Duisburg. . Vielen fällt das Witze erzählen schwer. Der Duisburger Comedian Markus Krebs weiß worauf es bei einem guten Witz ankommt.
Kommt ein Mann zum Arzt . . . Ein typischer Witze-Anfang, ob beim Bier in der Kneipe oder in der Bütt beim Karneval. Doch selbst wenn die Pointe originell ist, erntet der eine nur müdes Lächeln, während der andere beim selben Witz mit schallendem Gelächter belohnt wird. Witze-Erzählen ist nicht jedem gegeben. Maren Schürmann sprach mit dem Witze-Profi Markus Krebs (47) aus Duisburg über die Kunst, die Menschen zum Lachen zu bringen.
Was macht einen guten Witz aus?
Markus Krebs: Es kommt gar nicht darauf an, dass der Witz so lustig ist. Die Dramaturgie muss stimmen, der Witz muss spannend bleiben. Manchmal ist eine Pause viel mehr wert als jedes Wort. Natürlich ist die Pointe wichtig. Es gibt aber Witze, die sind einfach doof. Aber wenn man die schön erzählt, dann passt das. Ich sag zum Beispiel: „Ich habe eine Reise gewonnen: 2 Tage für 14 Personen.“ Da habe ich nur zwei Sachen geändert, aber es wird witzig.
Ihre Witze sind ja unglaublich kurz. Zwei Sätze und es knallt. Macht es einen guten Witz aus, wenn er besonders kurz ist?
Nein, es gibt richtig gute lange Witze, aber auch die müssen eine Dramaturgie haben, damit die Leute wissen wollen, wie’s weitergeht. Die kann man im Karneval nur zum Schluss erzählen, erst muss man durch kurze Witze Aufmerksamkeit erringen.
Erzählen Sie immer Witze, privat und auch schon als Schüler?
Wegen derselben Sache, die ich jetzt mache, bin ich oft aus der Klasse geflogen. Und wenn ich heute in einer Kneipe sitze, dann muss ich einfach Witze erzählen. Irgendeiner fängt mit einem Witz an, und schon rennt man bei mir offene Türen ein.
Manche Leute können ja überhaupt keine Witze erzählen . . .
Ich habe einen Bekannten, der versucht das immer: „Da treffen sich zwei Nonnen, nee, eine Nonne und, nee, zwei Pfarrer.“ Wenn der schon so anfängt, dann kann ich mich kaputtlachen. Und dann kommt: „Ich weiß nicht mehr genau, wie der Witz weitergeht, aber die Pointe war ,grün’“. Keiner weiß, worüber er geredet hat, aber er lacht und lacht.
Kann man das Witze-Erzählen üben?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Es gibt aber Leute, die an der Theke wirklich gute Witze erzählen können. Die sagen aber, das könnten sie nicht vor vielen Leuten in einer Halle. Aber in den paar Kneipen, die es noch gibt, wenn da Ältere sind, die haben noch ein paar Klopper drauf, da lege auch ich noch die Ohren an. Also richtig gut.
Ist das Witze-Erzählen auch eine Generationenfrage?
Den allgemeinen Witz wird es immer geben, glaube ich. Aber die werden anders. Ich sage immer, die Facebook-Witze von heute sind das, was früher unsere Manta- oder Blondinen-Witze waren. Die jungen Leute schießen sich dann auf etwas anderes ein, wo ich dann gar nicht mehr weiß, worum es geht.
Ich habe den Eindruck, die Leute genießen die Schadenfreude.
Ich benutze nur fiktive Personen. Es gibt ja welche mit einem leichten Übergewicht. Das habe ich ja auch, deswegen kann ich darüber reden. Aber schwere Krankheiten sollten nicht vorkommen. Die Leute wollen sich ablenken. Ich sage lieber: „Der hat leicht einen am Helm.“ Das ist doch schön. „Der hat leicht einen am Helm. Der hat Pizza gemacht: 220 Minuten bei 15 Grad.“
„Ich erzähle Euch jetzt einen Witz“ – das ist kein guter Einstieg, oder?
Nee, das ist, als ob man den die ganze Zeit auf den Lippen hatte und jetzt unbedingt erzählen muss. Und dann vielleicht in einer Situation, wenn sich andere unterhalten. Wenn man einen Witz dreimal anfangen muss, weil andere noch sprechen, brauchst du ihn nicht mehr zu erzählen. Lieber Bezug auf die Situation nehmen oder: „Ich weiß noch, wie wir damals nach Mallorca geflogen sind.“ Und dann: zack, kommt der Witz. Sobald es ruhig ist, kannst du anfangen, den Witz durchzuschießen.
