Castrop-Rauxel. In Castrop-Rauxel gibt Jan Bormanns Sonnenuhr auf Halde Schwerin den Takt an, doch Skulpturen säumen auch Wege des Parks am Haus Goldschmieding.

Wer in Castrop-Rauxel nach Kunst sucht, sollte seinen Blick gleich zur höchsten Stelle schweifen lassen: Oben auf der Halde Schwerin, auf 147 Metern über dem Meeresspiegel, krönt die Sonnenuhr des hiesigen Bildhauers Jan Bormann jene Überreste, die einst aus den Tiefen der Zeche Graf Schwerin ans Tageslicht befördert wurden. „Für die Menschen in Castrop-Rauxel ist das ein großer Identifikationspunkt“, sagt Kulturbüroleiterin Melanie Heine (44). Und das ist kein Wunder, denn die 24 senkrecht empor stehenden Stahl-Stelen, mit der einen an die 12-Uhr-Stele angelehnten weiteren Stele, dieses Werk also war das erste seiner Art: die erste gebaute Revier-Landmarke. Sie entstand 1994 im Zuge der IBA Emscherpark.

Sie greift künstlerisch den Einfall des Lichts auf, von dem die Bergleute unter Tage einst zu wenig sahen. Und sie bezieht sich ebenso auf das Verstreichen der Zeit.

Der „Taxidriver“ verbreitet gute Laune

Kulturbüroleiterin Melanie Heine (44) mit „Im Aufbruch“ von Annette Seiler.
Kulturbüroleiterin Melanie Heine (44) mit „Im Aufbruch“ von Annette Seiler. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Sie ist als Kunstwerk auch nicht ganz allein auf der Halde Schwerin, wo man unter anderem noch den Wassertempel von Peter Strege oder die Sinus-Pergola von Klaus Corzilius findet, aber die beiden stehen – wenn der Kalauer mal erlaubt ist – ein wenig im Schatten der Sonnenuhr.

Wer den Weg nach oben auf die Halde scheut, aber trotzdem viel moderne Kunst bei einem angenehmen Spaziergang erleben will, sollte sich zum Schlosspark Goldschmieding begeben, der gleich neben dem einstigen Rittergut im Stil der Lipperenaissance zu finden ist und dessen Wege von einer Reihe von Kunstwerken gesäumt sind.

Stahlt und Stein treffen aufeinander

Das mit Abstand freundlichste von allen, an dem man kaum ohne ein leises Lächeln auf den Lippen vorbeigehen kann: Der „Taxidriver“ vom Stuttgarter Daniel Wagenblast, der auch „Mann mit Auto“ heißt und der hier seit 2005 steht. Seit dem Tag der Einweihung ist zwar einiges vom einst strahlend gelben Lack ab, doch der viel zu große Mann mit seinem viel zu kleinen Auto spielt humorvoll mit dem Thema der Mobilität. Denn trotz des Autos steht der Mann noch mit beiden Beinen auf der Erde und scheint eher das Auto zu tragen als umgekehrt.

Wer’s lieber abstrakt mag und gerne assoziiert, ist mit der „Skulptur ohne Titel“ des Dortmunders Walter Hellenthal sicherlich gut beraten, die nur wenige Meter vom „Taxidriver“ steht. Ein großer Keil aus Anröchter Dolomit steckt hier in der rostigen Wuchtigkeit eines Cortenstahl-Blocks. „Eine Hommage an die Stahlindustrie“, befindet Melanie Heine, „das Naturbelassene in Beziehung gesetzt zum Stahl.“ Die geometrischen Formen bilden einerseits einen Kontrast, sie scheinen sich andererseits aber auch zu ergänzen.

„Die Skulptur soll den Strukturwandel im Ruhrgebiet symbolisieren“

Der freundliche „Taxidriever von Daniel Wagenblast verbreitet gute Laune.
Der freundliche „Taxidriever von Daniel Wagenblast verbreitet gute Laune. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Von hier aus kann man gleich den Blick weiter streifen lassen zum nächsten Werk aus Cortenstahl: „Im Aufbruch“ von Annette Seiler. „Sie ist eine Künstlerin, die mit unserer Jugendwerkstatt zusammengearbeitet hat – und ich habe damals die Entstehung dieses Kunstwerks mitbekommen“, so Heine. Die kleinen Tonfiguren, die an der abstrakten, aufstrebenden Form hochklettern, stammen tatsächlich aus der Jugendwerkstatt. „Die Skulptur soll den Strukturwandel im Ruhrgebiet symbolisieren, wie die Menschen sich quälen und verändern müssen, wie sie aufstreben, der Veränderung entgegen.“ Es geht etwas Positives von diesem Werk aus, so dass Heine es nicht von ungefähr zu ihrem Liebling im Schlosspark Goldschmieding erklärt. Im Castrop-Rauxeler Stadtbild finden sich noch einige weitere Seiler-Skulpturen.

Eine immer wieder neue Auseinandersetzung mit den Blickwinkeln erfordert hingegen die „Windkinetische Plastik“ des Lübecker Professors Rolf Lieberknecht, dessen Markenzeichen solche Spielereien mit bewegter und bewegender Luft sind. Wie ein Wegweiser gen Himmel dreht sich eine kugelgelagerte Stahlspitze auf einem Pfahl. Aber wohin genau weist sie? Die Wirkung und die Aussage hängen vollkommen vom Wind und vom eigenen Standpunkt ab, wodurch theoretisch Millionen verschiedene Perspektiven möglich sind.

Unser kleines Skulpturenrätsel

Noch nicht ganz geklärt: Von wem stammt diese Skulptur?
Noch nicht ganz geklärt: Von wem stammt diese Skulptur? © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Was zu einem kleinen Rätsel führt in der unmittelbaren Nähe. Denn wer jene zweiteilige Kugel-Skulptur hinter dem Haus Goldschmieding und am Eingang des Skulpturenparks geschaffen hat, die wir diesmal für unser Serien-Logo verwendet haben, konnte auf die Schnelle weder das Kulturbüro herausfinden, noch konnten wir es ermitteln. Wer kann das Rätsel lösen? Wer weiß über Künstler, Titel und Jahr der Aufstellung Bescheid? Hinweise bitte per Mail an: lebenundfamilie@funkemedien.de