Markus Hofmann weiß, wie man mehr im Kopf behalten kann. Der Gedächtnistrainer hat uns verraten, wie man Informationen gehirngerecht aufbereitet.
Markus Hofmann ist Gedächtnistrainer aus München. Er hat eigene Merktechniken entwickelt und präsentiert diese auf Seminaren und Vorträgen. Anna Muh r hat sich von ihm Tipps gegen die alltäglichen Vergesslichkeitsfallen geholt.
Was haben Sie zuletzt vergessen?
Ganz klassisch: Ich habe vergessen, wo mein Telefon liegt. Weil ich mir nicht bewusst abgespeichert hatte, wo ich es hingelegt habe. Das ist die typische Alltagsvergesslichkeit.
Welche Tricks wenden Sie in solchen Fällen an?
Wenn ich das Handy oder den Schlüssel weglege, verabschiede ich mich von dem Gegenstand. Ich sage innerlich: Ich lege dich jetzt hier auf diesem Tisch ab und ich komme später wieder. Dieser kleine innere Dialog ermöglicht es mir, den Vorgang in diesem Moment sehr bewusst auszuführen.
Wie geht man bei Namen, Daten oder Nummern vor?
Man vergisst nur Informationen, zu denen man sich keine Verbindung gebaut hat, die für das Gehirn im wahrsten Sinne des Wortes „merk-würdig“ ist. Ich frage die Teilnehmer meiner Kurse oft, ob sie schon einmal gegen Kinder Memory gespielt haben. Meistens sind Kinder in diesem Spiel besser, weil sie sich die Bilder zu den Karten merken. Erwachsene versuchen, sich die Position der Karten rational zu merken, nach dem Schema: vierte Zeile von unten, zweite Karte von rechts. Beim rationalen Merken kommen wir schnell an unsere Grenzen. Wer also wichtige Dinge behalten will, muss die Information gehirngerecht aufarbeiten und das heißt: bildlich und mit Emotionen.
Am Geldautomat will einem der PIN-Code plötzlich nicht mehr einfallen. Wie kommt man in so einer Situation an die Information, die irgendwo im Gehirn gespeichert ist?
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Zunächst sollte man gelassen bleiben und sich sagen: Ich weiß, dass ich das weiß. Oft hilft es, sich kurz abzulenken und nicht an die Aktion des Eintippens zu denken. Währenddessen sucht das Unterbewusstsein nach der Information und stellt sie dann meist wieder zur Verfügung. Noch besser ist es, wenn man sich den PIN vorher so gemerkt hat, dass man ihn nicht vergisst. Wir tendieren dazu, diese Information körperlich, also über die Bewegung der Finger, abzuspeichern und wissen im Fall eines Blackouts nicht mehr, wo wir danach suchen sollen. Warum finden wir jeden Tag unsere Post? Weil sie immer im Briefkasten liegt. Man braucht also einen mentalen Briefkasten, in den man etwas hineinlegen kann, das man später darin immer wieder findet.
Ist es nicht mühsam, sich zu jeder neuen Information eine Eselsbrücke auszudenken?
Natürlich braucht man Übung und muss ein bisschen kreativ sein. Für Ziffern habe ich mir ein System ausgedacht, in dem ich jeder Ziffer von 0 bis 9 ein Bild zuordne. Eine Zahlenkombination merke ich mir, in dem ich die einzelnen Bilder zu einer kleinen Geschichte verbinde. Als meinen mentalen Briefkasten benutze ich ein visuelles Merkmal – in konkreten Fall wäre es der Anblick meiner EC-Karte –, das immer, wenn ich es sehe, die Geschichte sozusagen in Gang setzt.
Es gibt unzählige Apps, die angeblich das Gehirn trainieren – was halten Sie davon?
Es gibt nur wenige Apps, die wirklich etwas bringen. Wenn meine Kursteilnehmer mir erzählen, dass sie seit Jahren Sudoku spielen, muss ich ihnen sagen: Das ist kein Gehirnjogging mehr, denn für das Gehirn ist es längst bequem geworden. Gehirnjogging ist alles, was immer wieder neu ist. Sei es, dass man mal mit der linken Hand statt mit der rechten die Zähne putzt, mal ohne Navi in den Urlaub fährt, oder eben mal Sudoku spielt und mal eine andere App benutzt. Dadurch werden komplett neue Bereiche im Gehirn angeregt. Auf meiner Website www.unvergesslich.de habe ich einige Denksportaufgaben gesammelt, die man zum Beispiel machen kann. Auch gut: Witze auswendig lernen. Dabei lernt man gleichzeitig, frei zu reden.