Viele Menschen behaupten, sie könnten sich keinen Witz merken. Kennen Sie einen Trick?
Wenn ich das erzähle, denken die Leute, ich hätte einen Lattenschuss….
Jetzt werde ich richtig neugierig.
Ich habe Schubladen im Kopf, wo ich Sachen ablege. Ich stelle mir einen Schreibtisch vor und weiß zum Beispiel jede Pin-Nummer, weil sie da und da liegt. Hört sich panne an, funktioniert aber immer.
Üben Sie Ihre Witze eigentlich vorm Spiegel?
Nein, vor den Katzen (lacht). Ich habe drei Katzen, ich erzähle das, als ob das mein kleines Publikum ist. Ich habe auch manchmal das Gefühl, ich kriege Reaktionen. Aber meistens pennen sie.
- Markus Krebs live: 21.3. Hemer, 22.9. Essen, 8.11. Siegen
>>>Der Witz ist wie ein Zaubertrick:
Wie das Lachen die Menschen miteinander verbindet
Viele Menschen behaupten: „Ich kann mir keinen Witz merken!“ Und dann stupsen sie den guten Witze-Erzähler in der Runde an und fordern ihn auf: „Erzähl noch mal den mit dem Papagei.“ Denn die Pointe, bei der sie intensiv Freude gefühlt haben, können sie sich noch merken. Der oft eher langweilige Einstieg ist da schon längst durchs „Gehirn-Sieb“ gefallen. Der britische Comedian Ricky Gervais hat dieses Phänomen veranschaulicht: „Ein Witz ist wie ein Zaubertrick. Du gierst nach dem Trick und übersiehst, was der Zauberer davor gemacht hat.“
Selbst, wer einen Witz parat hat, muss auch den Mut haben, im Mittelpunkt zu stehen und den Druck auszuhalten, ob die Pointe zündet. Der Witze-Erzähler braucht rhetorische Fähigkeiten, sonst erntet er peinliches Schweigen. „Man muss einen Spannungsbogen aufbauen und den halten. Oder auch brechen – das Typische beim Witz“, sagt Kevin Liggieri, Philosoph an der Ruhr-Uni Bochum und Herausgeber des Buches „Fröhliche Wissenschaft: Zur Genealogie des Lachens“.
Das Unerwartete lässt die Zuhörer lachen. Dabei werden im Körper Endorphine, also Glückshormone ausgeschüttet. „Die eigenen alltäglichen Probleme wirken dann kleiner“, so Liggieri. Ein Mensch, der zu so etwas fähig ist, erscheint natürlich attraktiv.
Die anderen suchen die Nähe zum Witze-Erzähler. Gemeinsames Lachen ist wie ein soziales Band, das eine Gruppe zusammenhält. Und andere ausgrenzt, wenn sich der Witze-Erzähler über Menschen lustig macht. „Es gibt immer die beiden Seiten beim Lachen“, betont Liggieri. „Das Verbindene und das Trennende.“ Es liegt in der Macht des Witze-Erzählers.
Komikerin de Feo: Ich kann keine Witze erzählen
Carmela de Feo, besser bekannt in ihrer Rolle der „La Signora“, der italienischen Gouvernante mit sprödem Pott-Charme, füllt die Zuschauersäle in der Region. Die Menschen bedanken sich nach ihren Auftritten: „Ich habe lange nicht mehr so sehr gelacht.“ Und doch behauptet die 44-Jährige aus Essen: „Ich kann keine Witze erzählen.“
„Witze sind kurz, knackig, auf den Punkt gebracht. Es ist eher ein kurzes Amüsement.“ Sie selbst schmückt die Geschichten lieber aus, sie spielt mit Wörtern, mit der Mimik, um dann in der richtigen Situation den Gag zu landen. „Das ist eine ganz andere Technik.“
Die Menschen bringt sie trotzdem gern zum Lachen, auch privat liebt sie die Situationskomik. „Es ist ein Türöffner, wenn man jemanden kennenlernt.“ Außerdem sei es ihr ein Grundbedürfnis: „Ich möchte, dass alle glücklich sind.“ Fest steht: Wer keine klassischen Witze erzählen kann, hat vielleicht trotzdem viel Humor.