Machen Sie einen Rundgang durch Schlösser, Burgen und Ruinen in unser Region. Mit einem neuen Buch, das Wissenswertes und Sagenhaftes erzählt.
Wer hätte gedacht, dass das Revier der Schlote und Fördertürme zugleich eine der dichtesten Burgenlandschaften Europas ist! Als sich unsere Zeitung vor einer Weile daran machte, eine Burg nach der anderen und Schloss um Schloss an Rhein, Ruhr und Lenne zu besuchen, hätten wir nicht im Traum geglaubt, dass es ein ganzes Jahr dauern würde, bis wir auch nur die wichtigsten besichtigt hätten.
Die 41 porträtierten Adelssitze von einst (und manche sind es ja bis auf den heutigen Tag) liegen in einem Umkreis von knapp 150 Kilometern; manche beherbergen ein Museum, andere ein Hotel oder Restaurant, eine andere die Klinik für Psychotherapie.
Sagenhafte Geschichten
Von einigen sind nur noch ruinenhafte Reste vorhanden, und nicht wenige sind legendenumwoben von sagenhaften Geschichten wie die Burg Hardenstein in Witten, deren liederlicher, in jeder Hinsicht spielfreudiger Zwergenkönig Goldemar es bis in die berühmte Sammlung der Brüder Grimm geschafft hat.
Von Ritterromantik kann selbstverständlich bei den wenigsten die Rede sein, dafür wird heute in jedem zweiten dieser Adelssitze eine ganz andere Romantik beschworen, nämlich die fürs Leben: Von Schloss Wissen in Weeze im Westen bis Haus Opherdicke im östlichen Holzwickede erschallt ein um das andere standesamtliche Ja-Wort, mal zudem auf evangelisch oder katholisch in einer Kapelle – und am Düsseldorfer Schloss Benrath gar freikirchlich.
Ein Treffen mit Türmer und Nachtwächter
In manchen Schlössern wie Haus Bladenhorst in Castrop-Rauxel wird heutzutage sogar gutbürgerlich gewohnt, hier teilen sich 50 Menschen 25 Wohnungen, teils in den Wirtschaftsgebäuden – und einmal hätte, wie sollte es anders sein, auch hier nicht viel gefehlt und das Renaissance-Gebäude wäre zugunsten eines Stahlwerks abgerissen worden. Im Wehrturm sitzt übrigens eine Zigarrenmanufaktur für die Marke „Fidel Castrop“, die rundum in Castrop-Rauxel hergestellt wird.
Hin und wieder sind auch wie auf Burg Blankenstein noch Türmer und Nachtwächter anzutreffen, die dieser Profession allerdings nur nach Feierabend und den Besuchern zuliebe nachgehen. In Blankenstein, wo man wunderbar über weite Strecken des Ruhrtals hinwegsehen kann, ist man Touristen gewohnt: Seit mehr als einem Jahrhundert wird die einstige Hauptburg der Grafschaft Mark vielleicht auch deshalb besucht, weil die Vorstellung, hier ohne Heizung und fließendes Wasser wohnen zu müssen, eine ganz besondere Art von Mittelalter-Schauer hervorruft.
Entdecken Sie noch recht unbekannte Burgen
Es gibt tatsächlich noch recht unbekannte Herrenhäuser zu entdecken (Burg Lüttinghof in Gelsenkirchen, das älteste Gebäude der Stadt! Oder das Wasserschloss Haus Dellwig in Dortmund, das von einem Naherholungsgebiet umgeben ist).
Und dass fällt nun leichter denn je, weil unsere Burgen- und Schlösser-Serie zwischen zwei Buchdeckeln zu haben ist, mit Adressen, Parkplatz-Hinweisen, Bus- und Bahn-Haltestellen, Besonderheiten und gastronomischen Hinweisen zu jedem Gebäude.
Eine ganze Seite ist den jeweiligen Heiratsmöglichkeiten gewidmet. Die besuchten Schlösser und Burgen sind nach Standorten alphabetisch geordnet, das reicht von der Burg Altena bis Haus Herbede in Witten.
