Dorsten. . Serie: Das Museum im Schloss Lembeck in Dorsten zeigt das Leben der Grafen vor Hunderten von Jahren. Ein Treffen mit dem heutigen Schlossherrn.

Eigentlich sollten sowohl die Vorburg als auch das Schloss Lembeck U-förmig sein. Doch heute erinnern die Gebäude lediglich an zwei L. Für den weiteren Flügel am Herrenhaus fehlte das Geld. Und der Anbau, der die Vorburg komplett machte, brannte 1887 ab. Der Grund dafür lag im Schweinefutter.

Nur noch einer der Türme, der mit der Schlosskapelle, ist heute noch verputzt.
Nur noch einer der Türme, der mit der Schlosskapelle, ist heute noch verputzt. © Fabian Strauch

Dass man bei der Haltung von Tieren einiges falsch machen kann, wusste man nämlich schon lange vor dem Fipronil-Skandal. Man gab den Schweinen nicht einfach die Reste von den Tellern. Man kochte das Futter erst ab. Und da machte man damals einmal etwas zu viel Feuer. . .

Aber es gibt heute keinen Grund zu lamentieren, denn diese zwei L – Vorburg und Haupthaus – bilden zusammen eines der größten Schlösser im Münsterland. Und das hat es in sich: Schloss- und Heimatmuseum, Kapelle und Trauzimmer mit Bildergalerie, Forstverwaltung und schließlich Hotel und Restaurant, für die der Schlossherr zurzeit einen neuen Pächter sucht. Seit Jahrhunderten ist Lembeck in dessen Familienbesitz.

Sein Großvater adoptierte ihn

Trotzdem hätte er beinahe nicht Ferdinand Graf von Merveldt geheißen. Sein Nachname wäre eigentlich „von Twickel“ gewesen, wie man auch seinen Papa nannte. Aber der Großvater mütterlicherseits wollte den Namen Merveldt sichern und adoptierte seinen Enkel, den Erben des Anwesens.

Die Fenster auf der rechten Seite des Herrenhauses sind tiefer: Es handelt sich um den ältesten Teil des Schlosses.
Die Fenster auf der rechten Seite des Herrenhauses sind tiefer: Es handelt sich um den ältesten Teil des Schlosses. © Fabian Strauch

Bodenständig wirkt der 66-Jährige. Das Geld, das der fünffache Vater mit Wald und Museum einnimmt, will er nicht in Ferrari oder Ferien investieren, sondern lieber in den Erhalt des Schlosses, in dem er als Junge Verstecken spielte. Die Vorburg ist sein eigentliches Zuhause.

Kurz nach dem Krieg entschieden seine Eltern, aus dem Schloss ein Museum zu machen. Möbel und Bilder kamen in die erste Etage. Und die erholungssuchenden Menschen staunten: Über ein original erhaltenes Deckengemälde, Wandteppiche und das handbemalte Porzellan – „Jede Blüte sieht anders aus“.

Ferdinand Graf von Merveldt im Schlaun’schen Festsaal.
Ferdinand Graf von Merveldt im Schlaun’schen Festsaal. © Fabian Strauch

Über ein reich verziertes Bett aus dem 17. Jahrhundert mit hölzernem Himmel, in dem sich der heutige Graf nicht ausstrecken könnte. „Die Menschen waren kleiner und schliefen mit Kissen im Rücken. Sie dachten, wenn man liegt, wird man krank“, erzählt Merveldt, während er in Schlosspantoffeln durch die Räume führt. Der größte ist der Schlaun’sche Festsaal mit der sehr schönen Stuckdecke, benannt nach dem Baumeister Johann Conrad Schlaun. Der Star der Barockzeit.

Der Schlaun’sche Festsaal, benannt nach dem Barockmeister, mit Gemälden der früheren Schlossbesitzer.
Der Schlaun’sche Festsaal, benannt nach dem Barockmeister, mit Gemälden der früheren Schlossbesitzer.

In einem holzvertäfelten Raum steht ein Schwan, so groß wie ein echter. Diesem könnte man jedoch den Bauch dekorativ füllen, mit Obst oder Blumen. Aber das ist nicht das Erstaunlichste. Der Graf entdeckte bei einem Besuch von Neuschwanstein die Geschwister. Zum Verwechseln ähnlich seien die Schwäne in Bayern gewesen. (Dabei ist Neuschwanstein jünger als Lembeck).

Auch wenn vieles nicht mehr an seinem Originalplatz steht: 90 000 Besucher kamen früher im Jahr, um sich anzuschauen, wie die Grafen im 17. bis 19. Jahrhundert gelebt haben. Heute, wo viele Schlösser zu Ausstellungen laden, sei es ein Drittel weniger, bedauert Merveldt. Dabei lohnt sich schon von außen ein Blick auf das Wasserschloss im Naturpark Hohe Mark. Und das nicht nur zur Rhododendron-Zeit, wenn der Schlosspark seine bunte Pracht zeigt.

Die Kutschen fuhren früher durch den Tunnel, während die Grafenfamilie in der Etage darüber wohnte.
Die Kutschen fuhren früher durch den Tunnel, während die Grafenfamilie in der Etage darüber wohnte. © Fabian Strauch

Ungewöhnlich sind etwa die Tunnel, die durch die Vorburg und das Herrenhaus führen. „Der Weg war nicht nur für feine Kutschen da“, so Merveldt. Jeder Karren, der zum Wirtschaftsgebäude sollte, musste dort hindurch. „Sonst hätte man Umwege fahren müssen.“ Die eisenbeschlagenen Holzreifen rumpelten. Das hätte einer Gesellschaft im Haus die Tassen klirren lassen. Daher tauschte man die Steine gegen ein Eichenholzpflaster, das man heute noch zum Teil sehen kann. Es war quasi der Vorläufer des Flüster-Asphalts.

Wer vor dem Herrenhaus steht, wundert sich, dass die Fenster auf der rechten Seite tiefer sind. Es handelt sich um den ältesten Schlossteil, der vor dem Tunnel entstanden ist.

Mit den Herren von Lembeck im 12. Jahrhundert beginnt die Geschichte des Hauses, in das zunächst die Familie von Westerholt und später die von Merveldt einheiratete. 1943 beschädigte eine Bombe einen Turm des Hauses. Aber er konnte wieder aufgebaut werden. Die Inneneinrichtung litt jedoch, als kanadische Soldaten im Schloss stationiert waren. Da sei so manches Geschirr aus dem Fenster in die Gräfte geflogen, so Merveldt.

Vor 325 Jahren fertiggestellt

Das Schloss in seiner heutigen Form wurde vor 325 Jahren fertiggestellt. Das wird in diesem Jahr am 8. Oktober 2017 in der Stadt mit einem Festumzug gefeiert – zusammen mit „1000 Jahre Dorf Lembeck und 800 Jahre St. Laurentius“.

In der Schlosskapelle können sich Katholiken noch heute das Ja-Wort geben. Standesamtliche Trauungen finden im Untergeschoss statt, in der alten Schlossküche. Dort sind auch Bilder des Malers Hanns Hubertus Graf von Merveldt (1901 - 1969) ausgestellt – der „Onkel sechsten Grades“ des heutigen Schlossherrn. Vor einiger Zeit tanzten dort noch Menschen: Das heutige Trauzimmer war eine Disco. „Wichtig ist die Nutzung des Hauses“, betont Merveldt. „Ohne Nutzung droht der Verfall.“

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