Duisburg. . Zum ersten Mal hat die Familie Blomenkamp in Duisburg Süßkartoffeln geerntet. Nun sind Rot- und Weißkohl dran – ein Gemüse mit Köpfchen.

Süßkartoffeln in Duisburg? „Blödsinn, meinte der Gemüsesaathersteller – ein erfahrener Mann“, erinnert sich Kohl- und Kartoffel-Bauer Hermann Blomenkamp an seine erste Anfrage. Die rötliche Knolle, die eigentlich in wärmeren Regionen wächst, könne im Pott ja wohl kaum gedeihen. Aber die anfängliche Skepsis war unbegründet. Ob es nun am heißen Sommer lag oder die Töchter von Bauer Blomenkamp einfach ein gutes Händchen haben: Das erste Süßkartoffel-Jahr ist ein voller Erfolg.

Ein Burger gab den Ausschlag für den ungewöhnlichen Anbau. Oder besser: die Beilage. „Süßkartoffel-Pommes – lecker!“, schwärmt Lisa Blomenkamp. Die 25-Jährige erkannte den Food-Trend, wie man Neudeutsch moderne Essens-Gewohnheiten nennt. Eines Tages stand sie mit Süßkartoffel-Stecklingen auf dem Hof. Die Pommes hat sie nun auch schon selbst gemacht – „mehrmals...“ Einfach die Knollen schälen, in Scheiben schneiden, dann in Streifen. „Öl, Salz, Kräuter, und wer mag: Chili“, zählt Schwester Laura (21) auf. Im Backofen werden sie natürlich nicht ganz so knusprig, aber trotzdem richtig gut. „Püree haben wir auch schon daraus gemacht.“

Kartoffeln in der Sauna

Hermann Blomenkamp öffnet das Tor eines Lagerraumes, der bis zur Decke gefüllt ist, mit Kästen voll Knollen. „Die waren jetzt 14 Tage lang in der Sauna“, sagt der 58-Jährige. Bei 30 Grad und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit. Im Gegensatz zum Menschen wird die Kartoffel-Haut dadurch nicht schrumpelig-faltig, sondern schön fest. Hermann Blomenkamp reibt mit dem Daumen über die Schale: „Vor 14 Tagen wäre die Haut nun weg gewesen.“

Kohl aus der Vogelperspektive: Rot-, Weiß-  und Rosenkohl.
Kohl aus der Vogelperspektive: Rot-, Weiß- und Rosenkohl. © Fabian Strauch

So manches mussten sie lernen. Denn so eine Süßkartoffel ist eben doch etwas anderes als ein „Bamberger Hörnchen“, das am Ende im Kartoffelsalat landet. Die Süßkartoffel ist ganz schön empfindlich. Sie wird in Dämmen angepflanzt. Die Familie hat über den Damm Mulchfolie aus Maisstärke gelegt, die sich später im Boden abbaut. „Dort wird es wärmer, ähnlich wie beim Spargel“, sagt Lisa Blomenkamp, die vor zwei Jahren die Wahl zur Rheinische Kartoffelkönigin gewann. Ob sie nächstes Jahr wieder eine königliche Ernte bei den Süßkartoffeln einfährt? Kälte mag die Sorte nämlich gar nicht. „Bei unter 5 Grad gehen die Pflanzen kaputt“, sagt Lisa Blomenkamp.

Kartoffelbauern, die über die Ernte in diesem Jahr schwärmen? Das erlebt man selten. Was die üblichen Sorten betrifft, ist allerdings auch der Jubel bei Hermann Blomenkamp nicht groß. „Wir haben bis zum Umfallen beregnet. Die Qualität hätten wir sonst nicht halten können.“ Hätten sie nicht bewässert, wären die Kartoffeln womöglich glasig geworden oder verwurmt. Nun liegen die runde „Gloria“ oder die rotschalige „Laura“ in der Lagerhalle und machen bei vier Grad Winterschlaf.

