Essen. . Alles scheint möglich, wenn man jung ist. Wenn man doch nur wüsste, welcher Weg der richtige ist. Ein Gespräch mit den Autoren eines neuen Buchs.

Warum verletzt mich Kritik so sehr? Warum sind meine Eltern wie Automaten? Was denken die anderen über mich? Wenn man gestern noch Kind war, schlagen heute die Gefühle und die Gedanken Purzelbäume. Um etwas Ordnung zu schaffen, haben die Jugendbuchautorin Alexa Hennig von Lange (44) und ihr Partner, der Journalist Marcus Jauer (43), ein Sachbuch für Jugendliche geschrieben: „Breaking Good – Mach dich glücklich!“ Maren Schürmann sprach mit den Eltern. Fünf Kinder leben unter ihrem Dach.

Wären Sie gern noch mal jung?

Sie: Nicht grundsätzlich, aber ich würde gern in bestimmte Situationen noch mal zurückkehren und dieses Gefühl der Jugend erleben, dieses Unbedingte, das Überraschende, diese vielen ersten Male. Da liegen Hoch und Tief so dicht beieinander. Diese Bandbreite von großen Gefühlen, das war etwas Besonderes. Aber wir erleben das durch unsere großen Kinder noch einmal mit und das ist fantastisch.

Er: Ich würde nicht gerne noch mal jung sein, aber ich habe beim Schreiben gemerkt, wie gerne ich jung gewesen bin. Das war toll zu sehen, wie nah das einem noch ist, was ja nichts anderes heißt, als dass man zu der Zeit richtig dabei war.

Was hätten Sie mit dem Wissen von heute als Jugendlicher anders gemacht?

Er: Wenn ich meinem jüngeren Ich heute begegnen könnte, würde ich sagen: „Hey, alles halb so wild, da wächst Gras drüber, Zeit heilt alle Wunden.“ Aber genau das ist einem ja gesagt worden, von den Eltern oder Freunden. In dem Augenblick konnte ich das nie so richtig glauben. Man muss diese Erfahrungen leider selber machen, so bitter, aber auch so schön sie sind.

Das Autoren-Duo: Alexa Hennig von Lange und Marcus Jauer.
Das Autoren-Duo: Alexa Hennig von Lange und Marcus Jauer. © Gene Glover

Sie: Unsere großen Kinder sind auch manchmal total von den Socken, wenn ihnen wieder irgendwas passiert ist. Wir erzählen dann, dass es uns damals ganz ähnlich ergangen ist. Nicht, um die Erlebnisse unserer Kinder zu schmälern, sondern um zu sagen, dass auch wir das überlebt haben.

Sie waren in den 80er-Jahren jung. War das etwas anderes, als heute aufzuwachsen?

Sie: Ich finde, die Kulisse ist eine andere, die Gegenstände, mit denen sich Jugendliche heute beschäftigen und von denen sie sich schneller ablenken lassen: Handy, Fernsehen, Internet und so weiter. Aber die Gefühle, die Sehnsüchte und die Nöte, die sind genauso wie schon zu Goethes Zeiten. Den Liebeskummer erleidet jeder heute genauso wie früher, die Unsicherheit, die Fragen: Bin ich beliebt? Gehöre ich dazu?

Auf Ihrem Buch steht: „Lerne, du selbst zu sein, dann kann dir nichts passieren.“ Wie gelingt einem das?

Sie: Es sind ja sehr subjektive Geschichten, die wir erzählen. Wir sind keine Therapeuten, die wissenschaftliche Tipps kennen. Wir sprechen rückblickend als Jugendliche, die heute überlegen, was sie damals lieber gesagt oder getan hätten. Wir erzählen davon, wie es sich anfühlen könnte, sich selbst zu vertrauen, dass man lernen kann, sich zu vertreten, sich auszuprobieren, dass einen nicht jedes Erlebnis den Abgrund hinunterstürzt. So verlieren sogar die heftigsten Situationen ihre Schwere. So bleibt auch ein Gefühl von Fröhlichkeit und Humor.

Für Teenager und auch für Eltern ist diese Zeit herausfordernd. Wie können Erwachsene lernen, gelassener und trotzdem eine Stütze zu sein?

