Pasadena. . Marja Seidel aus Waltrop arbeitet als Astronomin in den USA. Dort erforscht sie entfernte Galaxien. Ihr größter Traum: eine Reise ins All.

Der Weltraum, unendliche Weiten, dies sind die Abenteuer von Marja Seidel. Die 29-jährige Astronomin aus Waltrop erforscht an den Carnegie Observatories in den USA unentdeckte Bereiche unseres Universums. Beinahe wäre sie sogar ins All geflogen. Sebastian Hetheier sprach mit Marja Seidel über ihre Faszination für den Kosmos, die Erforschung dunkler Materie und den Wunsch, Astronautin zu werden.

Warum begeistern sich Menschen eigentlich für den Weltraum?

Ich glaube, bei den Menschen gibt es so etwas wie eine angeborene Neugier. Wir stellen uns Fragen wie: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Und wo sind wir hier überhaupt? Ich denke, es gehört insgesamt zur menschlichen Natur, diese Fragen zu stellen und zu versuchen, darüber mehr herauszufinden.
Dieser Entdeckergeist bringt uns dazu, immer weiter zu gehen.

Und was hat Sie angetrieben, den Kosmos zu erforschen?

Marja Seidel träumt von einer Reise ins All als Austronautin.
Marja Seidel träumt von einer Reise ins All als Austronautin.

Als Kind war mein größter Wunsch, entweder Wissenschaftlerin oder Astronautin zu werden. Ein besonderes Ereignis war für mich, als Mitte der 90er-Jahre der Komet Hale-Bopp am Himmel zu sehen war. Da habe ich angefangen, darüber nachzudenken, was man alles für spannende Phänomene am Himmel beobachten kann. Und jetzt schaue ich mir in meinem Beruf weit entfernte Galaxien an, die man mit dem bloßen Auge nicht sehen kann.

Sie haben in jungen Jahren schon eine erstaunliche Karriere hingelegt. Beschreiben Sie doch mal Ihren Weg vom beschaulichen Waltrop ins sonnige Kalifornien.

Ich habe an der Jacobs University in Bremen studiert, die so eine Art Hybrid zwischen deutscher und amerikanischer Uni ist und leider auch so hohe Studiengebühren wie in den USA verlangt. Ich habe ein Stipendium bekommen und den Studiengang „Earth and Space Sciences“ sowie Physik im Bachelor studiert. Später hat es mich für meine Masterarbeit und meine Doktorarbeit nach Teneriffa ans Instituto de Astrofísica de Canarias verschlagen. Jetzt arbeite ich in den USA an einem interdisziplinären Projekt mit, in dem Astrophysiker und Wissenschaftsphilosophen zusammenarbeiten, um dunkle Materie und dunkle Galaxien aufzuspüren. Das ist eines der größten Rätsel der Astrophysik.

Wie wollen Sie das Rätsel lösen?

Die dunkle Materie macht den Großteil des Universums aus, ist aber schwierig direkt zu beobachten, weil sie in keiner Weise Licht aussendet oder reflektiert. Man kann nur die Einwirkungen ihrer Schwerkraft beobachten. Anhand von bestimmten Galaxienkollisionen glauben wir, der dunklen Materie auf die Spur zu kommen. Zurzeit arbeite ich an Simulationen und mache Beobachtungen an einem der weltweit größten Teleskope in der Atacamawüste in Chile.

Sie wären sogar selbst beinahe ins All geflogen, wie kam es dazu?

Meine Eltern haben mir während einer Expedition durch Kolumbien irgendwann einen Zeitungsausschnitt von der Initiative „Die Astronautin“ gesendet und gesagt: „Die suchen dich“. Alles, was zum Astronauten-Beruf dazu gehört, würde einfach super zu mir passen. Mir gefallen die unterschiedlichsten Bereiche der Wissenschaft, ich halte mich gerne fit und spreche gerne unterschiedliche Sprachen. Ich konnte mich aber vor allem mit dem Ziel der Initiative identifizieren, Frauen und Mädchen für Wissenschaft und Technik zu begeistern.

Was wurde von den Bewerberinnen erwartet?

Es wurden deutsche Frauen zwischen 27 und 37 gesucht. Man musste ein abgeschlossenes Studium im wissenschaftlichen oder medizinischen Bereich oder eine Pilotenausbildung vorweisen. Berufserfahrungen und Englischkenntnisse wurden ebenfalls vorausgesetzt. Es gab Bonuspunkte, wenn man zum Beispiel einen Tauchschein besaß, einen Flugschein hatte oder Russisch sprechen konnte. Da konnte ich dann eigentlich fast alles ankreuzen.

Wie ging es für Sie weiter?

Nach der Zusage irgendwann im Sommer 2016, war ich unter den ersten 90 Frauen aus einem Feld von 400 Bewerberinnen. Daraufhin gab es jede Menge Tests. Da wurde man unter anderem auf Englisch- und Mathekenntnisse, Psychomotorik und technisches Verständnis geprüft. Dazwischen gab es immer wieder sehr viele psychologische Fragen in der Art wie „Klaust du?“ oder „Wenn alle Menschen so denken wie du, meinst du, dann wäre die Welt besser?“

Dann haben Sie es unter die Top 30 geschafft, sind dann aber ausgeschieden. Woran lag es?

In der vorletzten Runde hatte ich mir eine dicke Grippe mit Fieber zugezogen. Ich konnte kaum noch stehen, habe es aber trotzdem versucht. Am Ende musste ich leider abbrechen. Das war schon hart.

Wie geht es nun weiter?

So eine Chance wie „Die Astronautin“ kommt leider nicht noch einmal. Ich hoffe, dass die Europäische Raumfahrtagentur ESA bald wieder Astronauten sucht. Da werde ich mich sofort bewerben.