Essen. . Wo neue Vorsätze und Pläne auftauchen, sind auch die Widerstände im Kopf nicht fern. Um sie zu überwinden, sind ein paar Strategien hilfreich.
Nun ist das neue Jahr erst ein paar Tage alt – aber die guten Vorsätze der Silvesternacht sind für viele schon so verpufft wie Himmelsstürmer-Raketen, Chinakracher und Zieselmännchen. Die erste Zigarette ist längst doch wieder geraucht, das erste Fast Food vertilgt – und wollten wir nicht eigentlich schon in dieser Woche viermal ins Fitnessstudio, um gleich zu Anfang den Weihnachtsspeck wieder schmelzen zu lassen? Und wer ist schuld an der ganzen Misere? Natürlich gibt es da nur einen: den inneren Schweinehund.
In der Silvesternacht, eine Straße in Bochum-Gerthe. Ein Freund steht neben mir. Er hat nach dem gemeinsamen Spanien-Urlaub aufgehört zu rauchen. Nun hat es gerade Mitternacht geschlagen – und ich sehe eine Zigarette in seiner Hand glimmen. Ich denke: Oh, da hat der innere Schweinehund doch gesiegt. Er nimmt einen Zug, verzieht das Gesicht und sagt: „Uah, die schmeckt mir überhaupt nicht mehr!“ Und ich denke erleichtert: Da hat wahrscheinlich doch jemand über den inneren Schweinehund gesiegt.
Stellvertreter für die Willensschwäche
Nun, Menschen, die Erfahrungen damit gesammelt haben, sich das Rauchen abzugewöhnen, werden bestätigen: Ein kleiner Rückfall kann auch sehr leicht schlecht ausgehen.
Das Phänomen des inneren Schweinhunds dürfte allgemein bekannt sein: Wer sich nicht dazu überwinden kann, mit einer unangenehmen oder anstrengenden Angelegenheit zu beginnen oder sie konsequent fortzuführen, macht gern eben jene Sprach-Chimäre dafür verantwortlich. Sprachlich kommt der Schweinehund eigentlich aus dem Reich der Schimpfwörter, er wird (wie der für die Wildschweinjagd eingesetzte) Sauhund als herabwürdigende Beleidigung benutzt. Das Bild des „inneren Schweinehunds“ besagt also, dass in uns selbst ein niederes Wesen wohnt, das für Faulheit, Willensschwäche oder einen Mangel an Selbstdisziplin verantwortlich ist. Womit wir uns zumindest linguistisch selbst von der Schuld dafür freisprechen.
Das eigentliche Problem sollte man aber nicht Schweinehund nennen, sondern Unterbewusstsein. „Unser Unterbewusstsein kann Unsicherheit und Veränderungen nicht ausstehen! Wenn wir Gewohnheiten, Zwängen, Problemen oder Konflikten bewusst auf den Leib rücken, dann stellt sich das Unterbewusstsein meist quer“, schreiben die beiden Psychologen Volker Kitz und Martin Tusch in ihrem Buch „Psycho? Logisch!“. Denn selbst schlechte Angewohnheiten, die wir eigentlich loswerden wollen, geben uns ein Gefühl der Sicherheit und Kontrollierbarkeit. Wohingegen Veränderung stets mit Unsicherheit verbunden ist.
Wenn die Ausreden anfangen
Die beiden raten, auf der Suche nach den inneren Widerständen genau dort zu suchen, wo man mit Ausreden beginnt: „Och, so schlimm ist das Rauchen nun auch nicht!“ oder „Einmal ist keinmal!“ Und sich an diesen Stellen die schlimmstmöglichen Folgen (Raucherlunge, Krebs) auszumalen. Sie raten zudem zur Autosuggestion. Selbst solche hohlen Formeln wie „Ich schaffe das allein mit meiner Willenskraft!“ könnten helfen – nicht weil sie von sich aus wirksam sind, sondern weil sich das Unterbewusstsein bei einer ständigen Wiederholung solcher Sätze auf die Veränderung einstimme.
Was noch hilft: realistische Ziele setzen. Wer sich grob vornimmt: „Ich werde jetzt zum Muskelpaket!“ und anschließend wie verrückt zum Krafttraining rennt, wird eher scheitern als jemand, der konkret sagt: „Ich gehe pro Woche zweimal zum Krafttraining – für mindestens drei Monate!“ Denn es geht auch darum, im Hirn neue Gewohnheiten zu etablieren. Was über einen längeren Zeitraum eingeübt wurde, wird am Ende dieses Zeitraumes nicht mehr schwerfallen – und nach Ablauf der Zeit kann man die Veränderungen betrachten und stolz darauf sein. Im Anschluss sollte derjenige sich neue, vielleicht etwas höhere Ziele stecken.
