Essen. .

Comissario Brunetti löst seinen 18. Fall. „Schöner Schein“ heißt der neue Venedig-Krimi der amerikanischen Autorin Donna Leon, und damit, meint Lars von der Gönna, ist schon viel über das Buch gesagt - Leser gondeln durch eine Lagune der Langeweile.

Es ist ja im Kulturkonsum keine Rarität, dass man sich Jahre danach fragt, was um Himmels Willen einem diese Begeisterung entlockt hat. Im Falle Donna Leons scheint die Antwort einfach. Die Autorin selbst hat ihr Thema zu Tode geritten. Es ist ausgepresst bis auf den letzten Trester, dem Guido Brunetti seinen abendlichen Grappa verdankt.

„Warum nimmst du ruote zu dieser Sauce“, fragt der Comissario in „Schöner Schein“ (Diogenes, 21,95 Euro) seine Frau. Damit ist viel gesagt über das, was man sich an abgespulter Italianità der Amerikanerin Leon über die Jahre dankbar hat bieten lassen.

345 Seiten hat Leons neuer Venedig-Krimi. 345 Seiten zwischen Küchentisch und Questura, Blut und Kaffee. Ist „Schöner Schein“ gar nicht schlechter als seine 17 Vorgänger? Denn waren auch sie nicht immer schon völlig unliterarisch und zu fünf Fünfteln spannungslos? Sie waren es. Aber Fans fanden sie komisch (dumme Vorgesetzte, haha), atmosphärisch („Sie kamen an Goldonis Haus vorbei . . .“), ja sie gehörten für viele schlichtweg zum Leben. Es gibt keinen Grund, das zu kritisieren. Man könnte höchstens deprimiert sein darüber, wie viele gute Romane solche Popularität nie erlangen.

Es stinkt manches zum Himmel

Brunetti (dies zum Fall, der wie immer von gesellschaftlichem Belang ist und wie fast immer bei Leon eine recht banale Auflösung erfährt) begegnet bei einem Essen bei den Schwiegereltern der Frau, die sie „La Superliftata“ nennen. Die überoperierte Schöne ist die Frau eines Mannes, der Brunettis Schwiegerpapa Geschäfte anbietet. Wenig später stinkt manches davon zum Himmel: die Stadt Venedig, der Müll, die Mafia, der Tod. . .

Wie so oft liefert Donna Leon ein aktuell relevantes, sehr sauber recherchiertes Thema. Doch inzwischen wünscht man sich, sie machte einen soliden Dokumentarfilm daraus. Weil sie es aber nicht tut, quälen wir uns durch jenen Leon’schen Kulturpessimismus, den sie ihren Helden ins Hirn pflanzt und dessen Erkenntnisse schlicht nicht brillant genug sind, um durch diese gigantische Lagunen-Langeweile zu gondeln.