „No Tears To Cry”, das wie eine Aufnahme der Walker Brothers aus den 60er-Jahren klingt.

„Curse those fuckers in the castle“

Für „Trees”, den berührend-deprimierenden Lebensrückblick einer Frau und eines Mannes, stromert Weller gleich durch vier unterschiedliche Musikstile.

Nach 28 Jahren spielt „Jam”-Gitarrist Bruce Foxton erstmals wieder mit Paul Weller zusammen, weshalb „Fast Car/Slow Traffic” auch ein wenig wie das alte „London Traffic” schmeckt. Mit Kevin Shields von „My Bloody Valentine” wagt er sich auf Avantgarde-Pfade, wo er gegen schräge Klänge auch die Königsfamilie verflucht („Curse those fuckers in the castle”). „Find The Torch, Burn The Plans” mit seinem beschwörenden Chorgesang macht Vorschläge zur Lösung. Was beim ersten Hören noch befremdlich klingen mag, beim zweiten Durchgang ist man drin – und süchtig.