. Manchmal fühlt man sich von etwas Gesagtem so vor den Kopf gestoßen, dass man perplex zurückbleibt. Doch Schlagfertigkeit kann man trainieren.

Einst attackierte Lady Astor den britischen Premierminister Winston Churchill mit den Worten: „Wenn ich Ihre Frau wäre, würde ich Ihnen Gift geben.“ Darauf schoss Churchill mit den Worten zurück: „Wenn ich Ihr Mann wäre, würde ich es nehmen.“

Bei so viel Schlagfertigkeit kann man nur den Hut ziehen. So gut wie jeder kennt Situationen, in denen eine spitze Bemerkung einen tief verletzt und man sprachlos ist. Danach ärgert man sich, grübelt und ist sich sicher: Das nächste Mal weiß ich die Antwort! Doch es gibt kein nächstes Mal. „Man wartet auf eine Situation, in der diese Sprüche passen. Aber die kommt natürlich nie“, sagt Malcolm Schauf. Der 50-Jährige trainiert Menschen, etwa in Essen oder Düsseldorf, damit sie auf verbale Angriffe sofort reagieren können – und nicht erst in Gedanken Stunden später.

Den Vorwurf gar nicht erst annehmen

Es gibt einige Techniken, mit denen man sich für solche Situationen wappnen kann. Einen gelungenen „Gegenkonter“ nennen die Experten etwa das Churchill-Beispiel. „Das ist der Klassiker: Ich nehme den Vorwurf gar nicht an, sondern schieße zurück“, erklärt Schlagfertigkeitstrainerin Corinna Kriesemer. Und zwar nicht plump: „Wenn ich Ihr Mann wäre, würde ich sie erschießen.“ Stattdessen bricht Churchill mit den Erwartungen und überspitzt das Ganze: Er würde sogar freiwillig in den Tod gehen, wenn er mit dieser Frau verheiratet wäre. Danach dürfte Lady Astor sprachlos gewesen sein.

Eine weitere Technik ist die Gegenfrage. Jemand behauptet: „Das kann man doch so nicht machen!“ Eine mögliche Gegenfrage wäre: „Wie meinen Sie das konkret?“ Schauf erklärt: „Die meisten Angriffe sind ja pauschal, ohne Hand und Fuß. Mit dieser Technik spielen sie den Schwarzen Peter zurück.“ Allerdings läuft man hier Gefahr, dass auf diese Frage wieder eine Antwort folgt, die einen dann wirklich perplex zurücklässt.

Das Gesagte positiv umdeuten

Man kann einen Vorwurf auch positiv umdeuten, zum Beispiel bei dem Satz: „Sie sind aber langsam!“ Eine höfliche Neudefinition, die einen jedoch gut dastehen lässt, wäre: „Wenn Sie damit meinen, dass ich den Dingen auf den Grund gehe, gebe ich Ihnen recht.“

Lediglich drei Sekunden hat man Zeit, um seinen Gegenangriff zu starten, schreibt Nicole Staudinger in ihrem kurzweiligen Ratgeber „Schlagfertigkeitsqueen“. (Den hat sie eigentlich für Frauen geschrieben. Das Buch dürfte aber für viele Männer ebenfalls erhellend sein.) Auch sie beschreibt solche Techniken. „Die kann man trainieren, aber das muss man üben und üben und üben“, betont Schauf.

Schlagfertigkeit ist eine Frage der inneren Haltung

Für Staudinger ist Schlagfertigkeit zunächst eine Frage der inneren Haltung. Es geht weniger darum, lockere Sprüche zu klopfen, sondern gelassener und selbstbewusster zu werden. Menschen, die mit sich im Reinen sind, empfinden vieles gar nicht als Angriff, interpretieren nicht in die Sätze anderer etwas rein, was diese vielleicht gar nicht so gemeint haben. Staudinger spricht vom Schutzschild, den man gedanklich hochzieht.

Auch Kriesemer empfiehlt, darüber nachzudenken, in welchen Situationen man sprachlos wird. Was haben sie miteinander gemein? Sind es Äußerungen über das Äußere, mit dem man selbst nicht zufrieden ist? Sind es Vorwürfe zu einer Schwäche, die einem selbst unangenehm ist? Wenn einem das nicht bewusst ist, reagiert man besonders sensibel. „Wenn ich es jedoch schaffe, die Anzahl der Überraschungsmomente zu reduzieren, dann habe ich schon einen großen Schritt getan“, sagt die 48-jährige Kriesemer. Dann reicht vielleicht schon ein ernster Blick, der den anderen in seine Schranken weist. Schließlich will man keinen Zickenkrieg oder beleidigtes Meckern.

