Essen. Coach Katja Michalek weiß, wie man trotz Hindernissen sein Ziel nicht aus den Augen verliert. Privat organisiert sie nun einen Wohltätigkeitslauf.

Katja Michalek war sich sicher: „Ich bin ein absoluter Nicht-Läufer.“ Joggen? Das ist etwas für andere. Sie selbst kann das nicht – so lautete ein tief in ihr verankerter Glaubenssatz. Doch dann fuhr die Essenerin Ende 2019 mal wieder an den Baldeneysee und stellte dort angekommen fest: Sie hatte ihre Stöcke vergessen. „Ohne Stöcke zu walken, finde ich wahnsinnig langweilig.“ Ihr blieben zwei Möglichkeiten: Zurück nach Hause – keine Lust. Oder es doch mal mit dem Laufen zu probieren. Also googelte sie nach einem Plan für ein Intervall-Training. Die erste Einheit: achtmal zwei Minuten joggen mit je zwei Minuten Pause dazwischen. „Bei den ersten zwei Minuten habe ich gedacht, ich muss sterben.“

Aber aufgeben? Die 48-Jährige sieht ihre Berufung darin, andere Menschen auf dem Weg zu ihren persönlichen Zielen zu begleiten. Dass das nicht immer ein Spaziergang ist, weiß sie nur zu gut aus eigener Erfahrung. Mit 40 hat sie sich beruflich neu erfunden, hat ihren Job als Führungskraft in einem großen Unternehmen aufgegeben und sich selbstständig gemacht, als Trainerin. Doch dann wurde ihr Mann krank: Multiple Sklerose. Und damit stand die Frage im Raum: Wie schaffen wir das als Familie? Schließlich waren da auch noch die kleinen Söhne, zwei und vier Jahre alt. Also wurde aus der Teilzeit-Selbstständigkeit ein richtiges Business. Heute hilft die 48-Jährige anderen, beim Erreichen ihrer Ziele trotz Widerständen.

Sucht Euch Herausforderungen!

Katja Michalek hat heute keine Probleme mehr mit längeren Laufstrecken.
Katja Michalek hat heute keine Probleme mehr mit längeren Laufstrecken. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

„Widerstände können vielfältig sein“, erklärt die Trainerin. „Sie können gesundheitlicher Natur sein. Oder in der Pandemie kündigt der Arbeitgeber Kurzarbeit an. Oder man postet auf Social Media einen Beitrag und ein Shitstorm bricht über einen herein. Widerstände sind all die großen und kleinen Dinge, die nicht nach Plan laufen.“ Die Menschen reagierten ganz unterschiedlich darauf: „Einige starren auf dieses Hindernis wie das Kaninchen auf die Schlange, und andere finden Wege. Weil sie vielleicht auch darin geübt sind, Hindernisse beiseite zu räumen.“ Katja Michalek ist der Meinung, dass Eltern ihren Kindern keinen Gefallen tun, wenn sie sie zu behütet aufwachsen lassen, ohne dass sie mal ihre Probleme selbst lösen. Auch Erwachsenen rät sie: „Sucht Euch Herausforderungen!“ Und dann sollte man sich dafür feiern, dass man sie gemeistert hat, damit man sich daran erinnert, sobald man den nächsten Stein auf seinem Weg wegräumen muss. „Je häufiger wir uns Herausforderungen stellen, desto gewohnter sind wir es, dann auch Lösungen zu finden.“

Positive Geisteshaltung

Somit seien Widerstände grundsätzlich nicht per se schlecht. „Sie bergen auch eine Chance.“ Und wenn es nur die sei, dass man stärker wird für die weiteren Widerstände des Lebens.

„Es ist hilfreich, eine positive Einstellung zu haben, optimistisch zu sein und davon auszugehen, dass alles seine positive Seite hat“, betont Katja Michalek. „Natürlich passieren schlimme Dinge, und es geht gar nicht darum, sich alles schönzureden. Aber es nützt ja manchmal nichts, wir müssen durch manche Situationen einfach durch. Und das fällt leichter, wenn wir eine positive Geisteshaltung dazu entwickeln können.“

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Widerstände zwingen einen außerdem, genau hinzugucken. Dann erkennt man vielleicht, dass man nicht einfach so weitermachen kann wie bisher, sondern einen anderen Weg nehmen muss. „Vielleicht kann man etwas ganz Neues daraus gestalten, auf die Idee wäre man vorher vielleicht gar nicht gekommen.“ So konnte Katja Michalek in der Pandemie nicht mehr ihre Führungskräfteseminare geben. Was tun? Sie hat Einzelcoaching angeboten, auch online. Schließlich hat sie alte und neue Erfahrungen gebündelt, ihre eigene Methode entwickelt, die Resi-Methode, mit der sie Unternehmer und Unternehmerinnen dabei unterstützt, mit Hilfe einer Vision die Mitarbeitermotivation zu steigern. Resi steht für Resilienz, die mentale Widerstandskraft – auch gegen Widerstände.

