Dortmund. Die Familie zu Knyphausen lebt seit 700 Jahren auf Schloss Bodelschwingh, das Anfang September wieder zur „Gartenflair“-Ausstellung einlädt.
Wenn man mal 23 Generationen zurückblickt, so ins 14. Jahrhundert, dann erscheint eine Episode wie die jetzige vergleichsweise klein im Fluss der Geschichte. Denn so lange lebt die Familie von Felix zu Knyphausen bereits auf Schloss Bodelschwingh in Dortmund, das Haus von den Gräften umspült, die vom Bodelschwingher Bach gespeist werden, umgeben vom 10 Hektar großen Park. Diese Zeiten sind natürlich trotzdem nicht normal – doch Anfang September kehrt ein gutes Stück Normalität zurück nach Bodelschwingh, denn dann laden Baron Felix (45) und Baronin Mireta zu Knyphausen (44) auf ihrem Privatbesitz zur „Gartenflair“. Den Handwerks- und Erlebnismarkt haben die beiden vor acht Jahren ins Leben gerufen – und es ist eine der wenigen Gelegenheiten im Jahr, Schloss Bodelschwingh zu besuchen.
„Da wir selbst unseren Park sehr lieben, soll die Gartenflair möglichst die Ästhetik des Ortes aufnehmen – und das klappt aus unserer Sicht auch ganz gut“, sagt Mireta zu Knyphausen. Ästhetik heißt in diesem Falle, dass man durch einen englischen Landschaftsgarten aus dem 19. Jahrhundert spaziert, der Elemente des vorherigen Barockgartens aus dem 17. Jahrhundert übernommen hat mit seinen symmetrischen Barockformen: Etwa eine Freitreppe, die mit allegorischen Skulpturen die vier Jahreszeiten darstellen – wobei eine der Figuren fehlt. Eduard Petzold (1815-1891), ein großer Landschaftsarchitekt der Muskauer Schule, hat den Garten einst so angelegt – und hat die symmetrischen Rhododendren aus barocken Zeiten bewusst stehen lassen. Der Park ist selbst ein Stück der Familiengeschichte: „Wir teilen und zeigen den Park schon in einem gewissen Rahmen, aber wir empfinden ihn auch als etwas Persönliches. Er soll als mehr verstanden werden als eine reine Kulisse für Hochzeitsfotos“, sagt Mireta zu Knyphausen.
„Es ist uns ein Anliegen, dass auch die Kinder etwas davon haben.“
Auf den großen Grünflächen stehen schon die weißen Zelte, die am ersten Septemberwochenende die Aussteller der Gartenflair beherbergen werden. Dabei gibt es dann eine Mischung aus Gartendekoration, Wohnen, Mode – und allem, was der Lebensfreude dient. Also auch Speisen und ein paar gute Tropfen. Drumherum ein Programm mit Musik, Tänzern, Stelzenläufern, für die Kinder ein Stockpferd-Turnier – und über die Wassergräben mit ihren Seerosen kann man mit dem Boot rudern, was auch nicht alle Tage geschieht. „Es ist uns ein Anliegen, dass auch die Kinder etwas davon haben. Weil wir selbst drei Söhne haben, die bei Veranstaltungen auch etwas erleben wollen. Das finden wir schön und wichtig“, so die Schlossherrin. „Und wir richten es selbst aus, damit wir der Gartenflair unsere Handschrift verleihen können“, ergänzt Felix zu Knyphausen, der zurzeit auch selbst mit anpackt, damit alles rechtzeitig so aussieht, wie das Paar es sich vorstellt.
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Auf die Idee kamen die Knyphausens, als sie bei einer Flowershow in England zu Gast waren. Baron Felix: „Es ist ein wahnsinniger Aufwand, so ein Gelände zu pflegen. Es wurde lange privat genutzt mit wenigen Ausnahmen. Und uns kam der Gedanke, mit dem Park etwas zu machen, was dabei hilft, ihn zu erhalten, so dass er sich ein bisschen mitfinanziert.“
„Die schönste Sumpfzypresse Westfalens...“
Der Park selbst könnte Geschichten erzählen, etwa die alte Mühle in einem lauschigen Winkel des Parks. Oder die gewaltige Sumpfzypresse, die es im Zweiten Weltkrieg auch nicht leicht hatte, weil sie bei einem Bombardement gekappt wurde: „Es gibt handschriftliche Erinnerungen einer Großtante meines Mannes, darin sagte sie: Das ist so schade, weil das doch die schönste Sumpfzypresse Westfalens war.“ Doch der Baum erholte sich, genau wie nach dem großen Pfingststurm 2014, als er abermals gekappt wurde.
Neben diesem gibt es einige Baum-Seltenheiten im Park zu entdecken, denn natürlich sammelte man hier seinerzeit auch Exoten.
Ein Erlebnis, bei dem auch auf die Sicherheit geachtet wird
Ursprünglich war das ganze Gelände von Schloss Bodelschwingh mehr als 30 Hektar groß, aber in den 1960er-Jahren wurde es durch den Bau der A45 geteilt. Übrig blieb ein immer noch sehr stattliches Anwesen mit 16 Hektar, mehr als die Hälfte davon gehören zum Park. Die Wirtschaftsgebäude werden heute vermietet als Wohn- und Büroräume. Auf der Wiese vor den Gebäuden stehen ebenfalls mehrere Sandstein-Statuen, die aber im Laufe der Zeit durch sauren Regen so sehr gelitten haben, dass sie teils aussehen wie moderne Skulpturen. Neben dem Schloss steht mit einer alten Uhr der Vogtsturm, der noch älter ist als das Schloss selbst. Ritter Speke, der Erbauer von Schloss Bodelschwingh, wohnte im 14. Jahrhundert noch darin.
In diesem Ambiente werden bei der „Gartenflair“ historische und moderne Elemente miteinander verschmelzen – und natürlich mussten bei der Planung auch die Erfordernisse des Jahres 2021 berücksichtigt werden, was die Wegeführung, den Abstand und die Freiflächen angeht: „Wir haben diesmal mit einer Hygienebeauftragten zusammengearbeitet“, so Felix zu Knyphausen. Damit es zugleich schön und sicher ist, wenn sich Schloss Bodelschwingh wieder für seine Besucher öffnet.
Gartenflair 2021: 3. & 4. September 11-19 Uhr, 5. September 11-18 Uhr. Eintritt: Erw. 12 €, Kinder unter 15 Jahren in Begleitung kostenlos. Online-Kartenvorverkauf: schloss-bodelschwingh.de, Tageskasse vor Ort. Parkplätze kostenlos, Maskenpflicht auf dem ganzen Gelände, 3G-Nachweis am Einlass, Hunde angeleint willkommen.