Hauptsache nicht stundenlanges Ärgern

Bei Schlagfertigkeit geht es darum, souverän zu bleiben, die gute Stimmung zu halten und nicht Lebenszeit zu vergeuden, weil man sich stundenlang ärgert. Nur in seltenen Fällen, wenn jemand gar nicht mehr aufhört zu stänkern, so Schauf, sollte man es nicht mehr beim Schuss vorm Bug belassen, sondern das Gegenüber „platt machen.“ Kriesemer: „Es ist die absolute Kür der Schlagfertigkeit, dass man wirklich in jeder Situation mit der angemessenen Dosis reagiert.“

Manchmal ist natürlich auch einfach eine Entschuldigung fällig, wenn man wirklich etwas falsch gemacht hat. Nur rechtfertigen sollte man sich nicht. Das ist meist der erste Reflex, wenn man verbal beschossen wird: Ich habe aber und ich bin doch. . . Dann verliert man sein Gesicht.

Körpersprache und Betonung müssen passen

Für den Anfang reicht eine Zwei-Silben-Antwort, empfiehlt Staudinger: Ach was?! Sieh an! Potzblitz! Oder man erweitert seinen Wortschatz, merkt sich Redewendungen: „Der frühe Vogel kann mich mal!“ Oder: „Eine Hand wäscht die andere.“ Kriesemer: „Egal, welche Sätze Sie sich raussuchen, ganz wichtig ist, dass sie zu ihnen passen, sonst funktioniert es nicht.“ Auch die Körpersprache und die Betonung müssen stimmen.

Schauf verrät einen Überlebenssatz: „Das Gegenteil ist der Fall.“ Das geht fast immer: Ihr Projekt läuft chaotisch! – Das Gegenteil ist der Fall. Sie sind eine Rabenmutter! – Das Gegenteil ist der Fall. Wenn einem dann noch ein paar Argumente einfallen, umso besser. Und der Angreifer zieht sich zurück.

>> LÖSUNGEN VON EXPERTEN FÜR SCHLAGFERTIGKEIT

Ein Mitarbeiter präsentiert Ergebnisse bei der Arbeit. Plötzlich unterbricht ihn jemand: „Das ist doch totaler Quatsch, was Sie da sagen!“

Lösung: Diplomatisch reagiert man mit der Technik der Gegenfrage, so Expertin Corinna Kriesemer: „So habe ich das noch gar nicht gesehen, erläutern Sie mir doch mal, wo steht denn der Quatsch?“ Der Zwischenrufer muss dann etwas tun, was er gar nicht wollte: Arbeiten statt pauschal zu urteilen. Und der Vortragende selbst hat sein Gesicht gewahrt.

Ein Nachbar beschwert sich: „Ihr Sohn stiftet die anderen immer zu Unsinn an.“

Lösung: Malcolm Schauf empfiehlt die Technik der Neudefinition: „Wenn Sie mit Unsinn meinen, dass er kreativ ist, gerne Neues ausprobiert und dass er ein Alphatier ist, dann gebe ich Ihnen recht. Ich bin stolz auf meinen Sohn.“ Der Nachbar wird sich so schnell nicht noch mal über den Jungen beschweren.

Die berufstätige Mutter, die Teilzeit arbeitet und freitags nicht im Büro ist, verabschiedet sich am Donnerstag. Ein Kollege stichelt: „Schönes Wochenende – so viel Freizeit hätte ich auch gerne mal.“

Lösung: Nicht rechtfertigen, sondern das Gesagte aufgreifen und lächelnd ironisieren, empfiehlt Corinna Kriesemer: „Das würde ich dir nicht wünschen. Du glaubst gar nicht, wie anstrengend das ist.“ Oder: „Hast du noch einen Tipp, was ich morgen machen könnte? Mir ist ja so langweilig.“

Eine Bekannte sagt: „Der Urlaub hat Ihnen gutgetan – wie viel haben Sie denn zugenommen?“

Lösung: „Ich spreche nur mit sehr wenigen Menschen über mein Gewicht. Sie gehören nicht dazu“, schlägt Schauf vor. Bei solch einer frechen Bemerkung sollte man schon ernster werden, da müsse man nicht mehr charmant bleiben.

Schülerin Mia hat eine feste Zahnspange bekommen. Ein Mitschüler fragt bissig: „Gehören Schneeketten nicht ins Auto?

Lösung: Corinna Kriesemer empfiehlt, vom Thema abzulenken, sich groß zu machen und gar nicht auf das körperliche Defizit einzugehen: „Mein Papa ist so reich, wir können uns Schneeketten für Autos und für die Zähne leisten.“

Im Autohaus: Der Verkäufer sagt zu einer Frau: „Wo ist denn bitte Ihr Mann, dann spreche ich mit ihm.“

Lösung: Autorin Nicole Staudinger rät, im richtigen Ton, freundlich und lächelnd mit einem „Gegenkonter“ zu reagieren: „Wo ist denn Ihre Chefin, dann spreche ich mit ihr.“