Moers. Ein reicher Tuchfabrikant ließ den Schlosspark in Moers hinter dem heutigen Grafschafter Museum im Schloss errichten. Romantik war dabei wichtig.
In der Nähe eines Teichs steht eine Ruine: eine geschwungene Mauer. In Wirklichkeit befand sich da nie eine Burg, ein Turm, ein Haus. Von Anfang an war die Ruine eine Ruine. Danach sehnten sich die Menschen im 19. Jahrhundert – nach einem Ort der Romantik, an dem man sich vielleicht traf nach einer Fahrt im Bötchen auf dem Wasser des Stadtgrabens, um sich ewige Liebe zu schwören. Perfekt: wenn sich dann der Mond im Teich spiegelte. . .
Heute noch trifft man sich gerne in der Nähe. Weniger romantisch, eher praktisch: zum Essen oder Einkaufen. „An der Henriette!“, geht es den Menschen locker über die Lippen. Eine Bronzeskulptur vor dem Moerser Schloss erinnert an die Kurfürstin von Oranien-Nassau, die im 17. Jahrhundert in der Ringburganlage gelebt hat. Es ist das älteste Gebäude der Stadt, in dem sich seit über 100 Jahren das Grafschafter Museum befindet und an die bewegte Geschichte des Hauses erinnert, die bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht. Im Untergeschoss spielt das Moerser Schlosstheater.
Nach dem Bummel in den Park
Der Platz vor dem Schloss wird derzeit erneuert, um ihn attraktiver zu machen, etwa für Mittelalter- oder Weihnachtsmärkte. Zugleich soll es dadurch Besuchern leichter fallen, nach einem Bummel in der Altstadt noch im Schlosspark zu schlendern, hofft Stefan Oppermann, Leiter der Freiraum- und Umweltplanung der Stadt. „Viele, die nach Moers kommen, sind überrascht, dass wir hier so ein grünes Kleinod haben.“
Von einer „Zwiebelentwicklung“ spricht der 59-Jährige: „Weil immer wieder etwas dazugekommen ist.“ Allerdings gab es für die verschiedenen Umgestaltungen zwischen 1836 und 1932 eine feste Grenze: „Die Wallanlage war schon da, sie bildete den Rahmen für die Parkanlage.“ Und so sieht man immer wieder das aufgeschüttete Erdreich hinter dem Stadtgraben, der teils vom Moersbach gespeist wird.
Über den Wall patrouillierten früher die Wachen. Wie eine abschreckende Verteidigungsanlage sieht das jedoch nicht aus, aber „für das erste Aufhalten des Feindes reichte es“, so Oppermann. Auch war es für die Angreifer schwierig, mit ihren Pferden durchs Wasser zu reiten. Die Inselchen im Stadtgraben waren einst Ravelins, von denen aus man ebenfalls das Schloss verteidigte. Freie Sicht war gefragt, daher gab es dort früher kaum Pflanzen. Heute lässt man sie wild zuwachsen. Die brütenden Vögel freuen sich. Ein Ravelin ist allerdings für Künstler reserviert, dort werden immer mal wieder Installationen gezeigt.
Englischer Landschaftsgarten
Der Park wurde schließlich im 19. Jahrhundert im Stil eines englischen Landschaftsgartens angelegt. „Also nicht mit Wegen, über die man schnell von A nach B kommt“, sagt Oppermann. Geschwungen sind die Pfade, sie laden zum Flanieren ein. Dabei war es nicht – wie sonst oft in Europa üblich – der Adel, der hier repräsentieren wollte, sondern ein Industrieller. Und das noch bevor Stahlbaron Alfred Krupp in Essen die Villa Hügel mit dem Hügelpark errichten ließ.
Der Tuchfabrikant Friedrich Wintgens zog in das Schloss ein, ließ daneben Produktionsstätte errichten und den Park 1836 gestalten, vom Düsseldorfer Hofgärtner Maximilian Friedrich Weyhe. Später beauftragte die Industriellen-Familie den Gartenbauer Peter Hermann Nickertz für eine Erweiterung. Die Bäume im Park haben teils Weltreisen hinter sich, wie etwa die Flügelnuss und der Götterbaum. „Das war etwas Besonderes, das konnte sich nicht jeder leisten“, betont Oppermann. Mein Schloss, meine Ruine, mein Götterbaum.
Bald soll es wieder einen Heidegarten geben
Künftig sollen schattenspendende Bäume wie einst im Rondell gepflanzt werden. Und auch der Heidegarten wird wiederbelebt. Überhaupt werde viel Geld in die Neugestaltung des Parks und des Schlossplatzes fließen: rund 2,5 Millionen Euro, so der Landschaftsarchitekt Oppermann – „mit Hilfe der Städtebauförderung“. Das Ziel: 2027 soll der Park erstrahlen, pünktlich zur Eröffnung der Internationalen Gartenausstellung im Ruhrgebiet.
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Die ersten Umbauarbeiten kann man schon beobachten: der Wilhelm-Greef-Brunnen von 1909, der an den Gründer des Männergesangvereins von Moers erinnert, wurde bereits saniert. Derzeit wird ein barrierefreier Zugang zum angrenzenden Freizeitpark gebaut für Fußball und Frisbee. Im nächsten Jahr soll dort ein neuer Skatepark entstehen. Oppermann: „Da ist die Action, hier ist die Ruhe.“
Aber auch der Schlosspark steht für alle offen: Steintafeln mit Graffiti dürften eher Jugendliche zum Chillen anziehen, der Spielplatz junge Familien. Daneben ist der „Musenhof“ mit reetgedeckten Minihäusern – ein Betreuungsangebot für Kinder. Und dann gibt es noch ein Rosarium. Immer wieder wurde in der Vergangenheit der Rosengarten zunichte gemacht, von Angreifern, die sich auch durch einen Wall nicht aufhalten ließen: Kaninchen. Heute sind die Beete mit Kletter- und Kriechrosen, gefüllten und duftenden Rosen so umzäunt, dass es keine Chance mehr für Nager gibt, das Rosarium zu erobern.
Natürlich können Parkbesucher auch gegen eigene Pfunde ankämpfen: joggend auf dem Befestigungswall im Schatten der alten Bäume. Andernorts wurde so ein Wall komplett geschleift, nicht jedoch in Moers. Da behielt man die Aufschüttung, vergrößerte sie teils auf rund 3,50 Meter Höhe. Nicht, um sich damit wie ganz früher vor Feinden zu schützen, so Stefan Oppermann: „Dass wir heute noch die Wallanlage haben, verdanken wir dem Gedanken des Hochwasserschutzes.“
Führungen durch den Moerser Schlosspark
Es gibt mehrere Führungen durch den Moerser Schlosspark. Die nächsten: 8. August, 10.30 Uhr (8 €), und 22. August, 11.15 Uhr (6 €). Start: Moerser Schloss, Kastell 9 (moers.de).
Der Musenhof des Grafschafter Museums bietet teils kostenfreie Betreuung an für Kinder von 6 bis 12 Jahren. Öffnungszeiten und weitere Infos: musenhof-moers.de