Ihr Name ist auf den gelben Etiketten der Champagnerflaschen zu lesen: Veuve Clicquot. Eine neue Biografie erzählt das Leben der ungewöhnlichen Unternehmerin, der Witwe Clicquot, die den Schaumwein in einen Luxusartikel verwandelte
Küsse zu Neujahr und Freudentränen zur Hochzeit sind die Begleiter des Champagners. Er ist ein Symbol für Stil und gutes Leben, aber auch für Neubeginn. Daher servieren wir ihn zum Start einer neuen Rubrik, in der nun jede Woche spannende Sachbücher vorgestellt werden. Wie es sich für eine Literaturseite gehört, lassen wir die Korken literarisch knallen: mit der Geschichte über Veuve Clicquot.
Die Witwe Clicquot übernahm im 19. Jahrhundert die Weinhandlung ihres früh verstorbenen Mannes und setzte sich über Kriegswirren und Konventionen hinweg, um die Familienfirma in ein Imperium zu verwandeln. Die Kulturhistorikerin Tilar J. Mazzeo beschreibt beschwingt das Leben der ungewöhnlichen Unternehmerin. Da sie keine Tagebücher fand und nur wenige Briefe, bleibt es mitunter bei Mutmaßungen. Aber auch die Erzählung, wie es hätte sein können, liest sich spannend.
Verblüffende Forschungsergebnisse
Das Buch ist nicht nur eine Biografie. Mazzeo malt auch ein Bild vom Leben als Frau im damaligen Frankreich und weiht in die Weinherstellung ein. Dabei verblüfft sie mit überraschenden Forschungsergebnissen: Nicht die Franzosen, nein, die Briten sollen den Schaumwein erfunden haben. Eher zufällig, weil sie den Wein aus Frankreich schon früh in Flaschen abfüllten. In dem luftdichten Gefäß gärten Hefe und Zucker erneut. Und das ließ den Wein perlen.
Dom Pérignon, dem französische Historiker die Erfindung weiterhin zuschreiben möchten, wollte die Bläschen lieber loswerden, so Mazzeo. Teufelswein nannte man ihn damals. Und selbst, als man das perlende Getränk in einen Luxusartikel verwandelte, war es so süß, dass man heute im Vergleich dazu Dessertwein als herb bezeichnen würde. Gerne wurde Champagner mit Zuckersirup „verfeinert”.
Das Rüttelverfahren
Trüb war er zudem. Sein goldenes Aussehen ist auch ein Verdienst der Witwe Clicqout. Sie entwickelte das schnelle „Rüttelverfahren”, um ihn von Rückständen zu befreien.
Obwohl sich nur Sekt aus der Champagne Champagner nennen darf, gab es in der Region Konkurrenz. Die Witwe neidete dem Winzer Moët seinen Champagner. Napoleon fand die heute noch bekannte Sorte besser. Den russischen Markt sollte Moët nicht auch noch erobern. So ließ Clicqout ihren Champagner heimlich gegen alle Handelsverbote verschiffen. Ein waghalsiges Unternehmen. Und eine prickelnde Geschichte, die schmeckt. Zu einem Preis, für den man keine Flasche Veuve Clicquot bekommt.
Tilar J. Mazzeo: Veuve Clicquot, Hoffmann und Campe, 320 Seiten, 19,90 Euro