Wuppertal. Auf den Tag genau vor 70 Jahren plumpste Zirkuselefant Tuffi aus der Wuppertaler Schwebebahn – der Waggon war zu dünnwandig für den Dickhäuter.

Für alle, die noch nie von Tuffi gehört haben, klingt seine, oder besser: ihre Geschichte so absurd und fragwürdig wie die von der Spinne in der Yuccapalme oder den Aligatoren in der New Yorker Kanalisation. Und dennoch: Am 21. Juli 1950 fiel das Elefantenkalb Tuffi aus der Wuppertaler Schwebebahn.

Noch unglaubwürdiger wird die ganze Sache durch die Tatsache, dass es von diesem Ereignis nicht einmal Fotos gibt, sondern nur ein paar drollige, zeitgenössische Fotomontagen. Und das, obwohl sogar reichlich Reporter und Fotografen anwesend waren, als – genau – das Elefantenkalb in die Wupper plumpste.

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Aber der Reihe nach. Dann allerdings beginnt Tuffis Geschichte bereits im Jahr 1946 in Indien, als Tuffi, so will es die Legende, als Tochter eines Treibjagd-Elefanten und einer Reit-Elefantin am Hofe eines indischen Fürsten das Licht der Welt erblickte – und drei Jahre später vom Zirkusdirektor Franz Althoff, einem Oberhaupt der bis ins 17. Jahrhundert zurückreichenden Althoffschen Zirkusdynastie, in die ferne Nachkriegsbundesrepublik geholt wurde.

Vier Fahrkarten für den Elefanten, eine für den Zirkusdirektor

Und hier begann die steile Karriere des als besonders handzahm geltenden Rüsseltiers – allerdings nicht (oder nicht nur) in der Manege, sondern auch mitten im Alltag: Als dickhäutiges Zirkusmaskottchen durfte Tuffi in den Folgejahren immer wieder – auch im Ruhrpott – für PR-Auftritte herhalten. Hier eine Straßenbahnfahrt in Oberhausen, dort eine Hafenrundfahrt in Duisburg – und schließlich: Wuppertal.

Fünf Fahrkarten wurden, umringt von besagten Reportern und Fotografen, am Schwebebahnhof Alter Markt gekauft – vier für Tuffi, eine für Althoff. Und dann kam die Bahn und es ging samt Presse-Entourage Richtung Elberfeld.

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Doch schon nach 500 Metern Fahrt zeigte sich, dass der Dickhäuter für das Gewese im Waggon dann doch zu dünnhäutig war – und der Waggon zu dünnwandig...

Tuffis Glück: Trotz metertiefem Sturz blieb das arme Tier weitgehend unverletzt; das Flüsschen war an der Unglücksstelle nicht sonderlich tief und zudem verdammt verschlammt. Tuffis Pech: Mit ein paar Schrammen am Hinterteil stand sie noch am selben Abend wieder im Zirkusrund. „Über die Wupper“, auch das muss gesagt werden, ging es für Tuffi erst 39 Jahre später im Pariser Winterquartier des Cirque Gruss, der die Elefantendame 1968 nach dem Ende des Zirkus Althoff übernommen hatte.

Was bleibt, ist ein Hinweis im Kleingedruckten des VRR

Heute erinnert nicht mehr viel an das denkwürdige Ereignis: eine ungelenke Wandmalerei in Höhe der damaligen Unglücksstelle auf der Rückseite des „Akzenta“-Getränkemarkts kurz vor der Adlerbrücke, ein „MemoEuro Tuffi“ der Wuppertal Marketing GmbH (Preis: 3 Euro; Wert: 0 Euro) – und natürlich der Hinweis in den Beförderungsbedingungen des zuständigen VRR, wonach Tiere nur dann Schwebebahn fahren dürfen, „wenn dadurch die Sicherheit und Ordnung des Betriebes nicht gefährdet und andere Fahrgäste nicht gefährdet oder belästigt werden“.

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