Er: Wir Eltern glauben, noch viel für unsere Kinder regeln zu müssen. Sie machen sich schon auf den Weg ins eigene Leben, aber wir vertrauen noch nicht so ganz, dass sie es schon richtig machen werden. Und wenn unsere Kinder von Fragen gequält werden: Was passiert, wenn meine Freunde mich nicht mehr mögen? Wenn dieses Mädchen sich von mir trennt? Dann sollte man das Gefühl vermitteln: Dir kann nichts passieren. Wenn die Beziehung zerbricht, bist du trotzdem immer noch da. Wenn du die Lehrstelle nicht bekommst, wird etwas Neues passieren. Du gehst nicht verloren!

Sie: Ich beobachte, dass man als Eltern schnell mal Hochrechnungen betreibt. Läuft eine Sache in der Schule nicht so toll, sieht man gleich für die Zukunft schwarz. Mir hilft es oft, sich an meine eigene Jugend zu erinnern und zu erkennen, was für schräge Wege ich eigentlich gegangen bin. Die Jugend ist eben eine Zeit des Versuchens, des Suchens und am Ende auch Findens. Da können wir unseren Kindern vertrauen, dass auch sie ihren Weg finden wollen.

Haben Sie beim Schreiben auch Neues voneinander erfahren?

Sie: Wir haben abwechselnd die heftigsten Erlebnisse aus unserer Jugend aufgeschrieben. Natürlich tauchten da Geschichten auf, die recht überraschend waren. Gleichzeitig haben wir festgestellt, dass vieles, was zwischen Mädchen und Jungs damals furchtbar schiefging, unnötig war. Das hat uns für unsere Ehe auch noch mal kräftig geholfen.

>>BUCHKRITIK: EIN ORDNUNGSHELFER BEIM GEFÜHLSCHAOS

„Oh, wie ich mich dafür hasste, unsicher zu sein!“, schreibt Marcus Jauer in dem Buch „Breaking Good – Mach dich glücklich!“. Der 43-Jährige erinnert sich an seine Teenagerzeit: „Irgendwann war ich so gut darin, meine Gefühle zu verstecken, dass ich merkte, wie andere versuchten herauszufinden, ob ich überhaupt welche hatte.“

Was denken die anderen von mir?

Die Schutzmauer, die Marcus Jauer damals aufbaute, hat er längst einstürzen lassen. In dem Buch, das er zusammen mit seiner Frau, der Jugendbuchautorin Alexa Hennig von Lange, geschrieben hat, zeigt er das, was Teenager sonst zu verbergen versuchen – das Innenleben.

In kurzen Kapiteln gehen die Autoren abwechselnd einem Gedanken nach: „Nach einer Party frage ich mich immer, was die anderen von mir denken.“ – „Wie gehe ich mit Rückschlägen, Niederlagen, Absagen um?“ – „Ist Fremdgehen sehr schlimm?“ – „Warum soll ich überhaupt im Haushalt helfen?“ Oder: „Ist Schule wirklich alles?“ Die Themen hat das Paar in sechs Bereiche unterteilt: Liebe und Freundschaft, Familie und Seele, Schule und Zukunft.

Auch ein Buch für Jungen

Das Foto auf dem Buch zeigt zwar nur ein fröhliches Mädchen. Doch dieser Ratgeber richtet sich auch an Jungen. Schließlich wird die Sicht eines Mannes genauso beschrieben.

Die Autoren geben dabei keinen Rat, welcher Weg der richtige ist – das muss schon jeder Mensch selbst herausfinden. Sie werden auch nicht moralisch, dafür sehr persönlich. Sie erzählen von ihren Schritten, die sie als junge Menschen gegangen sind. Und welche Erfahrungen sie dabei gemacht haben. Das waren nicht immer die besten. Aber wer davon liest, fühlt sich gleich nicht mehr so allein mit seinen Unsicherheiten.

Gefühle zeigen, damit andere einen trösten können

Der junge Marcus fand schließlich heraus, dass es keine Schwäche ist, Gefühle zu zeigen: „Wer nicht zeigt, dass er verliebt ist, wird vermutlich nie erfahren, ob er nicht vielleicht doch eine Chance hätte. Wer nie zeigt, dass er traurig ist, wird nie getröstet werden.“

Ein wunderbares Buch, das auch Eltern an die Zeit erinnert, als sie selbst jung waren. Wahrscheinlich hätten auch sie sich über einen solchen Begleiter gefreut in der wohl schwierigsten und zugleich aufregendsten Phase des Lebens.

Alexa Hennig von Lange, Marcus Jauer: Breaking Good – Mach dich glücklich! cbt, 208 S., 12,99 €, ab 14