Essen. Welcher Kinderbuch-Klassiker fasziniert Sie noch heute? Wir haben Buchhändler in unserer Region gefragt. Ein Blick ins Bücherregal:

Krabat

„Für mich war die Lektüre von „Krabat“ mit etwa neun Jahren die erste Erfahrung mit Spannung, die kaum auszuhalten war. Immer noch lebhaft habe ich in Erinnerung, dass ich mich beim Lesen gefürchtet habe und dennoch nicht davon lassen konnte. Diese Erfahrung war mir völlig neu. Ich habe das Buch gleich noch einmal gelesen, weil ich es so faszinierend fand.

Das Besondere und Zeitlose an dem Buch „Krabat“ ist meines Erachtens, einerseits die richtige Dosierung des Grusels für Kinder und andererseits Otfried Preußlers Menschenliebe und Sympathie für die Figuren. Dieser großartige Roman hat mich auch im Erwachsenenalter immer wieder fasziniert, egal ob ich ihn selber gelesen habe oder er mir vorgelesen wurde (unbedingt zu empfehlen).

Was dieses Buch mich gelehrt hat, ist die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Gefühle. Es ist nicht nur schrecklich oder rosarot. Man kann sich fürchten und gleichzeitig Freundschaft erleben. Man kann verzweifelt sein und sich dennoch geliebt fühlen. Als Kind habe ich das zwar nicht so gelesen, habe mich aber nach der intensiven Lektüre immer auch getröstet gefühlt.“

Elisabeth Evertz (51), Buchhandlung Scheuermann, Duisburg

Der Wind in den Weiden

„Mein liebstes Buch ist „Der Wind in den Weiden“ von Kenneth Grahame, vorzugsweise in der Übersetzung von Harry Rowohlt und mit den Illustrationen von Ernest Shepard. Beide haben auch „Winnie-the-Pooh“ übersetzt bzw. illustriert.

Es gibt viele Lieblingsszenen, zum Beispiel die verunglückte Autofahrt des so technikberauschten wie selbstverliebt-anmaßenden Kröterichs. Das Besondere ist der ‚tierische’ Humanismus, das Gefühl menschenfreundlicher Geborgenheit. die Achtung voreinander, die Hilfsbereitschaft und Lebensgewitztheit. Auch die Naturschilderungen sind haften geblieben, in denen etwa Strom noch nass ist und nicht aus der Steckdose kommt, um in ein Tablet zu fließen.“

Arndt Wiebus, Wiebus’ Buchhandlung, Oberhausen („Ich bin 6 bis 66, kommt immer darauf an, welches Buch ich gerade lese.“)

Nesthäkchen

„Mein Lieblingskinderbuchklassiker ist die „Nesthäkchen“- Reihe von Else Ury. Ich habe als Kind sehr viel Anteil an der Entwicklung des Nesthäkchens genommen und die Bände x-mal gelesen. Als Grundschulkind faszinierte mich auch besonders Nesthäkchens Teenagerzeit, da dies ja für mich noch unerforschtes Land war. Eine besondere Szene war eine für Annemarie heiß ersehnte Tanzveranstaltung, zu der sie in „Überschuhen“ ging (um ihre Tanzschuhe vor Schmutz zu schützen), die sie aber vergaß, auszuziehen. Was ihr natürlich irgendwann auffiel. Mir war so etwas natürlich völlig fremd!

Ich glaube nicht, dass die Nesthäkchen-Bücher heute noch für Kinder ansprechend sind. Die Probleme der wohlhabenden Arzttochter Annemarie bieten wenig Identifizierungsmöglichkeiten und der Sprachstil ist nicht zeitgemäß.

Vielleicht ist mir das Nesthäkchen auch deshalb so in Erinnerung geblieben, weil mir als Buchhändlerin später die Biografie über die Autorin Else Ury von Marianne Brentzel in die Hand fiel: „Nesthäkchen kommt ins KZ“.

Ich wusste nicht, dass Else Ury Jüdin war. So traf mich an dieser Stelle die volle Wucht des grausamen Nazi-Regimes.“

Sabine Friemond-Kund (49), Lesezeit, Voerde

Ferien auf Saltkrokan

„Immer wieder gerne nehme ich die Bücher von Astrid Lindgren in die Hand. Besonders mag ich „Ferien auf Saltkrokan“ und die „Bullerbü Bände“. Ich mag den respektvollen Umgang miteinander, eine Handlung, die ruhig erzählt wird und ohne große Dramen und Action auskommt. Deshalb finde ich auch, dass die Bücher heute noch für Kinder geeignet sind.

In diese Bücher kann man eintauchen. Sie zeigen eine schöne Welt, in der die Kinder im Vordergrund stehen und durch ein gemeinsames Handeln viel erreicht werden kann. Wenn ich in diesen Büchern blättere, kommen Kindheitserinnerungen wieder. Ich finde eine intakte und heitere Welt, die mich zur Ruhe kommen lässt.“

Gabriele Laucke (58), Buchhandlung Max Röder, Mülheim