Entenhausen. . Die wohl berühmteste Ente der Welt feiert Geburtstag. Als Pechvogel, Wut-Ente und Tollpatsch begeisterte Donald Duck das Publikum von Anfang an
Eigentlich werden Enten ja nicht alt. Jedenfalls nicht so alt. Aber er ist ja nicht irgendeine Ente. Er ist Donald Duck, die berühmteste Ente der Welt. Und deshalb kann er heute auch den 85. Geburtstag feiern.
Wahrscheinlich wird es eine Party geben in Entenhausen. Mit „Blubberlutsch“, seiner Lieblings-Limonade und jeder Menge Kuchen. Vielleicht auch mit einem Berg Pfannkuchen. Und die ganze Verwandtschaft kommt vorbei – allen voran sein Onkel Dagobert. Der kommt ja immer, wenn es irgendwo etwas umsonst gibt.
Mütze und Matrosenjäckchen
Ein Ehrentag für den Erpel aus Entenhausen also. Trotzdem ist es unwahrscheinlich, dass er sich chic macht. Das macht er nur ganz selten. Wenn Langzeitfreundin Daisy es ihm erlaubt, sie in die Oper auszuführen etwa. Ansonsten gilt der übliche Dresscode: Mütze und Matrosenjäckchen. Aber keine Hose. Niemals. Außer, wenn er schwimmen geht. Was er ebenfalls selten macht. Jan Gulbransson, einer der wenigen deutschen Disney-Zeichner und seit fast 40 Jahren Verfasser von Donald-Duck-Comics ist übrigens ganz froh, dass Donald Duck hosenlos durchs Leben läuft. So sei er einfacher zu zeichnen, weil man nicht auf den Faltenwurf des Beinkleides achten müsse, hat er in dieser Woche gesagt.
Und dann hat er noch erzählt, dass Donald einst wegen seines unbekleideten Unterleibs in Finnlands öffentlichen Bibliotheken verboten worden wäre. Eine Geschichte, die seit vielen Jahren immer wieder kursiert aber nicht stimmt. Zwar wurden in den 70er-Jahren kurzfristig keine Donald-Comics mehr für finnische Jugendzentren gekauft, doch das hatte nichts mit fehlenden Hosen sondern mit fehlendem Geld der Behörden zu tun. Gerade in Finnland, wo Donald Duck „Aku Ankka“ heißt, erfreut sich die Ente seit Jahren größter Beliebtheit.
Ursprünglich kommt Donald Duck vom Film
Ursprünglich, man vergisst das gerne, kommt Donald Duck ja vom Film. Am 9. Juni 1934 ist er erstmals im Kino zu sehen. „Wise Little Hen“ heißt der Streifen, und der Vogel ist eine eher lahme Ente mit spitzem Schnabel und langem Hals, dem der legendäre Clarence Nash seine quackige Stimme leiht, die Donald so unverwechselbar macht. Vor allem wenn er schimpft. Das macht er oft. Ein patziger Pechvogel ist er, ein wilder Wüterich. Und bleibt es in den meisten seiner 128 Filme auch. Trotzdem bekommt er 1943 einen Oscar – für „Der Fuehrer’s Face“, einen Propaganda-Film gegen das Dritte Reich.
Carl Barks hat ihn großgezogen
Doch eigentlich hat Donald Fauntleroy Duck, wie er mit vollem Namen heißt, da bereits das Genre gewechselt und ist Comic-Held geworden. Walt Disney mag sein „Vater“ sein, Carl Barks aber hat ihn großgezogen. Er zeichnet Donald auf rund 6000 Seiten und schafft in den bunten Heftchen ein ganzes Universum um ihn herum. Mit einer Stadt namens Entenhausen, Figuren wie Onkel Dagobert, Tick, Trick und Track, den Panzerknackern, Daniel Düsentrieb oder Gustav Gans. Barks formt ihn, macht ihn im Wesentlichen zu dem, der er bis heute ist.