Das Buch zur Serie: Maren Schürmann / Georg Howahl: Schlösser, Burgen und Ruinen – Historische Gemäuer und ihre Geschichte im und um das Ruhrgebiet, Klartext Verlag, 160 S., 14,95 Euro
>> EIN BLICK INS SCHLOSS – DREI BEISPIELE
Burg Altena: Wer die Burg betritt, kann nicht nur die Ahnengalerie der „Grafschaft Mark“ und das gleichnamige Museum bewundern mit Rüstungen, Kanonen und Pistolen. Er sieht auch Stockbetten.
Es handelt sich um die über 100 Jahre alte Originaleinrichtung der ältesten ständigen Jugendherberge der Welt. Dabei muss heute keiner mehr den Berg zur Burg erklimmen: Ein Aufzug bringt den Besucher von der Fußgängerzone auf den Burghof.
Infos: Fritz-Thomée-Str. 80. Einkehr: Burgrestaurant. Teils ohne Eintritt begehbar. Museum und Drahtmuseum/ mit Aufzug: 6 €/ 9 €. Kinder: 3,50 €/ 5 € 02352/ 966 7033, burg-altena.de
Schloss Moyland: Von außen Cinderella-Schlösschen, von innen kühle, moderne Architektur und... Kunst! Der weltweit größte Bestand an Werken von Joseph Beuys wird in den Mauern von Moyland in Bedburg-Hau der Öffentlichkeit präsentiert. Werke, die von den niederrheinischen Brüdern van der Grinten gesammelt wurden.
Dass Moyland, erstmals erwähnt im Jahre 1307, sich innen bewusst nüchtern gibt, ist nicht nur dem musealen Charakter geschuldet, sondern auch der Geschichte. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es eine Ruine, die zunehmend verfiel. Vom ihrem Inneren war so gut wie nichts erhalten. Erst zu Beginn der 1990er-Jahre fanden sich Stiftungspartner, die das Schloss in alter Pracht wieder aufbauen wollten. 1997 wurde es als Museum mit zahlreichen Beuys-Werken wiedereröffnet. Der Künstler selbst war zu dieser Zeit schon seit elf Jahren verstorben. Außerdem sehenswert auf Moyland: Auch im prächtigen Schlosspark findet sich moderne Kunst, ebenso eine hinreißende Hortensiensammlung.
Infos: Am Schloss 4. Einkehr: Schlosscafé in der Vorburg. Eintritt Garten 2 €, Ausstellung Erwachsene ab 7 €, Kinder ab 6 und Jugendliche 3 €, 02824/9510-60, moyland.de
Haus Kemnade: In Hattingen. Oder doch Bochum. Denn Haus Kemnade steht auf Hattinger Stadtgebiet, gehört aber seit 1921 zur Nachbarstadt. Der Besucher betritt es am besten erhobenen Hauptes, denn über seinem Kopf gibt es einiges zu entdecken: die verzierte „Kölner Decke“ oder Medaillons mit geschnitzten Figuren. Und so mancher Kaminsims erzählt farbenfroh Geschichten, etwa die von der Schöpfung.
Das Gemäuer – urkundlich erstmals 1410 erwähnt – hat einen Wassergraben, aber es war nie eine wehrhafte Burg. Die Herren von Stiepel durften hier das Recht sprechen. Heute können sich Paare standesamtlich trauen lassen.
Besucher bewundern eine ostasiatische Sammlung mit geschnitzten Figuren – dieses Mal aus Japan. In der „Schatzkammer“ sind ungewöhnliche Spardosen zu sehen. Und in der größten privaten Musikinstrumenten-Sammlung in NRW startet am Sonntag, 8. Juli 2018, die neue Ausstellung „Vom Instrument in die Konserve“: Fotos dokumentieren bis zum 2. September 2018 den Weg von der Idee für ein Musikstück bis zum Tonträger.
Infos: An der Kemnade 10. Einkehr: „Burgstuben“. Freier Eintritt. Führungen: 02324/30 268. fv-hauskemnade.de