Essen. Massive Attack sind zu alter Stärke zurückgekehrt. Auf dem neuen Album „Heligoland” knüpfen ihre TripHop-Experimente dort an, wo die 90er-Jahre am traurigsten waren.

Da sind sie wieder, die Sounds, die sich schwer, aber nicht unangenehm aufs Gemüt legen; die sich langsam unter die Haut schieben; die einen ganzen Tag mit einem Grauschleier bedecken können. Da sind Massive Attack, denen es anfangs der 90er gelungen ist, Melancholie bei Akademikern zum klischeebefreiten Trendgefühl zu machen, indem sie den Musikstil TripHop erschufen. Langsamer und komplexer als Drum'n'Bass, zugleich eleganter als Techno.

Massive Attack hatte eine ganze Batterie von Hits, „Unfinished Sympathy”, „Safe From Harm”, „Protection” oder das bis heute viel zitierte, nie erreichte „Teardrop”. Letzteres auf dem Album „Mezzanine”, das in seiner Schwermut und Erhabenheit unerreicht ist. Das war vor fast zwölf Jahren. Und in gewisser Weise ist „Heligoland” (Virgin) der legitime Nachfolger, denn das 2003 veröffentlichte „100th Window” war eher ein Solo-Projekt von Robert „3D” Del Naja, der damals ohne Grant „Daddy G” Marshall operierte.

Nebliger Klangkosmos

Massive Attack brauchen auf „Heligoland” keine 30 Sekunden, um uns mit einem minimalistischen Drumloop und ein paar Moll-Akkorden auf dem Piano wieder in ihren nebligen Klangkosmos zu ziehen – und es ist ein Genuss, wenn Tunde Adebimpe von der New Yorker Band TV On The Radio die auf den Punkt gebrachten Zeilen von „Pray For Rain” singt. Wie bei jedem Album haben Massive Attack Gastsänger angeheuert, etwa Guy Garvey von Elbow, Hope Sandoval, Damon Albarn und Martina Topley-Bird.

Man könnte denken: Alles beim Alten. Doch das ist der Trick von Massive Attack: Nichts bleibt je beim Alten, jeder Song ist Experiment, ist das Ergebnis von Robert Del Najas wahnhaftem Bestreben, sich nie zu wiederholen. Das ergibt schöne Kontraste, wie beim verstörenden Elektrogewitter in „Flat Of The Blade” (Gesang Guy Garvey), das so ganz anders zu sein scheint als Albarns fast poppiger Track „Saturday Came Slow”.

Ein starkes Album, das den Anschluss an Massive Attacks große Zeit nicht verpasst.