Kohlrouladen mit Rotkohl

Bis Mutter Dagmar Blomenkamp sie im Hofladen verkauft und die Kartoffeln auf dem Teller landen, etwa als Begleiter eines deftigen Wintergerichts mit Kohl. Die Blomenkamp-Töchter kennen zwar auch trendige Grünkohl-Smoothies. Aber beim Kohl mögen sie es am liebsten klassisch: „Ich liebe Rotkohl und Kohlrouladen“, sagt Anna (23). Aber nimmt man dafür nicht eher Weißkohl? „Rotkohl! Das ist so lecker.“ Die Kohlblätter kurz weich kochen, abschrecken, dann um das Hackfleisch binden und das Ganze schön in der Pfanne schmoren.

Die Familie Blomenkamp (v.l.): Vater Hermann (58), Mutter Dagmar (53), die Töchter Laura (21), Anna (23) und Lisa (25) sowie Thommy – der Hofhund.
Die Familie Blomenkamp (v.l.): Vater Hermann (58), Mutter Dagmar (53), die Töchter Laura (21), Anna (23) und Lisa (25) sowie Thommy – der Hofhund. © Fabian Strauch

Hermann Blomenkamp holt aus – und schlägt mit einem Messer zu. Spätestens in der letzten Oktoberwoche rollen die Köpfe. Zumindest beim Rot- und Weißkohl. „Der Wirsing verträgt je nach Sorte bis zu Minus zehn Grad“, sagt der Landwirt.

Aber immer ist die Kohl-Ernte Handarbeit, mit der Faust drückt er die äußeren Blätter des Weißkohls weg, um die Schnittstelle freizulegen. Und zack – der Kopf ist ab. Es gibt zwar Erntemaschinen. Aber die Köpfe werden dabei so unansehnlich, dass sie nur noch für die Dose taugen. Und im Hofladen der Blomenkamps sollen nur schöne Köpfe liegen, die richtig gut schmecken. Wenn nur nicht nach dem Kochen der strenge Geruch in der Wohnung hängen bliebe. Kennt der Landwirt einen Tipp? „Fenster aufmachen.“

Da muss man halt durch. Dafür lässt sich ein Kohl ewig lagern. „Trocken, kühl und dunkel – wie bei der Kartoffel“, erklärt Lisa Blomenkamp. „Aber nicht im Kühlschrank, das ist zu feucht.“ Also lieber keinen Vorrat anlegen, sondern bei Bedarf nachkaufen und auf den Strunk achten. „Wenn er bräunlich ist und weich, dann liegt der Kohl schon länger“, sagt die Studentin der Agrarwissenschaften. Sie wird den Hof wahrscheinlich mal übernehmen. Er ist seit vielen Generationen in Familienhand. Aber wie lange schon, kann die Familie nicht sagen. Das schöne Fachwerkhaus ist jedenfalls von 1784.

Neben den Sorten für Kartoffelsalat gibt es jetzt auch welche für Süßkartoffel-Pommes.
Neben den Sorten für Kartoffelsalat gibt es jetzt auch welche für Süßkartoffel-Pommes. © Fabian Strauch

„Ich kann nichts anderes“, sagt Lisa Blomenkamp lachend. „Ich will nichts anderes.“ Die abwechslungsreiche Arbeit in der Natur gefällt ihr. „Man ist dadurch ein bisschen geerdet.“ Auf einer rund 30 Hektar großen Fläche baut die Familie an. Auf Bio haben sie nicht umgestellt, weil ihnen der Großteil der Felder nicht gehört. Die Familie pachtet sie. Allerdings nicht jedes Jahr die gleichen. Der Tausch der Felder mit anderen Landwirten bringt Abwechslung bei der Fruchtfolge, was wiederum gut für die Böden ist, auf denen nun in langen Reihen der Kohl wächst. Das ist nicht ungewöhnlich für den Stadtteil Serm, der besonders nach dem Zweiten Weltkrieg als Duisburgs Gemüsegarten bekannt wurde und den passenden Spitznamen bekam: „Kappes-Serm“.

Die Sonne steht herbstlich tief an diesem frühen Abend und strahlt die Köpfe auf dem Feld an. Schönes Licht, schöne Stimmung. Hermann Blomenkamp schmunzelt: „Kappes-Romantik“.

>> DER BLOMENKAMP-HOF

Der Hofladen an der Dorfstraße 142 in 47259 Duisburg: Montag bis Freitag, 8 bis 13 Uhr sowie 15 bis 18 Uhr. An Samstagen schließt er um 13 Uhr. Mehr Infos unter 0203 / 78 16 17 bürgershof-blomenkamp.de