Ziele möglichst schriftlich festhalten
Nützlich: Wer ein Ziel formuliert, sollte es möglichst genau formulieren und am besten schriftlich festhalten. Denn nur so hat man einen untrüglichen Blick darauf, was das eigentliche Ziel war. Stellt sich ein formuliertes Ziel als zu hoch heraus, kann man immer noch Anpassungen vornehmen, ohne gleich das gesamte Ziel zu verwerfen.
Was ebenfalls beim Verfolgen der Ziele hilft: Unterstützung heranziehen. Wer sich einen Trainingspartner sucht, der liefert sich selbst einer Form sozialer Kontrolle aus. Es wäre doch peinlich vorm Partner, wenn schon nach kurzer Zeit die Flinte ins Korn zu werfen. Außerdem kann man beim gemeinsamen Training auch die deutlichen Fortschritte des Partners beobachten, was noch einmal leichter fällt, als nur sich selbst zu betrachten. Zudem: Ein guter Trainingspartner zieht einen aus dem Motivationsloch.
Mit Rückschlägen rechnen
Auch das gelegentliche Scheitern sollte in die Pläne mit einbezogen werden. Beim Sport kann es tausend gute Gründe geben, warum es mit dem zweimal wöchentlichen Joggen etwa nicht klappt (Glatteis, Erkältung, Muskelzerrung). Und jedes Mal legt der innere Schweinehund einem den Gedanken nahe: Wenn man ohnehin schon vom Plan abweichen muss, dann hat es ja gar keinen Sinn.
Wenn man für solche Fälle aber gleich einen Ausweichplan parat hat (Training auf dem Heimtrainer oder nächstes Joggen möglichst in einer Woche, wenn die Erkältung/Zerrung weg ist), dann wird man umso leichter weiter am Ball bleiben. Das gilt übrigens auch für Rückschläge bei Diäten: Sogenannte „Cheat Days“ sind in Ordnung, solange man nach dem ersten Ausrutscher nicht gleich jeden Tag zum Pfuschtag ausruft.
Der innere Schweinehund, meint auch Ratgeberautor Stefan Frädrich, der eine ganze Reihe Motivationsbücher herausgegeben hat, darf ruhig „mal gewinnen“. Solange das fiese Viech nicht permanent die Oberhand gewinnt.
>> MEHR GLÜCK DURCH SELBSTWIRKSAMKEIT
Selbstwirksamkeit gilt heute bei vielen psychischen Problemen wie Ängsten und Depressionen als einer der Schlüssel zur Bewältigung. Der Begriff beschreibt die subjektive Gewissheit, schwierige Herausforderungen meistern zu können. Er fußt auf durchlebten Erfahrungen. Geprägt wurde der Begriff in den 70er-Jahren vom kanadisch-amerikanischen Psychologien Albert Bandura.
Er arbeitete vier Grundlagen für selbstwirksames Verhalten heraus.
1. Erfolgserlebnisse aus der eigenen Erfahrung: Wer schon selbst Dinge erreicht hat, wird aus der Erfahrung eine höhere Gewissheit ziehen, neue Aufgaben zu bewältigen.
2. Erfolge von Modellpersonen: Durch das Beobachten von erfolgreichen Personen, die ähnliche Kompetenzen wie man selbst besitzen, wird das Gefühl der Selbstwirksamkeit gesteigert. Stichwort: „Was die/der kann, das kann ich doch auch.“ Durch das Beobachten von Kompetenzen bei solchen Modellpersonen, können die Beobachter bei ausreichender Ähnlichkeit den Rückschluss ziehen, auch selbst solche Kompetenzen zu haben.
3. Soziale Ermutigung: Wer Zuspruch von außen erhält („Du machst das schon!“), wird auch eher daran glauben, eine Aufgabe tatsächlich zu schaffen.
4. Interpretation von emotionalen und körperlichen Zuständen: Oft können Erregungszustände wie Herzklopfen oder erhöhte Schweißbildung als Vorboten eines Scheiterns interpretiert werden. Selbstwirksame Menschen können solche Reaktionen als freudige Erregung und positiven Stress interpretieren.
Selbstwirksamkeit gibt den Menschen das Gefühl, mehr Kontrolle über ihr Leben zu haben – und erhöht so ihr subjektives Glücksgefühl. Mehr noch: Experimente haben gezeigt, dass sogar die Sterberate in selbstwirksamen Versuchsgruppen niedriger ist als in Gruppen ohne Selbstwirksamkeit.