In Deutschland ist es die 2005 verstorbene Erika Fuchs, die als Chefredakteurin des Micky-Maus-Magazins die Geschichten von Barks mit zahllosen versteckten Zitate und literarischen Anspielungen grandios übersetzt. Und die mit dem nach ihr benannten „Erikativ“ eine eigene Comic-Sprache erfindet, indem sie für bildlich schwer Darstellbares auf ihren Wortstamm verkürzt (stöhn, schluck). Und sie macht das nicht nur für Geräusche, sondern auch für lautlose Vorgänge (grübel, zitter).
Man weiß eigentlich nicht viel über Donald
85 Jahre begleitet dieser Donald viele Menschen nun schon, und trotzdem weiß man eigentlich nicht viel über ihn. Die Eltern? Dortel und Degenhard hießen sie angeblich, die Mutter war eine gebürtige „Jungerpel“. Seine Jugend? Liegt weitgehend im Dunkeln. Auf dem Hof von Oma Duck soll er gelebt haben, das Gymnasium hat er anscheinend besucht. Mehr ist nicht bekannt. Ebenfalls offen ist die Frage, warum die drei Neffen nie zu ihrer Mutter Della zurückgekehrt sind, die sie Ende 1937 mit einem Brief zu ihm schickte. „Nimm sie auf“, schreibt sie darin, „denn ihr Vater ist im Krankenhaus. In seiner Hose ist etwas explodiert.“ Muss wohl eine schwerere Verletzung gewesen sein.
Fragen über Fragen also. Zum Glück gibt es Menschen, die sich mit ihrer Beantwortung beschäftigen. Schlaue Köpfe aus Wirtschaft und Kunst fast allesamt, die sich in der „Deutschen Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus“ organisiert haben und sich kurz Donaldisten nennen. Bei ihren regelmäßigen Treffen diskutieren sie über die Genauigkeit des Stadtplans von Donalds Heimat oder nehmen den Wohnungsmarkt der Stadt unter die Lupe. Nachzulesen unter dem Titel „Wie Enten hausen“.
Ein chronischer Verlierer
Beantwortet ist inzwischen auch, warum die Menschen Donald so sympathisch finden, obwohl er alles andere als ein Held ist – es sei denn, er sorgt als Superheld „Phantomias“ für Recht und Ordnung. Ansonsten ist er ein chronischer Verlierer, eine Art moderner Sisyphos. Über 100 Jobs hat er gehabt im Laufe der Jahrzehnte, vom Feuerwehrmann und Polizisten über Reporter auf Knüllersuche und Lebende Schaufensterpuppe bis hin zum Rollmops-Eindoser und Kartoffelschalen-im-Abfalleimer-Feststampfer. Aber selbst da ist er auf Dauer nicht erfolgreich gewesen
Ständig pleite, hoffnungslos verschuldet, unfähig langfristig zu planen. Vom Pech verfolgt, von seinem Onkel durch die Welt gejagt bis in Länder wie Shalama und Bombastium. Von der Dauerverlobten Daisy hin- und von den Neffen auf Trab gehalten. Vorlaut, prahlerisch, streit- und rachsüchtig. Aber tief in seinem Herzen eigentlich kein schlechter Erpel. Viele von Donalds Problemen haben zahlreiche andere Menschen auch. Schulden, Arbeitslosigkeit, ungnädige Vorgesetzte, ein streikendes Auto, nervige Verwandtschaft. Über Donald zu lachen, heiß ein wenig auch über seine eigenen Probleme zu lachen.
Manchmal ein Schurke, oft ein feiner Kerl
„Er ist alles, er ist jeder; er macht dieselben Fehler, die wir alle machen“, beschrieb Carl mal seine Lieblingsfigur. „Er ist manchmal ein Schurke, oft ist er wirklich ein feiner Kerl, immer aber hat er, wie ein jeder von uns, mit den Tücken des Alltags zu kämpfen, und ich glaube, dass das einer der Gründe ist, warum die Leute die Ente mögen.“ Und was heißt schon Ente. „Donald ist eigentlich keine Ente“, hat Barks einst gesagt, er sieht nur so aus.“
Darauf ein „Blubberlutsch“. Und jede Menge „klatsch, klatsch“!