Gladbeck. . Inmitten malerischer Gräfte liegt das gar nicht allzu alte Schloss Wittringen. Vor 100 Jahren ist das Herrenhaus fast im Schlamm versunken.

Wenn die Sonne scheint, ist dies hier das Naherholungs-Juwel von Gladbeck – und beileibe kein Geheimtipp, denn an den Wochenenden stehen hier die Parkplätze voll. Das liegt nicht nur am malerisch von Gräften umschmiegten Schloss Wittringen, das unmittelbar ans Haus Wittringen angrenzt, sondern auch am Park. Und während man sich noch fragt: „Ist das nun ein Schloss oder ein Herrenhaus?“, wird man erst recht verwirrt sein, wenn man auf die Adresse schielt: Burgstraße. Man hat also die Wahl zwischen Schloss, Herrenhaus und Burg – und tatsächlich ist alles richtig, auch wenn man von der historischen Burg nichts mehr sehen kann.

Und das kommt so: Ganz früher gab es hier die Burg, wehrhaft und stark, errichtet wohl irgendwann zwischen 1263, als hier der Ritter Ludolf von Horst, genannt Wittringen, erstmals erwähnt wurde, und 1347, als dessen Enkel das Bauwerk als Lehen der Grafschaft Kleve andiente. Dort stand sie, bis dann der Dreißigjährige Krieg kam, in dem 1642 hessische Truppen das stolze Bauwerk zerstörten. Wo genau? Man kann es nur ahnen. Vermutlich dort, wo heute die sogenannte Vogelinsel mitten in der Gräfte ruht, einem Gewässer, das es damals freilich noch nicht gab.

Der Burghof des Wasserschlosses.
Der Burghof des Wasserschlosses. © Ralf Rottmann

Als 1650 der Wiederaufbau begann, machte man sich nicht mehr daran, eine trutzige Wehranlage zu errichten, sondern ein Herrenhaus im Fachwerkstil für die Herren von der Capellen, die hier vor allem eines wollten: wohnen. Bis 1922 verfiel es und sackte durch Bergbauschäden bedrohlich ab, so dass die Stadt Gladbeck damals praktisch einen Sanierungsfall kaufte, für 3,75 Millionen inflationsschwache Reichsmark – und ihn prächtig wieder herrichtete. 1928 wurde im Herrenhaus das Heimatmuseum eröffnet.

Die Gaststätte wurde direkt mitgeplant

Heute ist hier Christine Schönebeck die Leiterin. Und sie berichtet, dass zum historischen Herrenhaus mit seinen gelben Fachwerk-Ausbuchtungen in den 1920er-Jahren gleich noch das eigentliche Schloss errichtet wurde – und zwar gleich mit dem Gedanken, eine Gaststätte dort unterzubringen. Der Gedanke einer Volkserholungsanlage hatte Blüten getrieben. „Und so wurde gleich der Park im englischen Stil angelegt“, erzählt Schönebeck.

Christine Schönebeckleitet das Heimatmuseum in Gladbeck.
Christine Schönebeckleitet das Heimatmuseum in Gladbeck. © Ralf Rottmann

Volkserholung tat tatsächlich Not, denn als hier 1873 erstmals Kohle gefördert wurde, war Gladbeck noch ein Dorf mit etwa 2800 Einwohnern – und dann begann ein rasantes Wachstum: 1900 waren es 11 000 Einwohner, 1919 sogar 60 000, was Gladbeck Stadtrechte brachte. „Es gab bei der Stadt damals den klaren Willen, etwas für die Arbeiter zu tun“, so Schönebeck.

Denn wer unter Tage hart arbeitete, sollte sich auch erholen – und körperlich ertüchtigen dürfen. Und so gehörte zur gesamten Freizeitstätte auch die Vestische Kampfbahn, die bis heute für Sport und Veranstaltungen genutzt wird.

Jenseits eines Teichs liegt ein imposantes Ehrenmal für die Gefallenen der Weltkriege, das von Unkundigen oft der Zeit des Nationalsozialismus zugeordnet wird. „Aber das war schon früher hier“, erklärt Christine Schönebeck. Um jegliche Fehldeutung dieses Ehrenmals zu vermeiden, ziert eine Stele mit der historischen Rede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker vom 8. Mai 1985 das Mal, darin sprach er erstmals von der Befreiung vom Nationalsozialismus.

Viele Gladbecker sind Migranten

Zurück ins Haus Wittringen, in dem ab 1928 der strenge Lehrer und Heimatforscher Ludwig Bette fast alle Kinder Gladbecks Aufsätze über die heimatkundlichen Ausstellungsstücke schreiben ließ, über Herde, Öfen und Alltagsgegenstände, die das bäuerliche Leben idealisierten.

Ein Blick ins Restaurant.
Ein Blick ins Restaurant. © Ralf Rottmann

Heute freilich ist das Augenmerk ein bisschen anders: „Migration ist hier ein Hauptthema, was ja nur logisch ist. Schließlich sind fast alle Gladbecker, angesichts des damaligen, rasanten Bevölkerungswachstums, Migranten gewesen“, so Schönebeck. In den ersten Jahren des Bergbaus vornehmlich Schlesier, die auch durch Orte wie die Freizeitstätte Wittringen erst die Gelegenheit erhielten, die Zeit außerhalb der Arbeit sinnvoll zu nutzen.

Im Museum werden heute ganz persönliche Geschichten erzählt, auch von Frauen, die aus Schlesien nach Gladbeck geholt wurden, um hier verheiratet zu werden – und ein Auskommen zu haben. Und die Liebe? „Die Liebe kam mit etwas Glück später vielleicht dazu, berichtet eine der Zeitzeuginnen in unserer Ausstellung“, so Schönebeck.

Ein Ort für die Liebe jedoch ist heute gleich nebenan zu finden: Das Restaurant Wasserschloss Wittringen mit Trauzimmer und prächtigem Giebelsaal ist eine sehr beliebte Adresse für Hochzeitsfeiern. Und, so spielt das Leben, Mord und Totschlag gibt es ebenfalls: Regelmäßig lädt man hier zum Krimidinner.

>> DINNER MIT ELVIS ODER DERRICK

Im Restaurant Wasserschloss Wittringen finden regelmäßig Themendinner statt, am häufigsten wohl das Krimidinner (nächste Termine 26.5., 11.6.). Die Fälle von Kommissar Derrick werden hier live wieder zum Leben erweckt. Und auch zur Musik lässt sich hier speisen: Elvis und den Beatles sind Dinner-Shows gewidmet, ebenso der Zauberei.

Vollständige Liste der Termine: www.wasserschloss-wittringen.de

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