Marl. Sophia Maibaum aus Marl bangt wegen der Corona-Krise um ihr Abi – und trauert um das Feiern. Die 18-Jährige ist gestresst von der Ungewissheit.
Ich bin 18 Jahre alt und mache, wie 350.000 andere Schüler*innen in Deutschland, das Abitur in diesem Jahr. Obwohl, mache ich dieses Jahr mein Abitur? Mache ich es im Sommer oder doch im Herbst? Wird doch plötzlich alles wieder geändert? Kommt es doch zum Durchschnittsabitur? Oder auf einmal wird das Durchschnittsabitur in NRW beschlossen, aber in Bayern nicht? Wird es eine einheitliche Einigung geben und wenn ja, wie lange wird diese bestehen bleiben?
„Ich könnte ich mein Handy gegen die Wand schmeißen“
Fragen über Fragen. Zwar gibt es Antworten, jedoch immer mit dem kleinen Nebensatz „Wir wissen jedoch nicht, ob dieser Plan auch in Zukunft Realität sein wird.” Okay, das ist dann zwar eine Antwort, aber eine nicht so wirklich tolle und vor allem zielführende. Wenn es um eine normale Klausurphase gehen würde, wäre mir diese gesamte schulische Situation egal und ich würde zuhause sitzen, mich langweilen, abwarten, bis die Corona-Ferien vorbei sind und dann langsam wieder in mein normales Leben gehen, nur leider ist das nicht so einfach. Ich stehe zurzeit jeden Morgen auf und gucke zuerst in mein Postfach, um meistens nicht allzu viel zu sehen – aber alle vier oder fünf Tage sehe ich eine neue E-Mail von unserer Schule. Und ab diesem Moment könnte ich mein Handy gegen die Wand schmeißen, denn ich weiß, jetzt gibt es neue Infos, allerdings mit meinem neuen Lieblingssatz „Wir wissen jedoch nicht, ob dieser Plan auch in Zukunft Realität sein wird.”
Auch interessant
Ich sitze nun zuhause mit Infos, die mich nicht wirklich weiterbringen, denn es bleibt diese Ungewissheit. Ich sitze zuhause und habe über Skype Mathe-Nachhilfe, damit ich die fehlenden Unterrichtseinheiten und vor allem Themen irgendwie gelernt, aber vor allem erklärt bekomme. Die Internetverbindung bricht mindestens zweimal während des Gesprächs ab, die Hintergrundgeräusche sind störende Nebeneffekte – und ein Raum weiter sitzt meine Mutter und betreibt Homeoffice. Ich würde sagen, so kann man sich auf jeden Fall toll aufs Abi vorbereiten...
„In Gedanken waren wir schon in unserer Mottowoche“
Ich würde ja in eine Bibliothek gehen oder irgendwohin, wo ich in Ruhe lernen kann, allerdings hat nichts geöffnet. Ich gehe jeden Tag mindestens zwei Stunden raus, damit ich keinen Koller bekomme, und auch damit ich irgendwie vereinzelt meine Freunde sehen kann. Ich brauche gerade in solchen stressigen Lernphasen meine Freunde als Ausgleich und da hilft auch nicht eine Skype-Gruppe oder 30 Minuten FaceTime. Das Wetter ist toll und ich wünschte, ich könnte alle meine Freunde zusammenrufen und einfach einen Tag mit allen am Kanal verbringen. Aber das ist verboten in Zeiten wie diesen (was ich total nachvollziehen kann und auch für gut empfinde).
Meine Gedanken sind überall – aber nicht beim Abi. Meine Konzentration verschwindet immer mehr beim Lernen, ich frage mich meistens echt, wofür ich das mache, ich sehe einfach keinen Sinn mehr, weil ich nur darauf warte, dass die nächste E-Mail von meiner Schule kommt und ein neuer toller Plan verkündet wird. In Gedanken waren meine Freunde und ich schon in unserer Mottowoche, in unserem Urlaub nach den Abiprüfungen, bei Konzerten und Festivals – alles abgesagt! Nichts ist so, wie wir uns unseren Abschluss vorgestellt haben.
Das ist ein Artikel aus der Digitalen Sonntagszeitung – jetzt gratis und unverbindlich testlesen. Hier geht’s zum Angebot: GENAU MEIN SONNTAG