Essen. . Alle Bürger können bei der Nabu-Aktion mitmachen: Fliegen, Bienen und Ameisen werden ab 1. Juni gezählt, um mehr über die Nützlinge zu erfahren.
Ein dramatisches Insektensterben beklagten im vergangenen Jahr Krefelder Forscher. Gründe dafür sind etwa die intensive Landwirtschaft, der Einsatz von Pestiziden. Der Nabu ruft daher nun bundesweit zur Bürger-Wissenschaft auf und erweitert den Forscherblick von Schmetterlingen auf alle Insekten. Maren Schürmann sprach mit Daniela Franzisi, Projektleiterin des „Insektensommers“, warum man sich den kleinen Nützlingen mutig nähern sollte.
Von wo aus sollte man die Krabbler beobachten?
Daniela Franzisi: Auf jeden Fall draußen. Ich bin schon gefragt worden: ,Darf ich das Silberfischchen in meinem Bad auch zählen?’ (lacht) Wir haben acht Lebensräume auf unserem Formular vorgegeben, darunter Garten, Park oder auch Balkon. Da kann man ebenfalls einiges entdecken, wenn man in einen Blumenpott schaut: Was lebt da eigentlich mit mir? Es ist gut, wenn man eine Lupe hat, aber erstmal kann man auch einfach so schauen.
Welche Tierchen sollte man denn notieren? Jede Kellerassel? Jede Spinne? Zählen die überhaupt dazu?
Nein. Alle Insekten sind ein klassischer Dreiteiler: Jedes Insekt hat einen Kopf, einen Brustteil und ein Hinterteil. Bei der Spinne sind es nur zwei Körperteile, die man klar voneinander getrennt sieht. Ein weiteres wichtiges Merkmal sind auch die Beine: Bei dieser Aktion zählen wir die Sechsbeiner. Spinnen haben acht Beine, Asseln haben noch mehr. Und das dritte markante Merkmal: Die meisten Insekten haben Flügel. Man hat schließlich noch keine fliegende Spinne gesehen. Höchstens in einem Horrorstreifen.
Ameisen haben aber nicht immer Flügel...
Ich habe ja gesagt: Die meisten Insekten haben Flügel. (lacht) Bei den Ameisen haben nur die Königinnen Flügel, wenn sie einen neuen Staat gründen. Das ist meistens nur in einer bestimmten Zeit im Frühjahr. Aber wenn sie danach hauptsächlich wieder unter der Erde sind, dann werfen sie die Flügel ab.
Schmetterlinge faszinieren die Menschen – sie sind so hübsch anzusehen. Eine Fliege wird dagegen als Ungeziefer verscheucht. Manche Menschen ekeln sich sogar vor Insekten...
Das liegt auch daran, dass Insekten mit Dingen zu tun haben, die wir Menschen nicht als positiv erleben. Mist ist natürlich nichts Schönes. Aber Insekten wie der Mistkäfer sind dafür zuständig, dass in Ökosystemen die Müllabfuhr funktioniert. Solche Insekten sind ganz wichtige Tiere für unterschiedliche Ökosysteme.
Manche Stechmücken gelten jedoch sogar als Krankheitsüberträger...
Andere Insekten sind dagegen wichtig für die Medizin. Der asiatische Marienkäfer enthält ein Protein, das für die Medizin interessant ist. Es hat eine antibiotische Wirkung. Insekten sind außerdem Bestäuber von 90 Prozent aller Wildpflanzen auf der Welt und sind für die Vielfalt an Pflanzen und an Obst- und Gemüsesorten verantwortlich. Und sie sind für das Gleichgewicht der Tierpopulationen zuständig. Sie gleichen die Bestandszahlen aus – durch das System: Fressen und gefressen werden.
Warum sollen die Menschen erst ab dem 1. Juni die Insekten zählen? Die Hummel ist ja schon früher unterwegs.
Hummeln sind eine der ersten Insekten, die man im Frühjahr sieht, sie finden schon bei den Frühblühern Nahrung. Im Sommer kann man aber die meisten erwachsenen Insekten entdecken. Sie stecken vorher in Verwandlungsphasen: Raupen, Larven, Engerlinge. Sie leben oft versteckt oder in der Erde. Da kann man sie nicht so leicht finden. Ein anderer Aspekt ist natürlich, dass der optimale Tag, um Insekten zu entdecken, ein sonniger, am besten noch windstiller Tag ist.
Allein bei den Bienen gibt es ja unzählige Arten, wie genau muss man sie bestimmen?
Die Menschen sollen so genau wie möglich bestimmen. Aber selbst Experten spezialisieren sich auf einzelne Insekten, weil es so viele Unterarten gibt.
In NRW werden ja zwischen den beiden Insektensommer-Terminen im Juni und August noch mal speziell die Schmetterlinge gezählt. Und wenn ich einen Schmetterling während der Insektensommer-Zeit entdecke...
Dann dürfen Sie den auch beim Insektensommer zählen. Der Schmetterling ist schließlich ebenfalls ein Insekt.
>> DER INSEKTENSOMMER BEGINNT AM 1. JUNI
Vom 1. bis zum 10. Juni sowie 3. bis zum 12. August kann man Insekten zählen. Je eine Stunde, von einem Beobachtungspunkt aus, in einem Umkreis von etwa zehn Metern.
Man kann die Insekten ausschließlich digital melden: über insektensommer.de oder die kostenlose App „Insektenwelt“, die kurz vor Start fertig sein soll. Dort sind 120 Arten beschrieben, mit der man die Tiere leichter bestimmen kann. Der Nabu wertet die Daten aus, um so mehr über den Bestand der Insektenarten zu erfahren