Die fehlenden Stöcke am Baldeneysee brachten sie ebenfalls erst dazu, sich mit dem Laufen fit zu halten. Sie setzte sich zum Ziel, eine halbe Stunde am Stück zu laufen. Der Trainingsplan sah acht Wochen dafür vor, „ich habe es in sechs Wochen geschafft.“

Widerstands-Verstärker ausbremsen

Hat sie so verbissen ihr Ziel verfolgt? „Nein, ich kann auch sehr lieb mit mir sein“, sagt Katja Michalek lachend. Außerdem strebe sie nach wie vor keinen Marathon an. Aber aus ihrem Coaching weiß sie, wie man sich auf Kurs bringt. So hat sie zum Beispiel selbst für ein wenig soziale Kontrolle gesorgt und Menschen erzählt, dass sie nun Joggen geht. Das ist ganz wunderbar, wenn die Leute einen anspornen, Tipps geben oder gleich selbst mitlaufen. Aber es gibt auch Menschen, die einen stoppen: „Du bist doch schon über 40, da musst du auf deine Knie aufpassen!“ Oder: „Nicht dass du abhängig wirst, sonst hast du nachher Ermüdungsbrüche.“ Katja Michalek: „Das wollte ich gar nicht hören.“

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Was macht man bei solchen Widerstands-Verstärkern? „Ich bin kein Fan davon zu sagen, dass man solche Kontakte kappen soll. Aber man kann schon schauen, mit welchen Menschen man sich umgibt“, rät Katja Michalek. Schließlich sei man ja der Durchschnitt der fünf Menschen, mit denen man die meiste Zeit verbringe. Auch sollte man bewusst die Medien auswählen, mit denen man sein Gehirn füttert. Ob Autobiografie oder Podcast – dort gibt es auch neue Sichtweisen und Menschen, die einen bestärken. Wichtig sei es, dass man den Weg in seinem Rhythmus geht, den eigenen Stärken entsprechend und mit Freude – damit man auch durchhält. Und sich nicht von Glaubenssätzen abhalten lässt wie: Ich kann das nicht! Ich bin zu alt, zu jung, zu was auch immer.

Teilerfolge notieren

Hilfreich sei es ebenfalls, Zwischenschritte und Teilerfolge zu notieren, insbesondere, wenn der Widerstand übergroß wirkt. „Manchmal hilft es, einfach loszulegen und kleine Schritte zu gehen.“ Auch Katja Michalek hat schließlich beim Laufen mit den ersten zwei Minuten Joggen begonnen.

Es müsse auf jeden Fall das eigene Ziel sein – und nicht überzogene oder unpassende Erwartungen, womöglich von anderen Menschen. Als Katja Michalek sich vornahm, an den Start für einen zehn Kilometer langen Volkslauf zu gehen, war die Motivation schnell verflogen. Doch eine Tour um den Baldeneysee, die mit 14,7 Kilometern ja noch um einiges länger ist – das war ein Ziel, das sie reizte. So entstand der „Resi-Run“, bei dem sie die Runde mit Gleichgesinnten dreht. Am 12. Juni wird es den nächsten geben. Dieses Mal sammeln die Laufenden zudem Geldspenden für die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft. Es soll den Menschen zugute kommen, die wie Katja Michaleks Mann aufgrund der Krankheit beim Gehen eingeschränkt sind. Und das ist für Katja Michalek eine „kraftvolle Vision“ und für sie somit eine noch viel größere Motivation, beim Laufen dranzubleiben.

>>> Anmeldung für den Resi Run

Der Wohltätigkeitslauf „Resi Run“ findet am Sonntag, 12. Juni, um 11 Uhr statt: Es geht entweder einmal um den Baldeneysee, 14,7 km, oder Teilnehmende können auch virtuell an einem anderen Ort mitjoggen und den Weg über eine Lauf-App dokumentieren.

Der Resi-Run steht für alle Menschen ab Jahrgang 2004 offen, die Teilnehmerzahl für den Lauf vor Ort ist auf 150 Menschen begrenzt. Jede Person bekommt ein gelbes T-Shirt und im Anschluss eine Urkunde. Die Startgebühr beträgt 33,14 €, der Erlös geht an die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft. Weitere Informationen und Tickets, die man bis zum 22. Mai erwerben kann, unter:

katjamichalek.de/resirun2022