. Bei der Suche nach Steinpilz, Pfifferling und Co. helfen Smartphone-Apps. Auch Pflanzen und Tiere sollen sich so von Laien bestimmen lassen.
Gerade im Spätsommer kann ein Spaziergang durch die Natur ein Erlebnis sein. Wer mit offenen Augen durch Wald und Feld geht, kann unzählige Entdeckungen machen – kleine und große: duftende Blumen, farbige Bäume, zwitschernde Vögel, kleine Spitzmäuse und scheue Rehe – und natürlich leckere Pilze. Selbstverständlich ist nicht jeder ein Naturexperte. Wer kann heute noch eine Buche von einer Linde unterscheiden? Wer weiß schon, ob er jetzt gerade einen Flockenstieligen Hexen-Röhrling gefunden hat oder an einen Satans-Röhrling geraten ist? Ersterer ist schmackhaft, der Teufelsspilz ziemlich giftig. Wer kein Fachmann ist, dem soll jetzt das Smartphone bei der Artenbestimmung helfen.
Zunächst geht es auf Pilzsuche, denn auf die haben es jetzt gerade wieder besonders viele Menschen abgesehen. Damit die Suche nicht im Krankenhaus endet, sollten sich Unerfahrene vorher ordentlich in die Materie einarbeiten. Beim Suchen sollte ein Pilz-Führer immer mit dabei sein.
Bratpfanne statt Krankenhaus
Ehe die Pilze in der Pfanne landen, sollte man sich seiner Sache nämlich absolut sicher sein. Anfänger neigen oft dazu, sich und die Gefahren dieses beliebten Hobbys falsch einzuschätzen. Beginnen sollte man darum mit wenigen Sorten, die gemeinhin bekannt sind: beispielsweise Marone, Steinpilz und Pfifferling. Dafür gibt es handliche Helfer.
Der „Pilzator“ etwa soll einen Pilz automatisch bestimmen, indem man ihn fotografiert. Echte Pilzfreunde und Naturgourmets nutzen die App „Pilzsuche Ultra“ – der Namen sagt eigentlich schon alles. Das kostenpflichtige Smartphone-Programm enthält über 1100 Detailbeschreibungen. Anwender können mithilfe von Gattungsmerkmalen herausfinden, um welchen Pilz es sich handelt. Übrigens: Die besten Chancen auf Speisepilze in großer Zahl haben Pilzsammler, wenn auf eine Regenperiode einige warme Tage folgen. Zu diesem Zeitpunkt schießen die Fruchtkörper oft regelrecht aus dem Boden heraus. Die Zeit scheint ideal.
Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie – so heißt die Wissenschaft von den Pilzen korrekt – warnt allerdings: „Pilze zu bestimmen ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die auch durch eine App nicht leichter wird“, so die Experten. Keine App könne einen unerfahrenen Anwender sicher durch die verwirrende Vielfalt an Pilzarten und Fruchtkörperformen leiten, warnt der Verein. Ein Speisepilzsammler, der sich bei der Bestimmung nur von einer App leiten lasse, spiele grob fahrlässig mit seiner Gesundheit.
Das Ziel, einen geübten Anfänger oder mäßig Fortgeschrittenen durch die einfache Bedienungsweise bei der Bestimmung zu unterstützen und sein Wissen aufzufrischen und zu ergänzen, bewerten die Mykologen dagegen als realistisch.
Leckere Wildkräuter erkennen
Neben Pilzen wachsen am Wegesrand auch viele Kräuter und Wildblumen, die man getrost essen kann. Um die Genießbarkeit herauszufinden, bietet sich etwa die App „Naturblick“ an. Auch die Programme „Pl@ntNet“ und „Flora Incognita“ wollen bei der Erkundung von Pflanzen helfen. Einfach ein Foto hochladen und mit den Ergebnissen abgleichen, so das Konzept. In der kostenpflichtigen App „Baum ID Deutschland“ bekommen Anwender Informationen zu über hundert heimischen und eingebürgerten Baumarten mit 600 Bildern.
Zwischen Pilzen und Pflanzen zwitschert auch so mancher Piepmatz in den Bäumen und raschelt manches Tier durchs Unterholz. Musste man früher dicke Bestimmungsbücher wälzen, wollen auch hier Apps bei der Recherche helfen.
Ein Überblick
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat mit der „Waldfibel“ eine App eingerichtet, die Informationen rund um Bäume, Pflanzen und Tiere bündelt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Nutzer können sich beispielsweise Tierstimmen anhören und Baumhöhen messen.
Eine Alternative ist „Nature Free - Europa“ – diese App umfasst in der kostenfreien Version 750 Pflanzen- und Tierarten Europas. Mit der App „Naturblick“ soll man unter anderem mit Angaben zur Form der Blätter Baumarten bestimmen können.
Wer zwitschert denn da? Beim Kennenlernen von Vögeln hilft die Software „Vogelwelt“ des Nabu. Einfach Merkmale des gesuchten Vogels eingeben – schon werden Vorschläge gemacht.
Wer über das Tschilpen und Zwitschern mehr über einen Vogel herausfinden möchte, findet verschiedene Vogelstimmen-Programme. „BirdNET“ ist kostenfrei und in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Chemnitz entstanden. Beim kostenpflichtigen „Vogelstimmen ID“ können die Rufe der Vögel abgespielt und Vogelstimmen ähnlicher Vogelarten direkt miteinander verglichen werden.
Was Bienen am liebsten essen
Biene, Libelle, Fliege: In der Nabu-App „Insektenwelt“ mit 122 Artenporträts lassen sich eigene Beobachtungen speichern und teilen. Die automatische Fotoerkennung mache die Artenbestimmung speziell für Kinder leicht, sagt Luise Knoblich von der Universität Jena. Was essen Bienen am liebsten? Auf solche Fragen liefert die „Bienen-App“ erste Antworten.
Will man den Falter zuordnen, der einem vor der Nase umherfliegt, kann die kostenpflichtige App „Schmetterlinge bestimmen“ helfen. Über die Eingabe von Merkmalen wie Flügelfarbe oder Körperform kann eine Auswahl getroffen werden – danach bekommt man die entsprechenden Falter in einer Übersichtsliste mit Bild und Kurzbeschreibung.
Gibt es die eine App für alles?
Die verschiedenen Apps können Kindern und Erwachsenen viel Naturwissen vermitteln. Die meisten dieser Anwendungen sind allerdings auf bestimmte Lebensräume oder Lebewesen spezialisiert. Der Grund: „Apps, die alles Wichtige zu Flora und Fauna enthalten, sind technisch wegen des großen Datenvolumens eher schwierig umzusetzen“, erklärt Nicole Flöper vom Naturschutzbund Deutschland.
Die eine App für den kompletten Waldspaziergang gibt es also nicht. Und wer Pflanzen, Pilze oder Tiere wirklich mit Sicherheit bestimmen will, muss wohl weiterhin bereit sein, sich tiefer ins Dickicht der Materie einzugraben.
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