Essen. Heinz Rühmann wurde mit Filmen wie „Die Feuerzangenbowle“ berühmt. Seine Wurzeln liegen im Ruhrgebiet. Ein Rückblick auf ein bewegtes Leben.

Wir schreiben September 2002. Als Hauptgang des „Rühmann-Menüs“ serviert das Hotel „Handelshof“ in der Essener Innenstadt Schmorbraten in Malzbiersoße, zum Dessert gibt es warme Vanilleschnitten mit Sauerkirsch-Sauce. Es sind genau jene Gerichte, die Heinz Rühmanns Mutter Margarethe 1915 als Köchin in eben diesem „Handelshof“ zubereitet hatte.

Einige hundert Meter weiter auf der Einkaufsmeile Kettwiger Straße liegt das legendäre Traditionskino „Lichtburg“, das wie kein anderes Lichtspieltheater in Deutschland den Charme der 50er-Jahre verkörpert. Dort gibt die Stadt Essen aus Anlass des 100. Geburtstages eines ihrer berühmtesten Söhne einen Empfang. Mit dabei sind seine Witwe Hertha Rühmann, Schauspielerin Anouschka Renzi, Produzent Gyula Trebitsch und viele andere.

Als der rote Samtvorhang aufgeht, sehen die Gäste eine Filmcollage mit berühmten Filmszenen und nachgespielten Kindheitserinnerungen des „größten deutschen Schauspielers des 20. Jahrhunderts“. Mit diesem Titel wird Heinz Rühmann geehrt.

Rühmanns Eltern betrieben Bahnhofsgaststätte in Wanne

Heinz Rühmann dürfte auf seine Kindertage im Revier wohl mit gemischten Gefühlen zurückgeblickt haben. Am 7. September 1902 in Essen geboren, steht er schon als Fünfjähriger auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Genauer gesagt: er sitzt. Und zwar in der Bahnhofsgaststätte von Wanne, heute ein Ortsteil von Herne, die seine Eltern erfolgreich betreiben. Jedenfalls platziert ihn sein Vater auf der Theke und lässt ihn Gedichte aufsagen – sehr zum Vergnügen der Stammgäste.

Ein prägendes Erlebnis für den Jungen. Von da an steht für ihn fest, dass er eines Tages Schauspieler werden würde. Ermutigt durch den Erfolg in Wanne, übernehmen die Eltern 1913 den neu eröffneten, sehr ambitionierten Handelshof, was schon im selben Jahr mit einem finanziellen Fiasko und der Insolvenz endet. Daran scheitert letztlich auch die Ehe, die im März 1915 geschieden wird. Der Vater zieht nach Berlin, wo er wenig später stirbt. Die Mutter lässt sich mit dem jungen Heinz und seinen beiden Geschwistern in München nieder.

Essener wird beliebtester Schauspieler seiner Zeit

Den Durchbruch als Filmschauspieler schafft Rühmann 1930 mit der Hauptrolle in „Die Drei von der Tankstelle“ und wird schnell zum beliebtesten Schauspieler seiner Zeit. Auch „Quax, der Bruchpilot“, in Kriegszeiten (1941) gedreht, trägt zur Popularität bei. Als eine Art Antiheld, klein von Statur, aber pfiffig, verschmitzt und charmant, folgen in der Nachkriegszeit Kassenschlager wie „Der Hauptmann von Köpenick“, „Es geschah am hellichten Tag“ oder „Pater Brown“, die noch heute Zuschauer begeistern. Er ließ nie einen Zweifel daran, dass der Erfolg auf der Leinwand harte Arbeit bedeutet. So sagte er gern: „Das Theater ist nun mal kein Schlaraffenland, in dem einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegen.“

Kleines Rätsel zum Schluss: Welches Getränk wurde zum Abschluss des Abends im „Handelshof“ gereicht? Feuerzangenbowle natürlich! Heute ist der „Handelshof“ ein modernes Business-Hotel. An Heinz Rühmann erinnert eine Gedenktafel an der Fassade.

Aus: Ruhrgebiet für Kenner. Wahres, Rares, Erstaunliches von Rolf Kiesendahl und Sylvia Lukassen, Ellert Richter Verlag Hamburg, 12 Euro.

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